- Fresnels Spiegelversuch
Fresnels Spiegelversuch, ein Versuch, der den Beweis liefert, daß Licht, zu Licht hinzugefügt, unter Umständen Dunkelheit hervorbringt, und daß sonach das Licht nicht ein Stoff sein kann, wie man früher der Emanationstheorie zufolge annahm, sondern eine wellenartig fortschreitende Zustandsänderung des Äthers ist, wie die mechanische und die elektromagnetische Undulationstheorie verlangen. Von einem Lichtpunkt F (s. Abbildung), in dem Sonnenlicht durch eine Linse gesammelt wird, fallen die Lichtstrahlen auf zwei Spiegel AB und B C aus Metall oder schwarzem Glas, die unter einem sehr stumpfen Winkel zusammenstoßen. Von dem Spiegel A B werden die Strahlen so zurückgeworfen, als kämen sie von dem Punkt N, und von B C derart, als kämen sie von M. Betrachtet man nun die Punkte M und N als Ausgangspunkte zweier sich kreuzender Wellenzüge, deren Wellenberge in der Figur durch ausgezogene, deren Wellentäler durch punktierte Kreisbogen angedeutet sind, so wird in den Punkten h und k, wo zwei Wellenberge, und in dem Punkt u, wo zwei Wellentäler zusammentreffen, verstärkte Bewegung, in den Punkten p, s, t und r aber, wo je ein Wellenberg und ein Wellental sich durchkreuzen, Ruhe erzeugt. Was aber bei Wasserwellen Ruhe heißt, ist bei den Ätherwellen des Lichtes Dunkelheit. Stellt man sich daher das Licht als eine Wellenbewegung vor, so begreift man, daß auf einem bei p r aufgestellten Schirm abwechselnd helle u. dunkle Stellen oder vielmehr, da sich die Lichtwellen nicht nur kreisförmig in einer Ebene, sondern im rings vorhandenen Äther kugelförmig ausbreiten, abwechselnd helle und dunkle Streifen auftreten, die zur gemeinschaftlichen Kante B der beiden Spiegel parallel sind.
Ein solches Zusammenwirken zweier Wellensysteme wird Interferenz genannt. Die Entfernung zwischen zwei aufeinander folgenden Wellenbergen nennt man die Wellenlänge. Je länger die Lichtwellen sind, desto weiter müssen die dunkeln Streifen auf dem Schirm voneinander abstehen. Es zeigt sich nun, daß z. B. bei Anwendung von blauem Lichte die Streifen enger beisammenstehen als bei rotem Licht, woraus zu schließen ist, daß dem blauen Licht eine kleinere Wellenlänge zukommt als dem roten (vgl. Beugung des Lichtes). Macht man den Spiegelversuch mit weißem Lichte, das aus allen einfachen Farben gemischt ist, so erscheinen die Streifen auf dem Schirm nicht abwechselnd weiß und schwarz, sondern farbig gesäumt, weil wegen der Verschiedenheit der Wellenlängen die Streifen verschiedener Farben nicht auseinander fallen.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.