- Ruskin
Ruskin (spr. ráßkin), John, hervorragender engl. Schriftsteller und Kunstkritiker, geb. 8. Febr. 1819 in London, gest. 20. Jan. 1900 in Coniston (Lancaster), wurde hauptsächlich im Elternhaus durch die Mutter herangebildet und besuchte später die Universität Oxford. Schon von Kindheit an reiste er viel mit seinem Vater in England, Schottland und Wales und von 1830 ab auch in Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz. Sein lebhafter Natursinn befähigte ihn zum Verständnis des damals noch gründlich verkannten Landschaftsmalers Turner: ein Verteidigungsbrief gegen dessen Kritiker wurde der Anlaß zum ersten Bande des Werkes »Modern Painters« (1843), dem bis 1860 noch fünf weitere Bände folgten (neueste Ausg. 1904, 6 Bde.). R. gibt darin eine Entwickelungsgeschichte des Naturgefühls der Völker und zeigt an Turners Bildern die Beziehung zwischen der Natur und der geistigen Gesundheit des Menschen. Ähnliche Grundgedanken vertritt er in andern Werken, die stofflich weit ausgreifen. So erörtert er die Gesetze der Baukunst in »The stones of Venice« (1851 bis 1853; neuste Ausg. 1905, 3 Bde.), die der Nationalökonomie in »Unto this Last« (1860), die der Arbeit und Schonheit in den »Lectures on Art« (1870 u. ö.), Vorlesungen, die er an der Universität Oxford gehalten hatte. Sein Ruhm knüpft sich vor allem an seine an die englischen Arbeiter gerichteten Briefe, die er u. d. T. »Fors Clavigera« (1871–84, 3 Bde.; neue Ausg. 1896, 4 Bde.) zusammenfaßte, ein gewaltiges Werk, mehr in dunklem Drang als nach einem vorgefaßten Plan ausgeführt, packend durch die nachdrückliche Darlegung des Gedankens, daß die Lebensführung in allen Ständen nach den in der Natur ausgesprochenen Gesetzen der Schönheit zu veredeln sei. Von seinen übrigen Schriften sind noch zu nennen: »Pre-Raphaelism« (1851), worin er als Vorkämpfer für die Schule der Präraffaeliten (s. d.) auftrat (weitere Beiträge dazu aus den Jahren 1854–62 gab W. M. Rossetti 1898 heraus); ferner: »Notes on the Turner Gallery at Marlborough House 1856« (1857 u. ö.), »Aratra Pentelici: six lectures on the elements of sculpture« (1870, 2. Aufl. 1880) und »Ariadne Florentina: six lectures on wood and metal engraving« (1873). Seine Gedichte erschienen gesammelt 1891 in 2 Bänden, gesammelte Essays über Literatur und Kunst aus den Jahren 1834–85 u. d. T.: »On the old road« (Lond. 1899, 3 Bde.) und »Praeterita: outlines of scenes and thoughts« (das. 1899–1900, 3 Bde.). Eine Gesamtausgabe seiner Werke in ca. 30 Bänden, besorgt von Cook und Wedderburn, erscheint seit 1904. R. lebte zuletzt als ein der Welt entfremdeter Greis zu Brantwood in Coniston, aber sein Werk wirkt fort. Deutsche Auszüge aus seinen Schriften veröffentlichte zuerst Jakob Feis (Straßb. 1895 ff.), eine deutsche Ausgabe seiner ausgewählten Werke in Übersetzungen von W. Schölermann, Hedwig Jahn u.a. kam 1900–1906 heraus (Leipz. u. Jena, 15 Bde.; Bd. 6 u. 7 enthalten Ruskins Selbstbiographie: »Praeterita«). Vgl. Mather, Life and teaching of John R. (6. Aufl., Lond. 1902); Collingwood, The life and work of John R. (das. 1893, 2 Bde.; 5. Aufl. in 1 Bd. 1905); Waldstein, The work of John R. (das. 1894); de La Sizéranne, R. et la religion de la beauté (Par. 1897, 6. Aufl. 1904); Hobson, John R., social reformer (3. Aufl., Lond. 1904); H. Spielmann, John R. (das. 1900); P. Clemen, John R. (Leipz. 1900); Bardoux, Le mouvement idéaliste et social dans la littérature anglaise. John R. (Par. 1900); Saenger, John R., sein Leben und Lebenswerk (Straßb. 1901); Harrison, John R. (Lond. 1902); Marie v. Bunsen, John R., sein Leben und sein Wirken (Leipz. 1902); Charl. Broicher, John R. und sein Werk (Jena 1902–07, 3 Tle.).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.