Rechtsauskunftstellen

Rechtsauskunftstellen

Rechtsauskunftstellen, Auskunftstellen für unentgeltliche Ratserteilung für die unbemittelten Klassen in Rechtsangelegenheiten. Die ersten derartigen R. wurden von den Sozialdemokraten unter dem Namen Volksbureaus, Arbeitersekretariate gegründet. Ihnen schlossen sich nach und nach Vereine, Arbeitgebervereinigungen, Stadtverwaltungen, Behörden und endlich der Staat selbst an. Gegen Ende des Jahres 1906 bestanden in Deutschland bereits gegen 260, hiervon wurden über 70 von den sozialdemokratischen Gewerkschaften, 62 von den Führerinnen der Frauenbewegung ins Leben gerufen, welch letztere sich zu einem Rechtsschutzverband zusammengeschlossen haben. Die Erfahrungen, die man bisher mit den R. gemacht hat, sind die denkbar günstigsten. Weder haben sie die Luft zum Prozessieren gesteigert noch dem Anwaltsstand irgendwie geschadet, dagegen haben sie dem Winkelkonsulententum in seinen schlimmen Auswüchsen erheblich Abbruch getan, die da und dort vorhandene Neigung zum Prozessieren zurückgedämmt und vor allem dem Armen das Gefühl der Rechtssicherheit gebracht. Um dem Mangel an geeigneten Kräften für derartige R. abzuhelfen, veranstaltet das soziale Museum in Frankfurt a. M. alljährlich einen Ausbildungskurs für Leiter und Angestellte von R. In Baden hat sogar das Justizministerium durch einen Erlaß die Amtsrichter und Notare darauf aufmerksam gemacht, daß es eine soziale Aufgabe für sie sei, soweit nicht dienstliche Rücksichten oder Interessen andrer Beteiligter entgegenstehen, den unbemittelten Volksklassen unentgeltliche Rechtsauskünfte zu erteilen. Ebenso hat das österreichische Justizministerium den Behörden erster Instanz Anweisungen gegeben, mittellosen Parteien, die im Berufungsverfahren auf das Armenrecht Anspruch machen wollen, bezüglich der rechtzeitigen Erlangung des Armenrechts an die Hand zu gehen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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