Eisjacht

Eisjacht

Eisjacht, Vorrichtung zum Segeln auf dem Eise. Man unterscheidet zwei Gruppen: bei der einen nimmt der Längsverband den Mast und das Steuer auf und besteht aus einem starken Balken, an dem die Läuferplanke fest verbolzt ist (Fig. 1); bei der zweiten Gruppe (Fig. 2) nimmt die Läuferplanke den Mast auf, und der Längsverband wird durch zwei oder mehrere Planken gebildet, während das Steuer sich im Schnittpunkte dieser Längsstücke befindet, die nach hinten spitz zusammenlaufen Der erste Typ ist meistens bei großen, der zweite bei kleinen Jachten gebräuchlich. Die Vorwärtsbewegung erfolgt auf drei Stahlkufen oder auf Holzkusen, die mit Eisen beschlagen sind. Von diesen Kufen befindet sich je eine links und eine rechts an der Läuferplanke, und zwar in einen Kufenkasten derart eingelassen, daß beide Kufen genau zueinander parallel stehen, aber jede seitliche Bewegung ausgeschlossen ist; dabei wird durch eine Auf- und Niederbewegung ermöglicht, daß die Kufen leichter über geringe Unebenheiten hinweggleiten, wodurch nicht nur starke Stöße, sondern auch eine seitliche Abtrift vermieden werden. Die Größe der Lauffläche der Kufen schwankt zwischen 30–60 cm, je nach Größe der Jacht; sie sind manchmal so scharf wie ein stumpfes Messer, manchmal stumpfer. Jedenfalls muß die Lauffläche so scharf sein, daß sie ein wenig in das Eis einschneidet, um ein seitliches Abtreiben der E. zu verhindern.

Fig. 1. Eisjacht. Grundriß und Seitenansicht.
Fig. 1. Eisjacht. Grundriß und Seitenansicht.

Bei hartem, schneefreiem Eis müssen die Kufen naturgemäß schärfer sein, wie bei weicherm Eis, während bei morschem Eis die Kufen Vorrichtungen haben müssen, um das zu weite Einsinken in das Eis zu verhindern. Daher führen diejenigen, die den größten Nutzeffekt beim Segeln erreichen wollen, scharfe und stumpfe Kufen bei größern Touren mit sich. Die dritte Kufe dient gleichzeitig als Steuer. Alle Größen und Arten von Takelage sind vertreten, doch führt man bei großen Jachten meistens Kutter-, bei mittlern Lateinertakelage, bei kleinern, den seit einiger Zeit so beliebt gewordenen zerlegbaren amerikanischen Eisjachten (Fig. 3, S. 572), Luggersegel.

Fig. 2. Eisjacht. Grundriß und Seitenansicht.
Fig. 2. Eisjacht. Grundriß und Seitenansicht.

Bei mittlerer Brise erreicht man 7–10 m in der Sekunde, bei strammer Brise liegt die E. schief wie ein Schiff, eine der vordern Kufen hoch in der Luft, und man erreicht Geschwindigkeiten, gegen die ein mäßig schnell fahrender Bahnzug nicht aufkommen kann. Die zerlegbare E. kann von zwei Personen bequem getragen und sehr schnell zusammengesetzt oder auseinander genommen werden. Der zusammengepackte Schlitten nimmt mit Segel und Spieren nur wenig Raum ein und läßt sich leicht auf der Bahn befördern. Besonders große Eisjachten werden in Rußland benutzt, die haben oft ein Gewicht von 20 Ztr. mit einer Besatzung von 10–12 Mann. Man kommt aber immer mehr von dem Bau großer Jachten ab, weil sie besonders starkes Eis erfordern. Am verbreitetsten ist der Eisjachtsport in Nordamerika.

Fig. 3. Eisjacht im Betrieb.
Fig. 3. Eisjacht im Betrieb.

Das Segeln erfolgt im allgemeinen in derselben Weise wie mit einem Boot, nur daß es einfacher ist, da man mit Abdrift und Wellenschlag nicht zu rechnen hat. Breite Risse im Eis müssen möglichst im rechten Winkel genommen werden, da sonst die Kufen leicht in die Spalten geraten, wobei die Jacht leicht umgeworfen und beschädigt werden kann. Um die Geschwindigkeit zu hemmen, geht man etwas vor den Wind, um erst bei verminderter Fahrt scharf anzuluven und in den Wind zu drehen. Das völlige Stoppen wird erreicht, wenn in diesem Moment das Steuer quer zur Fahrrichtung gedreht wird. Verankern kann man den Schlitten an einem ins Eis gehauenen Beil. Um ein zu Luv befindliches Ziel zu erreichen, ist es ratsam, nicht zu scharf beim Winde zu segeln. Dabei gilt der Grundsatz, daß die Schoten stets möglichst dicht geholt werden. Vgl. Schneider, Katechismus des Wintersports (Leipz. 1894).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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