Hostĭen

Hostĭen

Hostĭen (v. lat. hostĭa. »Sühnopfer«) sind kleine, runde, dünne, von ungesäuertem Weizenmehl gebackene Scheiben mit dem Sinnbilde des gekreuzigten Erlösers, deren man sich in der römisch-katholischen und lutherischen Kirche bei der Kommunion statt des Brotes bedient. In der katholischen Kirche wird der Brotverwandlungslehre zufolge dieselbe Anbetung, die dem höchsten Gott gebührt, auch der Hostie erwiesen, und es ist daher, wenn die Monstranz nach der Konsekration emporgehalten, oder wenn die Hostie über die Straße getragen wird, allgemeines Knien verordnet. Die geweihte Hostie wird in einer Kapsel (pyxis) von kostbarem Stoff aufbewahrt, und diese hat ihre Stelle im Ciborium (s. d.) oder in einem besondern Altar (altare sacramenti) an der rechten Seite von jenem (cornu evangelii). Die H. wurden erst im 12. Jahrh. eingeführt. Vgl. Abendmahl und Oblaten. Die H. geschändet, d. h. durchstochen, zerstoßen und zum Bluten gebracht zu haben, wurden vom 13. Jahrh. an bis in die Mitte des 16. die Juden beschuldigt. Sie wurden dieserhalb an vielen Orten verfolgt und ermordet, so 1298 unter Anführung Rindfleischs, eines fränkischen Edelmanns, in 146 fränkischen jüdischen Gemeinden, 1336–37 unter den Armledern am Rhein, im Elsaß, Schwaben, besonders in dem bayrischen Deggendorf, Franken, Böhmen und Österreich und selbst 1510 noch unter Kurfürst Joachim I. in Brandenburg. Die als »Wunderblut« und »Wundermilch« bezeichneten roten Flecke auf den H. sind, nachdem sie sich 1843 in einer Militärbäckerei in Paris häufiger zeigten, als Mikrokokken (Monas prodigiosa Ehrenb.) erkannt worden.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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