Hoffmann

Hoffmann

Hoffmann. Gelehrte: 1) Johann Gottfried, Nationalökonom, geb. 19. Juli 1765 in Breslau, gest. 12. Nov. 1847 in Berlin, studierte in Halle und Leipzig, verwaltete 1792–98 die Pinnauer Fabrik bei Wehlau, wurde 1803 als Bauassessor bei der ostpreußischen Kriegs- und Domänenkammer angestellt, 1807 Professor der praktischen Philosophie und der Kameralwissenschaften an der Königsberger Universität, 1808 Staatsrat im Ministerium des Innern, 1810 Direktor des von ihm eingerichteten Statistischen Bureaus und Professor der Universität Berlin. Bei allen Gesetzvorschlägen für die innere Verwaltung in den Jahren 1811–12 tätig, war er 1817–21 vortragender Rat im Ministerium des Auswärtigen und widmete sich dann wieder bis 1838 seinem akademischen Lehramt. Er schrieb: »Übersichten der Bodenfläche und Bevölkerung des preußischen Staats« (Berl. 1817); »Beiträge zur Statistik des preußischen Staats« (das. 1821); »Die Wirkungen der asiatischen Cholera im preußischen Staat während des Jahres 1831« (das. 1833); »Die Lehre vom Geld« (das. 1838); »Die Lehre von den Steuern« (das. 1840); »Sammlung kleiner Schriften staatswirtschaftlichen Inhalts« (das. 1843) u. a. Sein »Nachlaß kleiner Schriften« erschien Berlin 1847.

2) Karl Friedrich Vollrath, geograph. Schriftsteller, geb. 15. Juni 1796 in Stargard, gest. 20. Aug. 1842 in Stuttgart, studierte seit 1812 in Berlin, war dann Lehrer in Hofwil und übernahm später auf Einladung Cottas in Stuttgart die Direktion eines geographischen Instituts, dem er nach München folgte. 1829 wurde er Privatdozent an der Universität daselbst, mußte aber wegen freimütiger Äußerungen über den Katholizismus bald München verlassen und begab sich wieder nach Stuttgart, wo er in bitterm Mangel starb, nachdem er wenige Tage zuvor Rufe nach Petersburg und Dorpat erhalten hatte. Er schrieb: »Die Erde und ihre Bewohner« (Stuttg. 1833; 6. Aufl. von Berghaus und Völter, 1861–65); »Deutschland und seine Bewohner« (das. 1834–36, 4 Bde.); »Europa und seine Bewohner« (das. 1835–40, 8 Bde.); »Die Völker der Erde, ihr Leben, ihre Sitten und Gebräuche« (das. 1840, 2 Bde.); »Hertha«, Einleitung in die Erdkunde (Ulm 1840–41, 2 Bde.) u. a.

3) Franz, philosoph. Schriftsteller, geb. 19. Jan. 1804 in Aschaffenburg, gest. 22. Okt. 1881 in Würzburg, widmete sich in München unter Franz v. Baader philosophischen Studien, wurde 1834 als Professor am Lyzeum in Amberg angestellt und 1835 als ordentlicher Professor der Philosophie nach Würzburg berufen. Er schrieb unter anderm: »Entwickelung der ewigen Selbsterzeugung Gottes« (Würzb. 1835); »Vorhalle zur Lehre Franz v. Baaders« (Aschaffenb. 1836); »Die Sozietätsphilosophie Baaders« (Würzb. 1837); »Biographie Franz v. Baaders« (Leipz. 1857); »Acht philosophische Abhandlungen über Franz v. Baader und seine Werke« (das. 1857); »Über Theismus und Pantheismus« (das. 1861); »Die Weltalter, Lichtstrahlen aus Franz v. Baaders Werken« (das. 1868). Gesammelt erschienen seine »Philosophischen Schriften« in 8 Bänden (Erlang. 1868–82). Auch gab er als treuester Schüler Baaders (s. d. 2) mit Schlüter, Lutterbeck u. a. dessen »Sämtliche Werke« mit Einleitungen und Erläuterungen heraus.

4) Johann Joseph, namhafter Kenner der chinesischen und japanischen Sprache und Literatur, geb. 16. Febr. 1805 in Würzburg, gest. 23. Jan. 1878 im Haag, studierte in seiner Vaterstadt Philologie und wandte sich dann nach Holland, wo er sich mit Eifer auf das Studium des Chinesischen und Japanischen warf und dann zum Professor der genannten Sprachen an der Universität in Leiden ernannt wurde. Von seinen Veröffentlichungen sind der »Catalogus librorum et manuscriptorum japonicorum« (Leiden 1845) und »Japanische Sprachlehre« (das. 1877), dazu als Nachtrag »Japanische Studien« (das. 1878) hervorzuheben. Mit P. Fr. v. Siebold verband er sich zur Herausgabe des umfangreichen Werkes »Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan etc.« (s. Siebold 2).

5) Emanuel, Philolog, geb. 11. April 1825 in Neiße, studierte 1843–47 in Breslau, bereiste seit Herbst 1848 Italien und Frankreich und wurde 1850 außerordentlicher Professor in Graz, 1856 ordentlicher Professor und Leiter des philologischen Seminars in Wien. Von seinen Schriften nennen wir: »Homeros und die Homeridensage von Chios« (Wien 1856); »Caesaris commentarii etc. cum praefationecritica« (das. 1856–57, 2 Bde.; 2. Aufl. 1890); »Die Konstruktion der lateinischen Zeitpartikeln« (Wien 1860, 2. Aufl. 1873); »Das Gesetz der zwölf Tafeln von den Foreten und Sanaten« (das. 1866); »Der Agricola des Tacitus« (das. 1870); »Mythen aus der Wanderzeit der gräco-italischen Stämme« (Bd. 1: »Kronos und Zeus«, Leipz. 1876); »Patrizische und plebejische Kurien« (Wien 1879); »Studien auf dem Gebiete der lateinischen Syntax« (das. 1883); »Das Modusgesetz im lateinischen Zeitsatz« (das. 1891); eine Ausgabe des Augustinus (mit Zycha u. a., das. 1899 ff.).

