- Urheberrecht
Das Gesetz trat am 1. Januar 1902 in Kraft und bezieht sich im einzelnen a) auf Schriftwerke und solche Vorträge oder Reden, die dem Zwecke der Erbauung, Belehrung oder Unterhaltung dienen, b) auf Werke der Tonkunst, c) auf Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art, die nicht ihrem Hauptzwecke nach als Kunstwerke zu betrachten sind, einschließlich plastischer Darstellungen. Als Urheber gilt grundsätzlich der Verfasser des Werkes, bei Übersetzungen der Übersetzer, bei sonstigen Bearbeitungen der Bearbeiter. Nach besondern Vorschriften bestimmt sich der Urheber bei Werken, die juristische Personen herausgeben, bei Sammelwerken und bei Werken, die aus untrennbarer Tätigkeit mehrerer entsprangen. Bei Werken, die nicht unter dem wahren Namen des Verfassers oder ohne Namen des Verfassers erschienen sind, gilt der Herausgeber, eventuell der Verleger als Urheber. Bei Werken, die vor oder nach dem Erscheinen öffentlich aufgeführt oder vorgetragen sind, wird vermutet, daß Urheber sei, wer bei der Ankündigung der Aufführung oder des Vortrags als Verfasser bezeichnet wurde.
Inhalt und Umfang des Urheberrechts. A. Für alle unter das Gesetz fallenden Werke gilt, daß der Urheber 1) unbedingt das ausschließliche Recht hat a) der Vervielfältigung, b) der gewerbsmäßigen Verbreitung, 2) wenn der wesentliche Inhalt seines Werkes noch nicht öffentlich mitgeteilt ist, das ausschließliche Recht zu dieser Mitteilung hat; also z.B. zur Mitteilung des Inhalts eines noch nicht gedruckten Romans, eines nur im Manuskript vorhandenen, noch nicht öffentlich aufgeführten Dramas in einer Zeitung. B. Der Urheber eines Bühnenwerkes oder eines Werkes der Tonkunst hat noch das ausschließliche Recht der öffentlichen Aufführung. C. Der Urheber eines noch nicht im Verlag herausgegebenen (noch nicht erschienenen) Schriftwerkes (einschließlich Vorträge) das ausschließliche Recht des öffentlichen Vortrages. Die ausschließlichen Befugnisse an dem Werk erstrecken sich auch auf Bearbeitungen desselben, insbesondere auf a) die Übersetzung in eine andre Sprache oder Mundart, b) die Rückübersetzung in die Sprache des Originalwerkes, c) Wiedergabe einer Erzählung in dramatischer Form oder eines Bühnenwerkes in der Form der Erzählung, d) die Herstellung von Auszügen aus Werken der Tonkunst sowie von Einrichtungen solcher Stücke für einzelne oder mehrere Instrumente oder Stimmen. Anderseits sind die ausschließlichen Rechte des Urhebers im Interesse der Allgemeinheit eingeschränkt. Es bestehen gesetzliche Ausnahmen hiervon. Die hauptsächlichsten sind:
1) Die freie Benutzung eines jeden Werkes ist zu lässig, wenn dadurch eine eigentümliche Schöpfung hervorgebracht wird, jedoch ist bei Tonwerken jede Benutzung unzulässig, durch welche die Melodie erkennbar dem Werke entnommen und einer neuen Arbeit zugrunde gelegt wird.
2) Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch ist ohne Einwilligung des Berechtigten zulässig, wenn sie nicht den Zweck hat, aus dem Werk eine Einnahme zu erzielen.
3) Zulässig ist der Abdruck von Gesetzbüchern, Gesetzen, Verordnungen, amtlichen Erlassen und Entscheidungen sowie von andern zum amtlichen Gebrauche hergestellten amtlichen Schriften.
4) Zulässig ist die Wiedergabe eines Vortrages oder einer Rede in Zeitungen oder Zeitschriften, sofern Vortrag oder Rede Bestandteil einer öffentlichen Verhandlung ist, die Vervielfältigung von Reden oder Vorträgen, die bei Verhandlungen der Gerichte, der politischen, kommunalen, kirchlichen Vertretungen gehalten werden.
