Gelenksteifigkeit

Gelenksteifigkeit

Gelenksteifigkeit (Ankylose), die völlige Unbeweglichkeit oder erhebliche Beweglichkeitsbeschränkung eines Gelenks, entsteht häufig infolge einer Verwachsung der Gelenkflächen untereinander nach einer Gelenkentzündung mit Wucherung oder auch Zerstörung der Gelenkknorpel. Die Gelenkenden verwachsen bald durch knöcherne, bald durch bindegewebige Substanz miteinander, entweder in der ganzen Ausdehnung oder nur an einem Teil der Gelenkfläche. Die Unbeweglichkeit eines Gelenks kann aber auch auf Veränderungen der das Gelenk umgebenden Weichteile beruhen, z. B. Muskelkontrakturen, stark zusammengezogenen Hautnarben, Schrumpfung der Synovialis nach abgelaufener Entzündung, ohne daß dabei die Gelenkhöhle selbst verödet. Dann bezeichnet man den Zustand als falsche G. Bei vielen Gelenkleiden ist die Heilung nur unter Erzielung einer G. möglich, es ist deshalb bei der Heilung darauf zu achten, daß das betreffende Glied in einer passenden Lage erhalten werde, welche den spätern Gebrauch desselben einigermaßen ermöglicht. So muß das Kniegelenk gestreckt, das Ellbogengelenk in Beugung erhalten werden, damit das Bein zum Gehen tauglich sei und die Hand zum Mund geführt und beim Schreiben gebraucht werden kann. In andern Fällen hat man wieder soviel wie möglich ein Zustandekommen der G. zu verhüten. Durch methodische passive Bewegungen (Gymnastik und Massage), die man mit dem kranken Gelenk vornimmt, ist bei unvollständiger G. oft Besserung zu erzielen. Zur allmählichen Streckung des steifen Gelenks hat man verschiedene mechanische Apparate (s. Heilgymnastik) angegeben. Außer dieser allmählichen Streckung wird die sogen. gewaltsame Streckung (brisement forcé) mit gutem Erfolg angewendet, namentlich um die feste Winkelstellung im Kniegelenk zu beseitigen. Dieselbe muß in der Chloroformnarkose vorgenommen und dann sofort ein Gipsverband um das ganze Bein gelegt werden. Man erzielt hierdurch zwar keine Beweglichkeit des Gelenkes, aber doch eine zum Gehen brauchbare Stellung. Knöcherne Verwachsungen der Gelenkflächen untereinander erheischen zu ihrer Heilung die Aussägung des verwachsenen Gelenks (an den obern Extremitäten, s. Resektion) oder das Aussägen eines keilförmigen Knochenstücks (s. Osteotomie) aus dem gekrümmten Gelenk (Knie) und Geradestellung der Knochenenden gegeneinander, wodurch ebenfalls ein zwar steifes, aber zum Gehen brauchbares Bein erlangt wird. Die Gelenkverödung (Arthrodese) sucht die Ankylose eines Gelenks künstlich herbeizuführen, um ein z. B. unbrauchbares Schlottergelenk durch die Feststellung brauchbar zu machen, oder um eine paralytische Kontraktur durch Feststellung eines Gelenks zu korrigieren. Man öffnet das Gelenk wie bei einer Resektion, trägt die Knorpel ab und vereinigt die beiden Knochenenden durch Silberdraht- oder Catgutnaht.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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