- Lungenödēm
Lungenödēm (Stickfluß, Oedema s. Hydrops pulmonum, Catarrhus suffocativus), Ausscheidung reichlicher seröser Flüssigkeit in die Lungenbläschen, indem aus den Haargefäßen der Lungen Blutwasser austritt. L. ist in den meisten Fällen eine Teilerscheinung des Sterbens; es tritt ein, weil der Mensch stirbt. Der Hergang ist dann derart, daß durch Erlahmung des linken Herzens bei relativer Leistungsfähigkeit des rechten das Blut sich in den Lungengefäßen anhäuft und diese durchlässig werden. Dies findet sich besonders in den letzten Stadien schwerer Herzfehler. Oft ist das L. auch mit entzündlichen Erscheinungen verbunden, dann finden sich in dem ausgeschwitzten Serum reichlich die abgestoßenen Epithelzellen der Lungenbläschen. Dies findet sich besonders bei schon vorhandener Lungenentzündung, oft auch bei tuberkulösen Erkrankungen. Als selbständigere Krankheitserscheinung kommt L. bei Nierenentzündungen vor, indem dabei wie bei andern Gefäßgebieten, so auch in den Lungengefäßen eine Neigung zu wassersüchtigen Ausschwitzungen bestehen kann, was vielleicht auf abnormer Durchlässigkeit der Gefäßwand infolge einer Ernährungsstörung beruht. Das L. ist in jedem Fall ein Vorbote der eintretenden Herzlähmung, also stets ein äußerst bedenkliches Symptom. Das Zeichen des Lungenödems ist ein feuchtes, zuerst feinblasiges (stridor), dann grobblasiges Rasseln (stertor), das man auch ohne Auflegen des Ohres aus einiger Entfernung beim Atmen des Kranken vernimmt. Gleichzeitig wird der Gasaustausch durch den Austritt von Wasser in die Lungenbläschen verhindert, es entsteht Blaufärbung (Cyanose), Schläfrigkeit, Bewußtlosigkeit, kurz, die Folgen der Kohlensäurevergiftung. Häufig tritt die schäumige, rötliche Flüssigkeit in die obern Luftwege und kommt vor dem Mund und aus der Nase zum Vorschein. Die Behandlung ist selten von Erfolg. Bei kräftigen Personen sind ausgiebige Aderlässe empfehlenswert; bei herabgekommenen Kranken dagegen sind starke Reizmittel, große Senfteige auf die Brust, Glühwein, Champagner, Äther und Moschus am Platz. Das L. wird populär auch als Lungenlähmung bezeichnet.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.