5) Aus Zeitungen können die Artikel abgedruckt werden, die nicht mit einem Vorbehalt versehen sind, jedoch nur unter deutlicher Angabe der Quelle und ohne Entstellung des Sinnes. Mit dieser Einschränkung sind also sogar Änderungen zulässig. Die Unterlassung der Quellenangabe wird auf Antrag mit Geld bis zu 150 Mk. bestraft. Der Abdruck vermischter Nachrichten tatsächlichen Inhalts und von Tagesneuigkeiten bleibt ohne Quellenangabe gestattet. Abdruck von Ausarbeitungen wissenschaftlichen, technischen oder unterhaltenden Inhalts ist, auch wenn Vorbehalt der Rechte fehlt, unzulässig.
6) Die Benutzung fremder Werke bei Herstellung von Schulbüchern, Anthologien, Kommersbüchern ist unter Voraussetzung deutlicher Quellenangabe wie folgt freigegeben: a) zulässig ist die Aufnahme einzelner Aufsätze von geringem Umfang, einzelner Gedichte oder kleinerer Teile eines Schriftwerkes nach dem Erscheinen in eine Sammlung, die Werke einer größern Anzahl von Schriftstellern vereinigt und ihrer Beschaffenheit nach für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch oder zu einem eigentümlichen literarischen Zweck (Kommersbuch, Anthologie) bestimmt ist. Bei einer Sammlung zu einem eigentümlich literarischen Zweck bedarf es, solange der Urheber lebt, seiner persönlichen Einwilligung, die als erteilt gilt, wenn der Urheber nicht innerhalb eines Monats nach Mitteilung Widerspruch erhebt. Bei Sammlungen für den Schulgebrauch sind Änderungen erlaubt, jedoch, solange der Urheber lebt, nur mit seiner persönlichen Einwilligung. b) Kleinere Kompositionen dürfen in eine Sammlung, die Werke einer größern Zahl von Komponisten vereinigt, aufgenommen werden, wenn die Sammlung ihrer Beschaffenheit nach für den Unterricht in Schulen, mit Ausschluß der Musikschulen, bestimmt ist.
7) Die Vervielfältigung von Tonwerken durch mechanische Musikwerke ist unter Bedingung deutlicher Quellenangabe erlaubt; jedoch nicht durch auswechselbare Bestandteile, die für Instrumente verwendbar sind, durch die das Werk hinsichtlich der Stärke und Dauer des Tones und hinsichtlich des Zeitmaßes nach Art eines persönlichen Vortrages wie dergegeben werden kann. Im übrigen ist die Wiedergabe auf auswechselbaren Vorrichtungen, die gesondert verkäuflich sind und abwechselnd in das Spielwerk eingesetzt werden können (Notenscheiben, Notenbänder etc.), erlaubt, was bisher nicht der Fall war. Auch die Berner Konvention gestattet nur Wiedergabe auf Instrumenten, bei denen die Walzen oder die sonstigen das Musikstück wiedergebenden Teile fest eingefügt sind (Spieldosen, Leierkasten).
8) Soweit nach vorstehenden Ziffern Vervielfältigung zulässig ist, ist auch die Verbreitung, die öffentliche Aufführung sowie der öffentliche Vortrag zulässig. Darüber hinaus gilt für öffentliche Aufführungen von Tonwerken (mit Ausnahme von bühnenmäßigen Aufführungen von Opern oder von Tonwerken mit Text) folgendes: Sie sind ohne Einwilligung des Berechtigten zulässig, a) wenn die Aufführung keinem gewerblichen Zweck dient und die Hörer ohne Entgelt zugelassen werden, b) bei Volksfesten, mit Ausnahme der Musikfeste, c) wenn der Ertrag ausschließlich für wohltätige Zwecke bestimmt ist und die Mitwirkenden keine Vergütung erhalten, d) wenn sie von Vereinen veranstaltet werden und nur die Mitglieder sowie die zu ihrem Hausstande gehörigen Personen als Hörer zugelassen werden.