[Mediziner. Botaniker.] 6) Friedrich, Mediziner, geb. 19. Febr. 1660 in Halle, gest. daselbst 12. Nov. 1742, studierte seit 1678 in Jena und Erfurt, habilitierte sich 1681 in Jena und ließ sich 1685 als Arzt in Minden nieder, wo er Garnisonsarzt, 1686 Physikus des Fürstentums Minden und kurfürstlicher Hofmedikus ward. 1688 ging er als Physikus nach Halberstadt und 1693 als Professor der Medizin nach Halle, 1708 als Leibarzt des Königs Friedrich I. mit Beibehaltung seiner Professur nach Berlin, kehrte aber 1712 nach Halle zurück. H. prüfte zahlreiche wichtige Arzneimittel, klärte ihre Anwendung auf und wußte durch einfache Mittel und Diät große Erfolge zu erzielen. Auch brachte er durch seine Untersuchungen die Mineralwässer mehr in Ausnahme. Einige von ihm angegebene Arzneipräparate, namentlich der Liquor anodynus mineralis (Hoffmannsche Tropfen), sind noch heutzutage im Gebrauch. H. gehört der solidarpathologischen Richtung und der Schule der Jatromechaniker an: Die Funktionen des Organismus sind nach den Gesetzen der Mechanik aufzufassen. Der Organismus ist eine Maschine, die in Tätigkeit erhalten wird durch den »Nervenäther«. Dieser wird im Gehirn gebildet, auf den nervösen Bahnen im Körper verbreitet und veranlaßt die einzelnen Organe zu ihren spezifischen Leistungen. Die Bewegungen repräsentieren das Leben; werden dieselben zu groß (»Krampf«) oder zu klein (»Atonie«, Schwäche), so ist Krankheit vorhanden. Er schrieb: »Medicina rationalis systematica« (Halle 1718–40, 9 Bde.); »Medicina consultatoria« (das. 1721–39, 12 Bde.). Seine lateinischen Werke erschienen gesammelt noch unter seiner Mitwirkung Genf 1740, 6 Bde.; 2. Aufl. 1748. Nach seinem Tode fügte Nicolai zwei Supplemente (1753–60, 3 Bde.) hinzu. Die ganze Sammlung wurde wieder abgedruckt Neapel 1753, 25 Bde.; 1763, 27 Bde.; Venedig 1745, 17 Bde., etc. Vgl. Schulze, Vita Hoffmanni (Halle 1749).

7) Georg Franz, Mediziner und Botaniker, geb. 31. Jan. 1761 zu Marktbreit in Bayern, gest. 17. März 1826 in Moskau, war Professor der Medizin in Erlangen, wurde 1792 Professor der Botanik in Göttingen und 1804 in Moskau. Er schrieb: »Enumeratio lichenum« (Erlangen 1784–96, 3 Bde.); »Historia salicum« (Leipz. 1785–91, 2 Bde.); »Plantae lichenosae« (das. 1789–1801, 3 Bde.); »Deutschlands Flora« (Teil 1, 2. Aufl., Erlang. 1804, 2 Bde.; Teil 2, das. 1795); »Vegetabilia in Hercyniae subterraneis collecta« (Nürnb. 1797–1811); »Syllabus plantarum umbelliferarum« (Mosk. 1814); »Genera plantarum umbelliferarum« (2 Aufl., das. 1816).

8) Hermann, Botaniker, geb. 22. April 1819 in Rödelheim bei Frankfurt a. M., gest. 26. Okt. 1891 in Gießen, studierte in Gießen und Berlin Medizin, habilitierte sich 1842 als Privatdozent in Gießen und wurde 1853 ordentlicher Professor der Botanik daselbst. Er schrieb: »Beiträge zur Entwickelungsgeschichte und Anatomie der Agaricineen« (1860); »Icones analyticae fungorum« (Gießen 1862–65); »Untersuchungen über die Keimung von Pilzsporen« (1860); »Über den Flugbrand« (1866); »Neue Beobachtungen über Bakterien« (1863, gegen die generatio spontanea, zu dieser Zeit ein Verdienst); »Über Bakterien« (1869); »Index fungorum« (Leipz. 1863); »Mykologische Berichte« (Gießen 1862–72); »Untersuchungen über den Pflanzenschlaf« (das. 1851); »Pflanzenverbreitung u. Pflanzenwanderung« (Darmst. 1852); »Pflanzenarealstudien in den Mittelrheingegenden« (1867 u. 1869); »Nachträge zur Flora des Mittelrheingebiets« (1879–89); »Untersuchungen zur Klima- und Bodenkunde mit Rücksicht auf die Vegetation« (1865) u. a. In der Phänologie nimmt H. eine ganz hervorragende Stelle ein. Er lieferte in »Petermanns Mitteilungen« eine »Vergleichende phänologische Karte von Mitteleuropa« (1881) und schrieb: »Witterung und Wachstum, Grundzüge der Pflanzenklimatologie« (Leipz. 1857); »Thermische Vegetationskonstanten« (1881 u. ö.); »Beiträge zur Phänologie« (zusammen mit Ihne, Gießen 1884); »Resultate der wichtigsten pflanzenphänologischen Beobachtungen« (das. 1885); »Phänologische Untersuchungen« (das. 1887).

[Theologen.] 9) (Hofmann) Melchior, Anabaptist, geb. in Schwäbisch-Hall gegen Ende des 15. Jahrh., gest. 1543 oder 1544, erlernte das Kürschnerhandwerk, agitierte seit 1523 in Livland, 1526 in Schweden für Luthers Lehre. Bald über diese hinausschreitend, wirkte er seit 1529 in Holland und Ostfriesland als Führer der anabaptistischen und spiritualistischen Elemente, auf ruhelosen Wanderungen durch Nord und Süd öfter in Straßburg, wo er 1533 eine täuferische Organisation ins Werk zu setzen suchte. In Hast genommen, hat er noch ein Jahrzehnt hindurch seinen Anhängern, die sich »Melchioriten« nannten, als geistlicher Führer gegolten und sie mit apokalyptischen Traktaten versehen. Vgl. Zur Linden, Melchior H., ein Prophet der Wiedertäufer (Haarl. 1885).

10) Gottlieb Wilhelm, württemberg. Separatist, geb. 19. Dez. 1771 in Ostelsheim bei Kalw, gest. 1848, kaiserlicher Notar und Bürgermeister in Leonberg, sammelte, mit allen Größen des Pietismus befreundet, die mit den Neuerungen in der Landeskirche Unzufriedenen in der 1818 mit königlicher Erlaubnis gestifteten, nach apostolischem Vorbild eingerichteten Gemeinde Kornthal, von wo er auf die württembergische Landesgeistlichkeit einen bedeutenden Einfluß ausübte. Verwandte Unternehmungen setzten seine Söhne Wilhelm und Christoph (s. unten 12 und 13) fort.

