- Karīben
Karīben (Karaïben), ein ehemals weitverbreitetes, kriegerisches Indianervolk, das vor der Ankunft der Europäer nicht bloß Haïti, die Kleinen Antillen oder Karibischen Inseln, sondern auch das südamerikanische Festland bis nach Zentralbrasilien hinein bewohnte und in zahlreiche Stämme mit verschiedenen Mundarten zerfiel. Gegenwärtig sind die K. in Westindien, bis auf kleine Reste in Trinidad, Dominica und St. Vincent, gänzlich ausgestorben; auf der Insel Roatan und in Truxillo an der Küste von Honduras leben mit Negern vielfach vermischte Abkömmlinge von K. (schwarze K.), die 1796 durch Engländer von der Insel St. Vincent dorthin gebracht wurden. Im nördlichen Venezuela wohnen die Kumanogoto, am Orinoko die Makarifari, in Guayana die Makusi, Kalina, Galibi, Rukuyenne u. a., endlich am Schingu weit getrennt von den übrigen Stämmen (nur die Apiaka am untern Tokantins bilden ein Bindeglied) die Bakairi und Nahuqua, als Reste der karibischen Urbevölkerung, die, wie man jetzt annimmt, vom Innern Brasiliens aus etwa zwei Jahrhunderte vor der Entdeckung Amerikas nach Norden zog. Die K. der Antillen waren zur Zeit des Kolumbus geschickte Seefahrer und Händler, die in Polygamie lebten und als Menschenfresser (Kannibalen) gefürchtet wurden. Die Frauen einiger Stämme sprechen eine von der der Männer verschiedene Sprache, wohl die von Völkern, die bis auf die Frauen von den K. vernichtet wurden. Vgl. Schomburgk, Reisen in Britisch-Guayana (Leipz. 1848); Martius, Beiträge zur Ethnographie Amerikas (das. 1867); Bréton, Grammaire caraïbe (1668; neuer Abdruck, Par. 1878) und Dictionnaire caraibe-français (Faksimileausgabe, Leipz. 1892); Crevaux, Grammaires et vocabulaires roucouyenne etc. (Par. 1882); »Vokabularien und Grammatiken der Kumanagoto«, hrsg. von Platzmann (Leipz. 1888, 5 Bde.); von den Steinen, Die Bakaïrisprache (das. 1892) und Unter den Naturvölkern Zentralbrasiliens (Berl. 1894).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.