Schutz. Die Schutzfrist beträgt vom Tode des Urhebers ab noch 30 Jahre, und auch dann endigt sie noch nicht, wenn seit der ersten Veröffentlichung des Werkes noch nicht zehn Jahre abgelaufen sind. Die 30jährige Schutzfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Urheber verstarb. Die im Interesse der Möglichkeit einer deutschen Tantiemenanstalt von der Regierung vorgeschlagene Erstreckung der Schutzfrist für öffentliche Aufführungen auf 50 Jahre scheiterte an dem Widerstande des Reichstages, der darin eine zu große Beeinträchtigung der Interessen der Allgemeinheit sah. Vgl. Tantieme.
Reichsangehörige genießen den Schlitz für alle ihre Werke, mögen diese (im Verlag) erschienen sein oder nicht und ohne Rücksicht darauf, ob sie im Inland oder im Ausland erschienen sind. Dagegen sind Ausländer nur für Werke geschützt, die sie im Inland und nicht an einem frühern Tag im Ausland erscheinen lassen.
Übertragung. Das Urheberrecht kann ganz oder beschränkt (a. auf einzelne Befugnisse [z.B. Aufführung, aber nicht Abdruck, oder nur Vervielfältigung und Verbreitung = Verlagsrecht]; b. auf ein bestimmtes Gebiet) auf andre übertragen werden. Der wichtigste Fall der Übertragung des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechtes ist der Abschluß eines Verlagsvertrages (s. Verlagsrecht). Im Falle der Übertragung hat der Erwerber, sofern nicht ein andres vereinbart ist, nicht das Recht, an dem Werke Änderungen vorzunehmen, ausgenommen Änderungen, für die der Berechtigte nach Treu und Glauben im Verkehr seine Einwilligung nicht versagen kann (z.B. Umänderung nach der Richtung der Zeitung, in die das Werk, der Artikel, aufgenommen werden soll). Bei Übertragung des Urheberrechts verbleiben, soweit nicht ein andres vereinbart, dem Urheber seine ausschließlichen Befugnisse (auf Vervielfältigung etc.): 1) für die Übersetzung eines Werkes in eine andre Sprache oder Mundart, 2) für Wiedergabe einer Erzählung in dramatischer Form oder eines Bühnenwerkes in der Form einer Erzählung; 3) für Bearbeitung eines Werkes der Tonkunst, soweit sie nicht bloß ein Auszug oder eine Übertragung in eine andre Tonart oder Stimmlage ist. Der Verleger erwirbt also z.B. ohne besondere Vereinbarung nicht das Recht, ein für eine Singstimme mit Klavierbegleitung komponiertes Lied für Orchesterbegleitung einzurichten. Das Recht kann der Urheber also einem andern Verleger übertragen. Will der Verleger dies hindern, so muß er dies Recht ausdrücklich hinzuerwerben.
Vgl. die Kommentare zum Gesetz vom 19. Juni 1901 von Kuhlenbeck (Leipz. 1901), E. Müller (Münch. 1901), Voigtländer (Leipz. 1901), Allfeld (Münch. 1902), Stenglein (3. Aufl., Berl. 1903), Lindemann (Textausgabe mit Anmerkungen, 2. Aufl., das. 1907).
II. Gesetz vom 9. Januar 1907, betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie.
Das Gesetz, kurzweg Kunstschutzgesetz genannt, trat am 1. Juli 1907 in Kraft.
Subjekt des Urheberrechts ist der Urheber, d.h. derjenige, aus dessen geistiger Tätigkeit das Werk entstanden ist. Für die Fälle, in denen juristische Personen des öffentlichen Rechts als Herausgeber ein Werk erscheinen lassen (§ 5), für Sammelwerke (§ 6), für die Fälle, in denen ein Werk der bildenden Künste mit einem Werke der Photographie oder ein Werk der Photographie mit einem Werke der Literatur oder der Tonkunst oder mit einem geschützten Muster verbunden ist (§ 7), sowie für Werke, die ihre Entstehung der Mitwirkung mehrerer Personen verdanken (§ 8), sind über die Urheberschaft besondere Bestimmungen getroffen, und im § 9 ist unter gewissen Voraussetzungen eine Rechtsvermutung der Urheberschaft geschaffen.