11) Andreas Gottlieb, biblischer Kritiker und Orientalist, geb. 13. April 1796 zu Weibsleben in der Grafschaft Mansfeld, gest. 16. März 1864 in Jena, nahm als freiwilliger Jäger an dem Feldzug von 1813 teil, studierte dann in Halle Theologie und unter Gesenius Syrisch und Hebräisch, hielt später selbst Vorlesungen über orientalische Sprachen und ward 1823 außerordentlicher, 1825 ordentlicher Professor in Jena. Er schrieb: »Commentarius philologico-criticus in Mosis benedictionem« (Halle, dann Jena 1822, 8 Programme), »Grammatica syriaca« (Halle 1827); »Die Apokalyptiker der ältern. Zeit unter Juden und Christen in vollständiger Übersetzung etc.« (Bd. 1, Jena 1833–38, 2 Tle., das Buch Henoch enthaltend). Auch hat er die zweite Sektion der Ersch und Gruberschen Enzyklopädie anfangs gemeinschaftlich mit G. Hassel, vom 8. Band an allein redigiert.

12) Ludwig Friedrich Wilhelm, Kanzelredner und Kirchenpolitiker, Sohn von H. 10), geb. 30. Okt. 1806 in Leonberg, gest. 28. Aug. 1873 in Berlin, bekleidete erst verschiedene geistliche Ämter im Württembergischen, führte 1839–50 die Inspektion über die Missionsanstalt zu Basel und hielt seit 1843 zugleich als Professor der Theologie Vorlesungen an der Universität. 1850 Professor und Ephorus des theologischen Stiftes in Tübingen, wurde er 1852 als Hof- und Domprediger nach Berlin berufen, wo er seit 1853 auch als Mitglied des evangelischen Oberkirchenrats, Generalsuperintendent der Kurmark, Oberkonsistorialrat und Euphorus des Domkandidatenstifts, seit 1855 als Brandenburger Domherr, seit 1871 als erster Hofprediger wirksam war. Er genoß in hohem Grade das Vertrauen Friedrich Wilhelms IV. und hatte bis zu seinem Tode vielleicht den größten Einfluß auf die innern Verhältnisse der protestantischen Kirche. Als Theolog war er ohne Bedeutung; doch rühren von ihm her eine Reihe von Schriften über Missionswesen und Missionsgeschichte (»Missionsstunden und Vorträge«, Stuttg. 1847–51, 2 Bde., u. a.), mehrere Sammlungen von Predigten (»Ruf zum Herrn«, Berl. 1854–58, 8 Bde.; »Die Haustafel«, das. 1858–63, 3 Tle.; »Ein Jahr der Gnade«, das. 1864), die Schriften: »Deutschland einst und jetzt im Lichte des Reiches Gottes« (das. 1868) und »Deutschland und Europa im Lichte der Weltgeschichte« das. 1869) u. a. Sein Leben beschrieb sein Sohn Karl H. (Berl. 1878–80, 2 Bde.).

13) Christoph, Stifter der deutschen »Tempelgesellschaft« (s. d.) in Palästina, Bruder des vorigen, geb. 2. Dez. 1815, gest. 8. Dez. 1885, wurde 1840 Repetent am theologischen Seminar in Tübingen, 1841 Lehrer auf dem Salon bei Ludwigsburg, 1848 als Gegenkandidat von D. F. Strauß Abgeordneter zur deutschen Nationalversammlung. 1853–54 war er Vorsteher der Evangelistenschule in St. Chrischona (s. d.) bei Basel und erließ 1854 in Verbindung mit Christoph Paulus einen Ausruf zu einer großartigen Auswanderung der Gläubigen nach Palästina, um daselbst mit allen frommen Juden und Katholiken das Gesetz Mosis zu erfüllen. 1858 machte er seine erste Forschungsreise nach Palästina, wohin er 1868 übersiedelte. Seit 1869 kam es zur Gründung der gut organisierten Kolonien zu Haifa, Jafa und Sarona in Palästina, und 1878 wurde die Zentralleitung des »deutschen Tempels« nach Jerusalem verlegt. Da aber der Stifter in der »Süddeutschen Warte« und in seinem Buch »Occident und Orient« (Stuttg. 1875) den trinitarischen und christologischen Grundlehren der Kirche den Krieg erklärte, sagte sich der »Reichsbrüderbund« zu Haifa unter dem Tempelvorsteher Hardegg (gest. 1879) von dem Haupttempel los. H. gab »Bibelforschungen« (Jerusalem u. Stuttg. 1882–84, 2 Bde.) heraus und schrieb seine Selbstbiographie: »Mein Weg nach Jerusalem« (das. 1882–84, 2 Bde.).

