- Hausfleiß
Hausfleiß (dän. Husflit, schwed. Hemslöjd), jede sinnige hervorbringende Tätigkeit, die im häuslichen Kreis außer der eigentlichen Berufsarbeit vorgenommen wird. Die langen Winternächte des hohen Nordens fordern zu derartiger Nebentätigkeit im Hause ganz besonders heraus; ähnlich die lange Abgeschlossenheit gebirgiger Gegenden im Winter (Alpentäler, Schwarzwald, Thüringer Wald etc.). Der H. richtet sich entweder auf die Bedürfnisse des Hauses selbst (Spinnen, Weben etc.) oder auf Gegenstände des Handels (Schnitz- und Spielwaren, Stroh- und Korbflechterei), ohne daß strenge Grenzen zwischen beiden Gebieten gezogen werden können. In Finnland und Schweden, demnächst auch in Dänemark hat sich im letzten Menschenalter eine lebhafte Bewegung zu gunsten des Hausfleißes geltend gemacht, die auch dem Arbeitsunterricht (s. Arbeitsschulen) der Jugend neuen Anstoß gab. Die Förderung des Hausfleißes, Hand in Hand mit der Bekämpfung des Branntweingenusses, hat dort in vielen Kreisen heilsam gewirkt. Auch in Deutschland hat man in manchen Gegenden, wie z. B. in Oberschlesien (Teppichknüpfen), im Riesen- und Erzgebirge, den bayrischen Alpen etc. (Schnitzerei, Spitzenarbeiten, Spielwaren), damit erfreuliche Ergebnisse erzielt. Besondere Schwierigkeit bereitet dem H. vielfach der Umstand, daß die Fabriktätigkeit meist dieselben Gegenstände des Handels wohlfeiler herstellt wie der H., da der größere Fabrikant die Rohstoffe im Großhandel billiger einkauft und überdies mit vollkommnern Werkzeugen und bei rücksichtsloser Arbeitsteilung, die dem Geiste des Hausfleißes widerspricht, im einzelnen rascher und sicherer arbeitet. Daher geht der H. leicht in die Hausindustrie (s. d.) über, bei der für ein großes geschäftliches Unternehmen einzelne dazu geeignete Arbeiten vom Arbeiter in seiner Häuslichkeit geleistet werden, während oft Vollendung und Zusammensetzung, immer Ansammlung und Verschleißung der Produkte von dem Hauptgeschäft übernommen werden. Manche Vorteile des Hausfleißes können auch bei dieser Einrichtung gewahrt bleiben, dies namentlich, wenn die Leitung des Ganzen auf genossenschaftlicher Grundlage beruht und mehr die Förderung aller Mitarbeiter als den Vorteil des leitenden Geschäftshauses verfolgt. Die Literatur s. bei Artikel »Arbeitsschulen«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.