Der Schutz des Gesetzes steht Reichsangehörigen zu für alle ihre Werke, gleichviel ob und wo sie erschienen sind, d.h. im Verlags- oder Kunsthandel vertrieben werden (§ 51, Abs. 1); Ausländer, d.h. Nichtreichsangehörige, haben auf diesen Schutz nur Anspruch für diejenigen Werke, die sie im Inlande und nicht an einem frühern Tage im Auslande haben erscheinen lassen (§ 51, Abs. 2). Der Schutz des Urheberrechts an Werken der bildenden Künste endigt 30 Jahre nach dem Tode des Urhebers, der Schutz des Urheberrechts an Werken der Photographie 10 Jahre nach Erscheinen, bez. 10 Jahre nach dem Tode des Urhebers (§ 25 u. 26). Die Verletzungen seines Urheberrechtes kann der Urheber im Wege des Zivilprozesses oder im Strafverfahren verfolgen. Zum Schadenersatz verpflichtet jeder vorsätzliche oder fahrlässige Eingriff; strafrechtliche Verfolgung kann dagegen nur eintreten, wenn ein Werk ohne Einwilligung des Berechtigten vorsätzlich vervielfältigt, gewerbsmäßig verbreitet oder gewerbsmäßig mittels mechanischer oder optischer Einrichtung vorgeführt worden ist (§ 31 u. 32). Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein, dessen Zurücknahme zulässig ist (§ 41). Die widerrechtlich hergestellten, verbreiteten oder vorgeführten Nachbildungsexemplare sowie die zur widerrechtlichen Vervielfältigung oder Vorführung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen unterliegen, soweit sie sich im Eigentum der an der Herstellung etc. Beteiligten wie der Erben dieser Personen befinden, der Vernichtung, auch wenn die Herstellung etc. weder vorsätzlich noch fahrlässig erfolgt ist. Statt der Vernichtung kann der Verletzte die Herausgabe der Exemplare und Vorrichtungen gegen Vergütung verlangen (§ 37 u. 38). Der Anspruch auf Schadenersatz und Strafverfolgung verjähren in drei Jahren (§ 47 u. 48). Die Zwangsvollstreckung in das Recht des Urhebers findet gegen den Urheber selbst ohne dessen Einwilligung nicht statt, gegen seine Erben ist sie ohne deren Einwilligung nur zulässig, wenn das Werk oder eine Vervielfältigung davon erschienen ist (§ 44).
Gegenstand des Schutzes sind die Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst, soweit diese letztern künstlerische Zwecke verfolgen, die Erzeugnisse des Kunstgewerbes (Werke der angewandten Kunst), die Werke der Photographie und die durch ein der Photographie ähnliches Verfahren hergestellten Werke sowie die Entwürfe für Erzeugnisse des Kunstgewerbes und für Bauwerke der vorbezeichneten Art (§ 1–3).
Die Rechte des Urhebers bestehen in der ausschließlichen Befugnis, das von ihm geschaffene Werk zu vervielfältigen, gewerbsmäßig zu verbreiten und gewerbsmäßig mittels mechanischer oder optischer Einrichtungen vorzuführen. Als Vervielfältigung gilt auch die Nachbildung, bei Bauwerken und Entwürfen für Bauwerke auch das Nachbauen (§ 15, Abs. 1). Auch wer durch Nachbildung eines bereits vorhandenen Werkes ein andres Werk der bildenden Künste oder der Photographie hervorbringt, hat die vorstehend angegebenen Urheberbefugnisse, jedoch darf er dieselben, sofern der Urheber des Originalwerkes gleichfalls Schutz genießt, nur mit dessen Einwilligung ausüben (§ 15, Abs. 2). Einschränkungen dieser Befugnisse des Urhebers hat das Gesetz zugelassen bezüglich der unentgeltlichen Vervielfältigung zum eignen Gebrauch (§ 18), der Aufnahme einzelner bereits erschienener oder bleibend öffentlich aufgestellter Werke in eine selbständige wissenschaftliche Arbeit oder in ein für den Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmtes Schriftwerk (§ 19) sowie unter gewissen Einschränkungen bezüglich der Vervielfältigung von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden (§ 20); Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten oder, wenn er gestorben, seiner nächsten Angehörigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden (§ 22); hiervon sind jedoch verschiedene durch Interessen der Zeitgeschichte, der Kunst und der Rechtspflege und öffentlichen Sicherheit gebotene Ausnahmen zugelassen (§ 23 u. 24). Das Recht des Urhebers kann beschränkt oder unbeschränkt, durch Vertrag oder von Todes wegen auf andre übertragen werden; nach dem Tode des Urhebers geht es auf die Erben über (§ 10).