[Dichter, Schriftsteller.] 14) Ernst Theodor Amadeus (eigentlich Wilhelm), einer der originellsten und phantasiereichsten deutschen Erzähler, zugleich auch Musiker und Maler, geb. 24. Jan. 1776 zu Königsberg i. Pr., gest. 24. Juli 1822 in Berlin. Er studierte in seiner Vaterstadt die Rechte, arbeitete seit 1796 bei der Oberamtsregierung in Großglogau und seit 1798 bei dem Kammergericht in Berlin, wurde 1800 Assessor bei der Regierung in Posen, aber wegen einiger anzüglichen Karikaturen, die er gefertigt, 1802 als Rat nach Plozk und 1803 in gleicher Eigenschaft nach Warschau versetzt, wo damals auch J. E. Hitzig und Zacharias Werner als preußische Beamte tätig waren. Der Einmarsch der Franzosen 1806 machte hier seiner amtlichen Laufbahn ein Ende. Ohne Vermögen und ohne Aussichten im Vaterland, benutzte er seine musikalischen Talente zum Broterwerb und ging 1808 auf Einladung des Grafen Julius v. Soden als Musikdirektor bei dem neuerrichteten Theater nach Bamberg. Als dieses bald nachher geschlossen wurde, geriet er in die größte Not. Nachdem er sich einige Zeit durch Musikunterricht und Arbeiten für die Leipziger »Allgemeine musikalische Zeitung« die nötigsten Unterhaltsmittel erworben, erhielt er 1813 die Stellung als Musikdirektor bei der Secondaschen Schauspielergesellschaft und leitete bis 1815 das Orchester dieser abwechselnd in Dresden und in Leipzig spielenden Truppe. 1816 wurde er wieder als Rat bei dem königlichen Kammergericht in Berlin angestellt; er starb daselbst an der Rückenmarksschwindsucht nach qualvollen Leiden. H. hatte sich von Jugend auf mit Vorliebe dem Studium der Musik gewidmet. In Posen brachte er das Goethesche Singspiel »Scherz, List und Rache« aufs Thea ter, in Warschau »Die lustigen Musikanten« von Brentano, dazu die Opern: »Der Kanonikus von Mailand« und »Liebe und Eifersucht«, deren Text er nach ausländischen Mustern selbst bearbeitete. Auch setzte er die Musik zu Werners »Kreuz an der Ostsee« und komponierte für das Berliner Theater Fouqués zur Oper umgestaltete »Undine«, deren Partitur samt den prächtigen, nach Hoffmanns Entwürfen gefertigten Dekorationen bei dem Brande des Opernhauses zugrunde ging. Die Aufforderung, seine in der »Musikalischen Zeitung« zerstreuten Aufsätze zu sammeln, veranlaßte ihn zur Herausgabe der »Phantasiestücke in Callots Manier« (Bamberg 1814, 4 Bde.; 4. Aufl., Leipz. 1864, 2 Bde.), die großes Aufsehen machten und ihm die unterscheidende Bezeichnung »H.-Callot« verschafften. Weiter folgten: »Vision auf dem Schlachtfeld von Dresden« (Leipz. 1814); »Elixiere des Teufels« (Berl. 1816); »Nachtstücke« (das. 1817, 2 Bde.); »Seltsame Leiden eines Theaterdirektors« (das. 1818); »Die Serapionsbrüder« (das. 1819–21, 4 Bde.; nebst einem Supplementband, der Hoffmanns letzte Erzählungen enthält, das. 1825); »Klein Zaches, genannt Zinnober« (das. 1819, 2. Aufl. 1824); »Prinzessin Brambilla, ein Capriccio nach Jakob Callot« (das. 1821); »Meister Floh, ein Märchen in sieben Abenteuern zweier Freunde« (Frankf. 1822); »Lebensansichten des Katers Murr, nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler, in zufälligen Makulaturblättern« (Berl. 1821–22, 2 Bde.); »Der Doppelgänger« (Brünn 1822) und einige kleinere Erzählungen, von denen »Meister Martin und seine Gesellen«, »Das Majorat«, »Das Fräulein von Scudéry«, »Der Artushof«, »Doge und Dogaresse« etc. wahre Meisterstücke der Novellistik genannt zu werden verdienen. H. war ein durchaus origineller Mensch, mit den seltensten Talenten ausgerüstet, wild, ungebunden, nächtlichem Schwelgen leidenschaftlich ergeben (wobei er in Berlin besonders an Ludwig Devrient einen geistesverwandten Genossen hatte) und doch ein trefflicher Geschäftsmann und Jurist. Voll scharfen und gesunden Menschenverstandes, der den Erscheinungen und Dingen sehr bald die schwachen und lächerlichen Seiten ablauschte, gab er sich doch allerlei phantastischen Anschauungen und abenteuerlichem Dämonenglauben hin. Exzentrisch in seiner Begeisterung, Epikureer pis zur Weichlichkeit und Stoiker bis zur Starrheit, Phantast bis zum fratzenhaftesten Wahnsinn und witziger Spötter bis zur phantasielosen Nüchternheit, vereinigte er die seltsamsten Gegensätze in sich, Gegensätze, in denen sich auch seine meisten Novellen bewegen. In allen seinen Dichtungen fällt der Mangel an Ruhe zuerst auf, seine Phantasie und sein Humor reißen ihn unaufhaltsam mit sich fort. Finstere Gestalten umkreisen und durchkreuzen stets die Handlung, und das Wilddämonische spielt selbst in die Welt der philisterhaften und modernen Alltäglichkeit hinein. In der Virtuosität, gespenstiges Grauen zu erwecken, werden wenige Erzähler H. erreicht haben; es ist glaubhaft, daß er sich, wie man erzählt, vor seinen eignen gespenstigen Gestalten gefürchtet habe. Die Sprache handhabte er mit großer Gewandtheit, wenn auch nicht ohne Manier. Als Musikkritiker hielt er zu Spontini und den Italienern gegen K. M. v. Weber und die aufblühende deutsche Oper, wirkte aber für das Verständnis Mozarts und Beethovens. Eine Sammlung seiner »Ausgewählten Schriften« erschien Berlin 1827–28, 10 Bde., denen seine Witwe Micheline, geborne Rorer, 5 Bände Supplemente (Stuttg. 1839) beifügte, welche die Erzählungen aus seinen letzten Lebensjahren und die 3. Auflage von Hitzigs Biographie (»Hoffmanns Leben und Nachlaß«, zuerst Berl. 1823) enthalten. Eine neue Ausgabe erschien u. d. T. »Gesammelte Schriften« (Berl. 1871–73. 12 Bde.), in der Hempelschen Sammlung (das. 1879–83, 15 Tle.) und, besorgt von E. Griesebach, in M. Hesses Klassikerausgaben (»Sämtliche Werke«, Leipz. 1899, 15 Bde.); eine gut kommentierte Auswahl der »Werke« bot Schweizer (das. 1896, 3 Bde.), eine andre mit Einleitung von Lautenbacher erschien im Cottaschen Verlag (Stuttg. 1894, 4 Bde.). Vgl. auch »Das Kreislerbuch, Texte, Kompositionen und Bilder.« Zusammengestellt von Hans v. Müller (Leipz. 1903). H. war auch ein geschickter Karikaturenzeichner, von dem mehrere Karikaturen auf Napoleon I. herrühren. Interessante Erinnerungen an H. gab Funck (K. F. Kunz) in seiner Schrift »Aus dem Leben zweier Dichter, Ernst Theod. Wilh. H. und Fr. G. Wetzel« (Leipz. 1836). Im Ausland, besonders in Frankreich, ist H. vielfach übersetzt und nachgeahmt worden. Vgl. Ellinger, E. T. A. Hoffmann, sein Leben und seine Werke (Hamb. 1894); O. Klinke, E. T. A. Hoffmanns Leben und Werke. Vom Standpunkte des Irrenarztes (Braunschw. 1903).

