Zuschlagszölle

Zuschlagszölle

Zuschlagszölle. Im 17. Jahrh. wurden in England und, meist in Veranlassung der Cromwellschen Navigationsakte, in andern europäischen Ländern besondere Abgaben eingeführt, die teils den Zweck hatten, die heimische Schiffahrt zu heben und den direkten Handel mit überseeischen Ländern zu fördern, teils als Retorsions- oder Vergeltungszölle Repressalien an fremden Ländern zu üben, die das eigne Land zu ungünstig, bez. ungünstiger als andre behandelten. Die Cromwellsche Akte, die England das Monopol des Kolonialhandels, der großen Schiffahrt und des europäischen Zwischenhandels sichern sollte, wurde 1661 durch Einführung von Differentialschiffahrtsabgaben ergänzt. Auf fremden Schiffen eingeführte Waren mußten einen Zuschlagszoll (allen duty) zahlen, der mehr und mehr infolge abgeschlossener Handelsverträge gemindert und 1849 ganz aufgehoben wurde. Frankreich hatte bereits 1659 ein Differentialtonnengeld eingeführt; seit 1816 wurde die Surtaxe de pavillon (Flaggenzoll, der sich nach der Flagge richtet, die das Schiff trägt), die in der Höhe von 5–10 Proz. des eigentlichen Zolles von jeder Ware, die nicht auf französischen Schiffen eingebracht wurde, also auch von zu Lande kommenden, erhoben. 1866 aufgehoben, wurde der Flaggenzoll 1872 nochmals ins Leben gerufen, dagegen 1873 wegen der Rücksicht auf die Handelsverträge und die von den Vereinigten Staaten geübte Repressalie wieder fallen gelassen. Doch sind heute noch französische Schiffe und die durch dieselben bewirkte Einfuhr von mancherlei Abgaben befreit. Die Vereinigten Staaten erheben noch einen Flaggenzuschlag von 10 Proz. des Warenwertes von den Schiffen der nicht vertragsmäßig ausgenommenen Länder. Eine ähnliche Bedeutung wie der Flaggenzoll hat die Surtaxe d'entrepôt (Unterscheidungszoll), die 1816 in Frankreich eingeführt wurde und bei der indirekten Ein fuhr von Waren aus den nichtfranzösischen Häfen Europas, der Mittelmeerländer, aus denen der Kanarien und Madeiras im allgemeinen mit 3,60 Fr. von 100 kg erhoben wird. Auch die Vereinigten Staaten erheben 10 Proz. des Warenwertes für die indirekte Einfuhr der Produkte der östlich vom Kap der Guten Hoffnung gelegenen Länder, wenn sie von westlich vom Kap gelegenen Plätzen eingeführt werden. Für die heimische Schiffahrt ohne Nutzen, kann die Surtaxe d'entrepôt dem Handel sehr lästig fallen und auch leicht umgangen werden (Ausstellung der Faktur auf einen Strohmann in Deutschland). Z. haben auch die Zollgesetze mehrerer Länder für den Fall vorgesehen, daß ein andrer Staat dieselben durch seine Handels- und Schiffahrtspolitik benachteiligt, indem er sie ungünstiger behandelt als dritte Länder, die sogen. Kampfzölle (s. Zölle, S. 980). So nimmt der Kampfzollparagraph (6) des deutschen Zolltarifgesetzes von 1879 in Aussicht, daß die aus solchen Staaten kommenden Waren, die deutsche Schiffe oder Waren deutscher Herkunft ungünstiger behandeln als diejenigen andrer Staaten, soweit nicht Vertragsbestimmungen entgegenstehen, mit einem Zuschlag bis zu 50 Proz. des Betrags der tarifmäßigen Eingangsabgabe belegt werden können. Für Einführung eines Unterscheidungszolles in Deutschland kämpfte Mosle, Der Unterscheidungszoll (Bremen 1880); dagegen Landgraf, Gegen den Unterscheidungszoll (Würzb. 1881).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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