- Eroberung
Eroberung (von erobern, d. h. der Obere von etwas werden), die gewaltsame Vereinigung eines Staatsgebiets mit einem andern. Den Gegensatz bildet die dauernde Verbindung eines Landes mit einem andern Staatswesen auf friedlichem Wege, sei es dadurch, daß dem Staatsoberhaupt des letztern durch Erbgang die Thronfolge im erstern eröffnet wird, sei es durch einen freiwilligen Anschluß. Freilich erfolgt eine solche Aufgabe der staatlichen Selbständigkeit regelmäßig nur unter einem gewissen Druck. Aber immerhin fehlt das bei der E. charakteristische Merkmal eines offenbaren und direkten Zwanges durch die feindliche Übermacht. Verschieden von der E. ist die Okkupation eines bisher herrenlosen Landstrichs oder eines Gebietes, das wenigstens noch nicht unter einer organisierten und zivilisierten Staatsgewalt stand, behufs Aneignung desselben, wohl zu unterscheiden wiederum von der Okkupation eines Teiles eines Staatsgebiets, die als Exekutionsmittel behufs Beitreibung von Kriegskontributionen und als Pfand der Erfüllung von Waffenstillstands- und Friedensbedingungen vorkommt, sowie von der Invasion, d. h. der vorübergehenden Besetzung eines Teiles des Staatsgebiets durch die feindlichen Mächte. Von einer E. im eigentlichen Sinne spricht man erst dann, wenn das ganze Gebiet des besiegten Staates vom Sieger in Besitz genommen und eine dauernde Festhaltung desselben sowie die vollständige Aufhebung der bisherigen Selbständigkeit des feindlichen Staatswesens und dessen Einverleibung in Frage steht (debellatio, plena victoria, zuweilen ungenau als Annexion [s.d.] bezeichnet). Insbesondere wird der Ausdruck E. wohl auch von der Aneignung von Staatsgut gebraucht, das der Sieger für sich in Beschlag nimmt, sowie vom Beutemachen im Kriege überhaupt (s. Beute). Vgl. Holtzendorff, Eroberungen und Eroberungsrecht (Berl. 1872); Jèze, Étude théorique et pratique sur l'occupation comme mode d'acquérir les territoiresen droit international (Par. 1895).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.