15) August Heinrich, Sprachforscher und Dichter, geb. 2. April 1798 in Fallersleben, wonach er sich H. von Fallersleben nannte, gest. 19. Jan. 1874 in Korvei, besuchte 1816 die Universität Göttingen, um Theologie zu studieren, widmete sich aber, von Benecke angeregt, mit Vorliebe dem Studium der vaterländischen Literatur, dem er auch in Bonn, wohin er sich 1819 wandte, treu blieb. Nachdem er 1821 in Leiden ein halbes Jahr lang Forschungen über die altniederländische Literatur angestellt, privatisierte er in Berlin, wurde 1823 Kustos an der Universitätsbibliothek in Breslau, 1830 außerordentlicher und 1835 ordentlicher Professor der deutschen Sprache daselbst. Wiederholte Reisen nach Österreich (1827 und 1834), Dänemark (1836), Holland und Belgien (1837), in die Schweiz (1839) hingen mit seinen wissenschaftlichen Bestrebungen eng zusammen. Sein Amt bei der Bibliothek hatte er bereits 1838 freiwillig niedergelegt, als er durch Dekret vom 20. Dez. 1842 wegen politisch anstößiger Grundsätze und Tendenzen, die er in den »Unpolitischen Liedern« (Hamb. 1840–1841, 2 Bde.; 2. Aufl. des 1. Bandes 1840) ausgesprochen haben sollte, ohne Pension seiner Professur enthoben wurde. In der Folge aus mehreren deutschen Bundesstaaten polizeilich ausgewiesen (vgl. »Zehn Aktenstücke über die Amtsentsetzung des Professors H.«, Mannh. 1843), führte er nun jahrelang ein unstetes Wanderleben, bis er sich 1845 in Mecklenburg Heimatsrecht erwarb. 1848 auch in Preußen rehabilitiert, bezog er seitdem das gesetzliche Wartegeld als Pension und ließ sich 1853 in Weimar nieder, wo er mit Oskar Schade das »Weimarische Jahrbuch für deutsche Sprache, Literatur und Kunst« herausgab, von dem 6 Bände erschienen sind (Hannov. 1854–57). In Weimar entstanden noch »Theophilus«, die Ausgabe eines niederdeutschen Schauspiels aus der Mitte des 15. Jahrh. in zwei verschiedenen Fassungen (Hannover 1853 u. 1854), und eine »Geschichte der deutschlateinischen Mischpoesie«. 1860 wurde H. vom Herzog von Ratibor zum Bibliothekar auf Schloß Korvei ernannt. In seinem Geburtsort wurde ihm 1883 ein Denkmal (Obelisk) errichtet, ein andres, von Schaper, 1892 auf der Insel Helgoland, ein drittes 1903 in Höxter. – Außer den bleibenden Verdiensten, die sich H. durch Veröffentlichung älterer deutscher Literaturdenkmäler erworben hat, gewann er durch seine heitern, leicht singbaren Lieder einen allgemein anerkannten Dichternamen. Ohne besondere Tiefe, faßte er die Ansichten der überwiegenden Anzahl seiner Zeitgenossen in kurze, meist epigrammatische Gedichte, die allerdings oft keck. mitunter selbst scharf und verletzend gehalten sind, im allgemeinen jedoch mehr auf das Possenhafte und Kindlich-Spielende als auf das Sarkastische hinauslaufen. Er traf, wie kaum ein andrer Dichter der Neuzeit, durch Einfalt und Innigkeit den Ton des echten Volksliedes, und nicht wenige seiner Lieder sind Eigentum des Volkes geworden (»Deutschland, Deutschland über alles«, auf Helgoland 26. Aug. 1841 gedichtet). Obgleich nicht musikalisch gebildet, gab er doch dazu die anmutigsten Melodien an, die nur künstlerisch verarbeitet zu werden brauchten. Gleichzeitig mit seinen »Liedern und Romanzen« (Köln 1821) erschienen die »Bonner Bruchstücke von Otfried« (Bonn 1822). Ihnen folgten die »Althochdeutschen Glossen« (Bresl. 1826), die »Alemannischen Lieder« (das. 1827; 5. Aufl., Mannh. 1843), eine Sammlung von »Gedichten« (Bresl. 1827), »Willirams Übersetzung und Auslegung des Hohenliedes« (das. 1827), »Jägerlieder« (das. 1828), die »Fundgruben für Geschichte deutscher Sprache und Literatur« (das. 1830–37, 2 Bde.), »Reineke Vos« (das. 1834), eine neue Sammlung von »Gedichten« (Leipz. 1834, 2 Bde.; vermehrte Ausg. 1843), die »Sumerlaten, mittelhochdeutsche Glossen aus den Handschriften der Hofbibliothek zu Wien« (Wien 1834), die mit Endlicher aufgefundenen und herausgegebenen »Fragmenta theotisca« (das. 1834, 2. Aufl. 1841), die »Monumenta Elnoneusia« (Gent 1837, 2. Aufl. 1845), das »Buch der Liebe« (Bresl. 1836) und eine dritte Sammlung von »Gedichten« (das. 1837). Für die altniederländische Literatur sind besonders wertvoll die u. d. T.: »Horae belgicae« (Berl. u. Leipz. 1830–62, 12 Tle.) herausgegebenen Abhandlungen und Literaturdenkmäler. Mit M. Haupt veröffentlichte er »Altdeutsche Blätter« (Leipz. 1835–40, 2 Bde.), eine reiche Sammlung kleinerer Quellen und Abhandlungen. Literarhistorische Monographien von Wert sind seine Biographien Joh. Chr. Günthers (Bresl. 1832) und Barth. Ringwaldts und Benj. Schmolcks (das. 1833) sowie seine reichhaltige »Geschichte des deutschen Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit« (das. 1832, 3. Aufl. 1861). Er veröffentlichte ferner: »Michael Vehes Gesangbüchlein vom Jahr 1537«, das älteste katholische Gesangbuch (Hannov. 1853); »Hannoversches Namenbüchlein« (das. 1852); »Kasseler Namenbüchlein« (Kaff. 1863); »Braunschweiger Namenbüchlein« (Braunschw. 1866); »Lieder der Landsknechte unter Georg und Kaspar von Frundsberg« (Hannov. 1868); »Henneke Knecht, ein altes niederdeutsches Volkslied« (Berl. 1872); »Unsre volkstümlichen Lieder« (Leipz. 1859, 4. Aufl. von Prahl 1900). Eine bibliographische Übersicht des Gebiets der deutschen Philologie gab er in dem Werk »Die deutsche Philologie im Grundriß« (Bresl. 1836); auch lieferte er ein »Verzeichnis der altdeutschen Handschriften in der Hofbibliothek zu Wien« (Leipz. 1841) und »Spenden zur deutschen Literaturgeschichte« (das. 1844, 2 Tle.). Er gab die »Monatsschrift von und für Schlesien« (Bresl. 1829, 2 Bde.) heraus, ferner »Schlesische Volkslieder mit Melodien« (mit E. Richter, Leipz. 1842), »Politische Gedichte aus Deutschlands Vorzeit« (das. 1843), »Die deutschen Gesellschaftslieder des 16. und 17. Jahrhunderts« (das. 1844, 2. Aufl. 1860) und »Ruda. Polnische Volkslieder der Oberschlesier« (Kassel 1865). Den »Unpolitischen Liedern« schließen sich von eignen Dichtungen an: »Deutsche Lieder aus der Schweiz« (Zürich 1843 u. 1845); »Deutsche Gassenlieder« (2. Aufl., das. 1845); »Diavolini« (2. Aufl., Darmst. 1847); »Hoffmannsche Tropfen« (Zürich 1844). In andrer Richtung bewegten sich: »Fünfzig Kinderlieder« (Leipz. 1843, mit Klavierbegleitung von Ernst Richter; 4. Aufl., Hamb. 1866); »Maitrank« (Par. 1844); »Deutsche Salonlieder« (Zürich 1844); »Fünfzig neue Kinderlieder« (Mannh. 1845; 3. Aufl., Stuttg. 1874); »Vierzig Kinderlieder« (Leipz. 1847); »Hundert Schullieder« (mit Volksweisen versehen von L. Erk, das. 1848); »Deutsches Volksgesangbuch« (das. 1848); »Liebeslieder« (Mainz 1851); »Heimatklänge« (das. 1850); »Rheinleben« (das. 1851); »Soldatenlieder« (das. 1851); »Kinderwelt in Liedern« (das. 1853); »Lieder aus Weimar« (3. Aufl., Hannov. 1857) und seine letzten politischen Gedichte, die »Streiflichter« (Berl. 1871). 1858 begann er seine »Findlinge« (Leipz. 1859–60, 4 Hefte), ein Sammelwerk von seltenem oder unbekannt gebliebenem Material zur Geschichte deutscher Sprache und Dichtung. Eine Auswahl seiner »Gedichte« erschien unmittelbar nach des Dichters Tod als 8. Auflage (Berl. 1875, 10. Aufl. 1904); eine Sammlung seiner sämtlichen Kinderlieder veranstaltete L. v. Donop (das. 1877). Eine nicht durchgehends erfreuliche, aber inhaltreiche Autobiographie veröffentlichte H. in dem sechsbändigen Werk »Mein Leben« (Hannov. 1868–70; in verkürzter Form hrsg. von Gerstenberg, Berl. 1894, 2 Bde.). Eine Gesamtausgabe seiner Werke veranstaltete H. Gerstenberg in 8 Bänden (Berl. 1890–93). Nach seinem Tod erschienen »Briefe von H. von Fallersleben und M. Haupt an Ferdinand Wolf« (Wien 1874). Vgl. J. M. Wagner, H. von Fallersleben 1818–1868 (Wien 1869; Nachtrag, Dresd. 1870); Gottschall, Porträts und Studien, Bd. 5 (Leipz. 1876); Kreyenberg, H. von FallerslebenPreußische Jahrbücher«, Bd. 68, 1891); Gerstenberg, Henriette von Schwechenberg und H. von Fallersleben (Berl. 1903).

