Kaufmännische Vereine

Kaufmännische Vereine

Kaufmännische Vereine, Vereinigungen von Kaufleuten, besonders von Handlungsgehilfen, die sowohl den Berufsinteressen als allgemeinen Bildungszwecken dienen. Die kaufmännischen Vereine, als deren ältester wohl der Verein junger Kaufleute in Stettin (gegründet 1687) angesehen werden darf, haben in Deutschland heute große Verbreitung. Die bedeutendsten sind: der Verein für Handlungskommis in Hamburg (gegründet 1858) mit (Ende 1903) 69,082 Mitgliedern und 265,327 Mk. Vermögen; der Verband deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig (1881) mit (Ende 1903) 62,438 Mitgliedern und 121,346 Mk. Vermögen; der Kaufmännische Verein in Frankfurt a. M. mit (Ende 1903) 15,174 Mitgliedern und 168,630 Mk. Vermögen; der Verein Merkur, Kaufmännischer Verein in Nürnberg, gegründet 1861, mit (Ende 1904) 5567 Mitgliedern und 145,403 Mk. Vermögen; der Kaufmännische Hilfsverein und der Verein junger Kaufleute in Berlin, der Verband reisender Kaufleute in Leipzig, der Verein deutscher Kaufleute in Berlin, der Verband der katholischen kaufmännischen Vereinigungen Deutschlands in Essen, der (antisemitische) Deutsch-nationale Handlungsgehilfen-Verband in Hamburg mit ca. 46,000 Mitgliedern u. a. In letzter Zeit sind auch Vereine für weibliche Handlungsgehilfen in mehreren großen Städten entstanden, von denen der Kaufmännische Verband für weibliche Angestellte mit dem Sitz in Berlin und (Ende 1903) 16,474 Mitgliedern und rund 100,000 Mk. Vermögen der bedeutendste ist. Die Haupttätigkeit dieser und der andern kaufmännischen Vereine ist die Stellenvermittelung. Die Zahl der jährlich durch dieselben vermittelten Stellen beträgt 15–16,000, von denen relativ am meisten auf den Hamburger Verein entfallen. Zu ihrem Wirkungskreis gehört ferner die Gewährung von Unterstützungen, namentlich bei Stellenlosigkeit, die Errichtung von Kranken-, Witwen- und Pensionskassen. Auch in dieser Beziehung leistet der Hamburger Verein sehr viel; seine Pensionskasse mit Invaliden-, Alters-, Witwen- und Waisenversorgung hatte Ende 1903 über 8100 Versicherungen und 8,5 Mill. Mk. Kassavermögen. Aber auch kleinere Vereine leisten Anerkennenswertes; so hat der Verein junger Kaufleute von Berlin mit 4903 Mitgliedern und einem Vereinsvermögen von 345,467 Mk. bis Ende 1903 über 833,487 Mk. Unterstützungen ausbezahlt. Neben diesen Zwecken dienen die kaufmännischen Vereine der Pflege des gesellschaftlichen Lebens und der Förderung kaufmännischer und allgemeiner Bildung durch Bibliotheken, Zeitschriften, Unterrichtskurse, Vorträge, Vorlesungen etc. Gerade diese letztere Tätigkeit veranlaßte eine allgemeine Organisation der kaufmännischen Vereine, indem 1876 sechs k. V. einen Mitteldeutschen Verband für öffentliche Vorträge gründeten, aus dem 1879 ein Deutscher Verband von Vereinen für öffentliche Vorträge, 1890 ein Deutscher Vortragsverband wurde. Im Januar 1905 gehörten dem Verband 250 Vereine an mit über 125,000 Mitgliedern. Verbandsvorsteher ist seit 1876 Edmund Lotz in Koburg. Der Verband hält regelmäßige jährliche Hauptversammlungen ab, auf denen die Rednerliste für die nächstfolgende Vortragszeit (Oktober bis April) festgestellt wird. Seit 1889 hat sich zur Pflege gemeinsamer Interessen der kaufmännischen Vereine zunächst innerhalb des Vortragsverbandes eine kaufmännische Abteilung unter dem Namen Deutscher Verband kaufmännischer Vereine und wieder innerhalb dieser Abteilung 1890 eine freie Vereinigung unter dem Namen: Stellenvermittelungsbund kaufmännischer Vereine gebildet, die sich seit 1893 selbständig gemacht und ihren Sitz in Frankfurt a. M. haben. Der Zweck letzterer Vereinigung ist einheitliche Regelung des Stellenvermittelungswesens für junge Kaufleute, Erleichterung für Stellesuchende und Anbahnung nützlicher Beziehungen zu ausländischen kaufmännischen Körperschaften. Der Deutsche Verband kaufmännischer Vereine zählte im Januar 1905: 114 Vereine mit etwa 95,000 Mitgliedern. Eine ähnliche, wenn auch lange nicht so große Verbreitung und Bedeutung haben die kaufmännischen Vereine in Österreich und der Schweiz, während dieselben in England und in den romanischen Ländern nur von untergeordneter Bedeutung sind. Zeitschriften: »Verbandsblätter des Verbands deutscher Handlungsgehilfen« (Leipz.), »Handelsstand« (Organ des 1858er Vereins in Hamburg); »Kaufmännische Zeitung«, amtliches Organ des Deutschen Verbandes kaufmännischer Vereine, herausgegeben vom Kaufmännischen Verein in Frankfurt a. M.; »Süddeutscher Merkur«, Monatsblatt des Vereins Merkur, Kaufmännischen Vereins in Nürnberg und der ihm angeschlossenen kaufmännischen Vereine; »Deutsche Handelswacht«, Organ des deutschnationalen Handelsverbandes (Hamb.); »Zeitschrift für weibliche Handlungsgehilfen« (Berl.); »Kaufmännische Rundschau«, Organ des Verbandes deutscher Kaufleute (das.) u. a.; dann die Rundschreiben des Deutschen Vortragsverbandes und des Deutschen Verbandes kaufmännischer Vereine sowie die Jahresberichte der kaufmännischen Vereine.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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