- Entgeltliche Verträge
Entgeltliche Verträge, auch onerose oder lästige genannt, sind solche, bei denen jeder der Kontrahenten eine Aufopferung aus seinem Vermögen macht oder zu machen sich verpflichtet; den Gegensatz hierzu bilden die unentgeltlichen oder lukrativen Verträge, bei denen der Empfänger kein Vermögensopfer bringt. Wer gegen Entgelt etwas leistet oder leisten soll, wird vielfach anders verpflichtet, als wer Gleiches ohne Entgelt leistet oder leisten soll. Ersterer Art sind vor allem Verkäufer und Käufer, Vermieter und Mieter, Geber und Empfänger eines Darlehns, Dienstberechtigter und Dienstverpflichteter, letzterer (viel seltenerer) Art z. B. der Schenker und der Beauftragte; der einen oder der andern Art kann z. B. sein der Verwahrer, der Bürge, der Besteller einer Gerechtsame. Wer ohne Entgelt leistet oder leisten soll, hat gewöhnlich nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten oder doch nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die er in eignen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, s. z. B. § 521 u. § 690 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Ganz anders haftet nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, wer gegen Entgelt leistet oder leisten soll. Insbesondere hat das Bürgerliche Gesetzbuch in den § 434–445 und 459–493 allgemeine Grundsätze hinsichtlich desjenigen aufgestellt, der gegen Entgelt veräußert oder belastet; kurzgefaßt sind es folgende: der Veräußerer ist bei Vermeidung des Schadenersatzes verpflichtet, dem andern Teil den veräußerten Gegenstand (und, falls dies eine Sache ist, auch den Besitz) frei von allen nicht etwa vorbehaltenen oder selbstverständlichen Rechten Dritter zu verschaffen und gegen Ansprüche aus früherer Zeit zu wahren, auch verpflichtet, dem andern Teil hinsichtlich aller den Gegenstand betreffenden Verhältnisse die nötige Auskunft zu erteilen und die vorhandenen Urkunden auszuliefern. Er haftet gleichermaßen dafür, daß dem veräußerten Gegenstand zur Zeit der Lieferung keine Eigenschaft fehlt, die besonders zugesagt ist oder zum Wesen der Art gehört, welcher der Gegenstand nach dem Vertrage angehören soll; wenn er solchen oder einen sonstigen irgend erheblichen Mangel arglistig verschwieg, haftet er auch dann, wenn der andre Teil den Mangel hätte kennen müssen. Nicht nur der Mangel einer der bezeichneten Eigenschaften und im Falle der Arglist ein Mangel irgendwelcher Art, sondern immer jeder Mangel, der den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch nicht unheblich aufhebt oder mindert, befugt den Erwerber, der gegen Entgelt erwarb und nicht etwa den Mangel kannte, den Vertrag rückgängig zu machen (zu wandeln) oder Minderung seiner Gegenleistung zu verlangen; kann das eine wie das andre jedoch nur innerhalb eines Jahres oder innerhalb sechs Monaten stattfinden, je nachdem es sich um ein Grundstück oder einen andern Gegenstand handelt. Was hier vom Veräußerer gilt, ist entsprechend auf denjenigen anzuwenden, der einen Gegenstand mit einem Recht belastet.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.