16) Heinrich, Dichter und Jugendschriftsteller, geb. 21. Juni 1809 in Frankfurt a. M., gest. daselbst 20. Sept. 1894, studierte Medizin und ließ sich dann in seiner Vaterstadt nieder, wo er bis 1889 als Arzt der Irrenanstalt wirkte. Nach dem Geburtsnamen seiner Frau nannte er sich H.-Donner. Er schrieb »Gedichte« (Frankf. 1842; 2. vermehrte Aufl. u. d. T.: »Auf heitern Pfaden«, 1873), die sich durch einfache Sprache und gewandten Reim auszeichnen und viel von sich reden machten. Namentlich fanden die treffliche Behandlung balladenmäßiger Stoffe (»Das Hünengrab«, »Der Glockenguß von Breslau«, »Aus dem Lalenbuch«) und der glückliche Humor in den Liebes- und Trinkliedern allgemeinen Anklang. Als vortrefflichen Satiriker zeigte er sich in der aristophanischen Komödie »Die Mondzügler« (Frankf. 1844), wiederholt in den »Humoristische Studien« (das. 1847), welche auch »Die Kartoffelkomödie. Ein gar arg Trauerstück in drei Akten« enthalten. Andre Veröffentlichungen sind: »Das Breviarium der Ehe« (Leipz. 1853); »Allerseelenbüchlein« (Frankf. 1858); »Der Badeort Salzloch«, satirische Badeschrift (das. 1861); »Liederbuch für Naturforscher und Ärzte« (das. 1867). Am berühmtesten ist Hoffmanns Name durch das allbekannte Kinderbuch »Der Struwwelpeter« geworden (zuerst 1847, seitdem in 248 Auflagen gedruckt und in fast alle Sprachen Europas übersetzt) sowie durch andre Kinderschriften, darunter »Im Himmel und auf der Erde. Herzliches und Scherzliches aus der Kinderwelt«, und »König Nußknacker und der arme Reinhold«, die ebenfalls in zahlreichen Auflagen erschienen sind. Auf seinem Berufsfeld machte er sich durch die »Beobachtungen und Erfahrungen über Seelenstörung und Epilepsie in der Irrenanstalt zu Frankfurt a. M.« (Frankf. 1859) bekannt.

17) Franz, Jugendschriftsteller, geb. 21. Febr. 1814 in Bernburg, gest. 11. Juli 1882 in Dresden, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, widmete sich bei seinem Bruder Karl H. in Stuttgart dem Buchhandel, gründete eigne Geschäfte zuerst in Zürich, dann in Goslar, wendete sich aber seit 1839 an verschiedenen Orten (Ballenstedt am Harz, Stuttgart, Halle, Dessau) ausschließlich literarischer Tätigkeit zu. Seit 1856 war er in Dresden ansässig. Hoffmanns zahlreiche Erzählungen fanden weite Verbreitung und sind zum Teil in alle Kultursprachen übersetzt worden. Sie empfehlen sich der Jugend durch eine lebendige, fesselnde Darstellung und sind von einer warmen sittlich-religiösen Lebensanschauung durchdrungen. 1846 begründete er den noch jetzt erscheinenden »Neuen deutschen Jugendfreund«.

18) Hans, Dichter und Novellist, geb. 27. Juli 1848 in Stettin, studierte in Berlin, Bonn und Halle Philologie, trat eine Studienreise nach Italien an, erwarb sich 1871 mit der Dissertation »Über die Entstehung der Nibelungen« die philosophische Doktorwurde und wurde Gymnasiallehrer in Stettin, Stolp und Danzig. 1872 blieb er längere Zeit in Rom und besuchte Athen und Konstantinopel. 1878 entsagte er dem Lehramt und widmete sich ausschließlich der Literatur. Nach abermaligen Reisen in Italien und Griechenland ließ er sich 1882 in Berlin nieder, zog aber später nach Freiburg i. Br., dann nach Bozen, 1890 nach Potsdam, siedelte 1894 nach Wernigerode über und lebt jetzt, seit 1902, als Generalsekretär der Schillerstiftung in Weimar. H. gehört zu den besten Lyrikern und Novellisten der Gegenwart, er ist einer der wenigen, die die edle Tradition Storms und Kellers fortführen. Große Anmut der Form und Sprache, inniges Naturgefühl und tiefer Humor zeichnen seine Erzählungen aus. Er begann mit Novellen aus Italien: »Unter blauem Himmel« (Berl. 1881, 2. Aufl. 1899), dann folgten: »Der Hexenprediger und andre Novellen« (das. 1883), »Im Lande der Phäaken« (das. 1884), »Neue Korfugeschichten« (das. 1887), die größern Erzählungen: »Brigitta von Wisby« (Leipz. 1884, 2. Aufl. 1901), wonach Rich. Voß sein Trauerspiel »Brigitte« schrieb, und »Iwan der Schreckliche und sein Hund« (Stuttg. 1889). Hier schon hatte H. den Versuch gemacht, sich poetisch der Heimat und der Gegenwart zu bemächtigen, was ihm originell und ganz gelang in den geistvollen Novellen: »Das Gymnasium zu Stolpenburg« (Berl. 1891, 4. Aufl. 1903); »Ruhm« (das. 1891) und in dem schönen Zyklus: »Von Frühling zu Frühling« (das. 1889, 3. Aufl. 1898). Sein humoristischer Roman: »Der eiserne Rittmeister« (Berl. 1890, 3 Bde.; 2. Aufl. 1900, 2 Bde.), enthält die dichterische Kritik der kantischaltpreußischen Lehre vom kategorischen Imperativ; stofflich schließt sich die tragische Erzählung »Landsturm« (das. 1892, 3. Aufl. 1903) daran an. In den »Geschichten aus Hinterpommern« (Berl. 1891, u. Aufl. 1894) verklärt der Dichter humorvoll den Charakter seiner engern Landsleute. In dem historischen Roman »Wider den Kurfürsten« (Berl. 1894, 3 Bde.), der die Belagerung Stettins durch den Großen Kurfürsten zum Gegenstand hat, und in dem sich H. stilistisch Fritz Reuter nähert, stellt er die Entwickelung des pommerschen Stammesgefühls zu deutschem Nationalbewußtsein dar. Nicht minder bewährte er sein feinsinniges Erzählertalent in den »Bozener Märchen und Mären« (Stuttg. 1896), den »Ostseemärchen« (das. 1897), den Humoresken »Allerlei Gelehrte« (Berl. 1897), den kleinen Geschichten »Aus der Sommerfrische« (das. 1898), den Skizzen »Tante Fritzchen« (das. 1899), »Von Haff zu Haff. Neues von Tante Fritzchen« (das. 1903) und den zwei Novellen »Irrende Mutterliebe« (das. 1900). Zu dem Prachtwerk »Der Harz« (Leipz. 1899) steuerte er »Die Harzwanderungen« bei, die (das. 1902) in erweiterter Form auch gesondert erschienen. In den Gedichten: »Vom Lebenswege« (Leipz. 1892) veranschaulicht er uns in formvollendeten Liedern seinen künstlerischen Entwickelungsgang. Außerdem schrieb H. das erzählende Gedicht: »Der feige Wandelmar« (Leipz. 1883).

19) Gotthelf, s. Kutschkelied.

[Ausländische Schriftsteller.] 20) Karl Alexander, poln. Schriftsteller, geb. 24. März 1798 in Masovien, gest. 6. Juli 1875 in Blasewitz bei Dresden, studierte in Warschau die Rechte, gründete 1825 die »Polnische Themis«, eine Zeitschrift für Rechtswissenschaft, und gab 1827 eine Übersetzung von Franklins Werken heraus. 1828 erhielt er die Stelle eines Rates bei der Polnischen Bank, nahm beim Ausbruch der Revolution lebhaften Anteil an der Organisation der Nationalgarde und der Behörden von Warschau, gab die in mehrere Sprachen übersetzte feurige Schrift »Die große Woche der Polen« heraus und wurde 1831 einer der drei Bankdirektoren. Nach Unterdrückung des Aufstandes zuerst in Dresden, seit 1832 in Paris wohnhaft, kehrte er 1848 nach Dresden zurück. H. schrieb noch: »Coup d'œil sur l'état politique de la Pologne sous la domination russe« (Par 1832); »La nationalité polonaise détruite« (das. 1833); »Cztery powstania«, eine Schilderung der griechischen, holländischen, portugiesischen und polnischen Befreiungskriege (das. 1837); »Vademekum polskie« (das. 1839) u. a.

21) Klementine, Gattin des vorigen, geborne Tanska, geb. 23. Nov. 1798 in Warschau, gest. 15. Sept. 1845 in Passy bei Paris, ward schon durch ihre erste Schrift: »Pamiatka po drobéj matce« (»Andenken der guten Mutter«, Warschau 1819), eine der beliebtesten Schriftstellerinnen für Kinder und Mütter. Sie gründete und redigierte seit 1824 eine Kinderzeitschrift: »Rozrywki dla dzieci« (»Zerstreuungen für Kinder«), und verfaßte mehrere Kindererzählungen, z. B. »Amelia« und »Wiazanie Helenki«. 1827 wurde sie zur ersten Lehrerin an dem Erzieherinnen institut ernannt und erhielt die Oberaufsicht über die Mädchenschulen in Warschau. Seit 1829 verheiratet, folgte sie ihrem Gatten 1831 ins Ausland, wo sie sich literarischen Arbeiten und der Erziehung der Kinder der Emigranten widmete. Aus dieser Zeit rühren ihre größern Schriften her, Romane, Erzählungen, Unterrichtsbücher für Mädchen religiös-sittlichen und historischen Inhalts etc., z. B. »Karolina«, »Krystyna«, das biographische Kulturbild »Jan Kochanowski«; dann »Von den Pflichten der Frauen« (Warsch. 1849) u. a. Ihr literarischer Nachlaß mit ihren Memoiren erschien in 9 Bänden (Berl. 1848), eine neuere Ausgabe ihrer Werke, von N. Zmichowska, in 12 Bänden (Warsch. 1876–77).

22) (Hoffman) Charles Fenno, amerikan. Schriftsteller, geb. 1806 in New York, gest. 1884 in Harrisburg, studierte die Rechte, wandte sich aber der Literatur zu und gründete das seinerzeit sehr einflußreiche »Knickerbocker Magazine«. Später redigierte er mehrere literarische Zeitschriften und veröffentlichte die Reiseschilderungen: »A winter in the West« (1835, neue Ausg. 1882) und »Wild scenes in forest and prairie« (1837; deutsch von Gerstäcker, Leipz. 1860), die Novellen: »Vanderlyn« (1837) und »Greyslaer« (1840) und »Poems« (Gesamtausgabe 1873). Für Sparks' »American Biography« schrieb er »The administration of Jacob Leisler«. Er starb im Irrsinn.

[Künstler, Industrielle.] 23) Heinrich, Maler, geb. 18. Okt. 1814 in Frankfurt a. M., gest. daselbst 11. Juni 1896, war anfangs Zimmermaler, wurde aber durch den Verkehr mit jüngern Künstlern, besonders mit A. Achenbach, zur Landschaftsmalerei geführt, in der er sich jedoch erst von 1843–50 auf dem Städelschen Institut unter Jakob Becker ausbilden konnte. Daneben machte er Naturstudien auf Wanderungen im Taunus, Odenwald und Schwarzwald, am Rhein, der Mosel und der Ahr, denen später größere Reisen nach der Schweiz und Tirol folgten. 1848 malte er seine ersten größern Bilder, in denen zwar noch die romantische Stimmung nachklang, die sich aber bereits durch selbständige Naturbeobachtung auszeichneten. Auch in seinen spätern Werken hielt er an idealer Auffassung und Komposition fest, schloß sich jedoch in den Einzelheiten eng an die Natur an. Er hat zahlreiche Wald- und Alpenlandschaften, Waldbäche, Felsenschluchten, Mondnächte, Heidelandschaften, Straßen und Gäßchen aus dem alten Frankfurt und verfallene Burgen aus dem Taunus gemalt, die sich meist im Frankfurter Privatbesitz befinden.

24) Joseph, Maler, geb. 22. Juli 1831 in Wien, gest. daselbst 30. Jan. 1904, erhielt früh Unterricht im Zeichnen und wanderte bereits im Frühjahr 1849 über Steiermark, Kroatien und Syrmien nach Serbien. Nach Wien zurückgekehrt, trat er in Rahls Atelier, bei dem er bis 1852 blieb. 1856 reiste er über München und Tirol nach Venedig, 1857 nach Griechenland und 1858 nach Rom, wo er sechs Jahre blieb. Hier entstanden oder wurden entworfen die groß aufgefaßten idealen griechischen Landschaften. Reste des Heiligtums der Venus an der Straße nach Eleusis; das alte Athen zur Perikleischen Zeit; Athen, von den Gärten der Königin aus gesehen; das Grab Anakreons; das Sabinergebirge bei Olevano. 1864 kam er nach Wien zurück. Von 1866 an malte er für das neue Operngebäude daselbst die Dekorationen zur »Zauberflöte«, dann die zum »Freischütz« und zu »Romeo und Julie«. Später führte er acht Zonenbilder im Palais Epstein in Wien, landschaftliche Wandgemälde im Schloß Hörenstein, die vier Lebensfreuden im Kursalon des Wiener Stadtparkes, fünf Bilder aus dem alten Athen (für Baron Sina), die Entwürfe zu den Dekorationen für das Wagner-Theater in Bayreuth, einen Zyklus zum »Ring des Ni bel ungen« für König Ludwig II. von Bayern, die Skizzen zu den Dekorationen für »Rheingold« und »Die Walküre« für das Hofoperntheater, zwei Landschaften aus den Bildungsepochen der Erdoberfläche für das naturhistorische Museum, zwei Wandgemälde für das Parlamentsgebäude in Wien und die Ölgemälde: aus dem böhmischen Urwald, unter Ruinen und König Lear im Sturm aus. Er ist ein Vertreter des heroisch-historischen Stils in der Landschaftsmalerei.

25) Ludwig, Architekt, geb. 31. Juli 1852 in Darmstadt, studierte auf der Akademie in Kassel und Berlin und begann seine praktische Tätigkeit als Bauführer beim Bau der Kriegsakademie in Berlin. Nachdem er 1884 die Prüfung als Regierungsbaumeister bestanden, beteiligte er sich an der Konkurrenz um die Bebauung der Museumsinsel in Berlin mit einem Entwurf. der von der preußischen Regierung angekauft wurde. Im Herbst 1884 unternahm er eine Studienreise, während der er in Gemeinschaft mit P. Dybwad einen im Stil der italienischen Renaissance gehaltenen Entwurf für das deutsche Reichsgerichtsgebäude in Leipzig anfertigte, der ihm bei der Konkurrenz im März 1885 den ersten Preis und die Ausführung eintrug. Das imposante Gebäude wurde 1895 auf Grund eines neuen, von ihm allein angefertigten Entwurfes unter seiner Leitung vollendet (s. Tafel »Leipziger Bauten III«). Im Frühjahr 1896 wurde er als Stadtbaurat nach Berlin berufen, wo er bald eine sehr umfassende Tätigkeit als Leiter des gesamten Hochbauwesens der Stadt entfaltete. Nach seinen Entwürfen, bei deren Gestaltung er nach größter Mannigfaltigkeit in der Wahl der Stilformen und in der Gruppierung strebte, wurden unter anderm ausgeführt: 8 Gemeindedoppelschulen, das vierte städtische Krankenhaus im Norden Berlins, das märkische Museum, 3 Volksbadeanstalten, das Kinderasyl, die Handwerkerschule am Stralauer Platz, die Feuerwache und das Standesamt an der Fischerbrücke, das neue Verwaltungsgebäude (zweite Rathaus), mehrere Brücken und das Irrenhaus und die Lungenheilstätte in Buch bei Berlin. Er gab heraus: »Neubauten der Stadt Berlin« (Berl. 1903, 2 Bde.).

26) Friedrich Eduard, Industrieller, geb. 18. Okt. 1818 in Gröningen bei Halberstadt, gest. 3. Dez. 1900 in Berlin, trat 1838 ins Baufach, war 1841–1857 beim Eisenbahnbau tätig, beschäftigte sich aber seit 1840 mit der Idee eines Ringofens zum Brennen von Ziegeln etc. und gelangte 1857 zu einer brauchbaren Konstruktion, die einen der wichtigsten Fortschritte der Tonwarenindustrie repräsentiert. In den 1860er Jahren konstruierte H. eine pneumatische Mühle und einen hydraulischen Bagger, und Ende der 1870er Jahre richtete er ein System von Winkelschienen für Eisenbahnen mit doppelt und breit geflanschten Rädern zunächst für Arbeitsbahnen ein. H. gründete mit Büsscher Fabriken wasserdichter Baumaterialien in Eberswalde, Halle a. S., Mariaschein in Böhmen und Straßburg i. E.; er war Besitzer der Siegersdorfer Werke, der Braunkohlengrube Viktoria, Brikettfabrik und Ziegelei bei Großräschen in der Niederlausitz, der Kronziegelei Bellin bei Ückermünde und der Schwarzen Hütte bei Osterode a. H. Mit Türrschmiedt gründete H. 1865 den Deutschen Verein für Fabrikation von Ziegeln, Kalk und Zement, dessen Vorsitzender er bis 1880 war, in welchem Jahr er den Ziegler- und Kalkbrennerverein ins Leben rief. Für und mit diesen Vereinen gab er seit 1865 das »Notizblatt« und seit 1869 die »Töpfer- und Zieglerzeitung« heraus, auch unterhielt er ein Laboratorium und ein Ingenieurbureau für alle das Ziegel-, Kalk-, Gips- und Zementfach berührenden Aufgaben.

27) Gustav, Liederkomponist, s. Graben-Hoffmann.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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