Sachverständigenkammern, die in sämtlichen Bundesstaaten zu errichten sind, haben auf Erfordern der Gerichte und Staatsanwaltschaften Gutachten über einschlägige technische Fragen abzugeben. Auf Anrufen der Beteiligten haben sie als Schiedsgericht über Schadenersatzansprüche, über Vernichtung, bez. Übernahme von solchen Exemplaren zu entscheiden, die gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes hergestellt werden (§ 46). Vgl. die Kommentare zum Gesetz vom 9. Jan. 1907 von E. Müller (Münch. 1907), Osterrieth (Berl. 1907), Allfeld (Münch. 1908), Kohler (Stuttg. 1908); Textausgaben mit Anmerkungen von Daude (Stuttg. 1907) und Fuld (das. 1907).
Von einer gesetzlichen Regelung des Verlagsrechts bei Werken der bildenden Künste und der Photographie wurde wegen der großen Verschiedenheit der Verhältnisse Abstand genommen.
III. Osterreichisches Urheberrecht.
Für Österreich wird das Urheberrecht an Werken der Literatur, Kunst und Photographie durch das Gesetz vom 26. Dez. 1895 (für Ungarn durch den Gesetzartikel 16 von 1884) geregelt. Geschützt sind Werke der Literatur, Kunst und Photographie, die im Inland erschienen sind, solche, deren Urheber österreichische Staatsbürger sind, unabhängig nicht nur von dem Orte des Erscheinens, sondern auch von dem Erscheinen selbst, Werke von Ausländern, die im Deutschen Reich erschienen sind, nicht erschienene Werke deutscher Staatsangehöriger (auf die Zeitdauer des Schutzes im Deutschen Reich beschränkt) und andre Werke nach Inhalt besonderer Staatsverträge (§ 1 u. 2); § 4 und 5 bestimmen die Werke, die als solche der Literatur oder Kunst im Sinne des Gesetzes anzusehen sind; § 6 normiert Tag und Ort des Erscheinens eines Werkes; § 7–13 bestimmen, wem das Urheberrecht zusteht, insbes. bei gemeinschaftlich hergestellten Werken (eventuell doppeltes Urheberrecht), bei anonymen und pseudonymen Werken (bei solchen hat der Herausgeber oder Verleger die Rechte des Urhebers wahrzunehmen), bei gewerbsmäßig hergestellten Photographien, bei Porträten, bei Photographieporträten. An die Bestimmungen über den Übergang des Urheberrechts im Erb- und Vertragswege (§ 15 u. 16) schließen sich Auslegungsnormen, nach denen die entgeltliche (nicht aber die unentgeltliche) Überlassung des Eigentums an einem Werke der Literatur oder Tonkunst zugleich ist Übertragung des Urheberrechts, während in der entgeltlichen (oder unentgeltlichen) Überlassung des Eigentumsrechts eines Werkes der bildenden Künste oder der Photographie Übertragung des Nachbildungs- oder Vervielfältigungsrechts nicht enthalten ist (§ 17 u. 18). Das dem Urheber oder seinen Erben noch zustehende Urheberrecht kann nicht in Zwangsvollstreckung gezogen werden, auch nicht sicherstellungsweise (§ 14). § 20 bestimmt den Rückfall des überlassenen Urheberrechts an den Autor, wenn Herausgabe oder öffentliche Aufführung des Werkes innerhalb dreier Jahre nicht erfolgte. § 21 erklärt jede ohne Zustimmung des Urhebers, Rechtsnachfolgers oder Vertreters von einem Dritten getroffene, dem Urheber vorbehaltene Verfügung über das Werk als Eingriff. Vom Entschädigungsanspruch wegen Titelmißbrauchs (oder sonstige Nachahmung der äußern Erscheinung) eines früher erschienenen Werkes handelt § 22. Der Inhalt des Urheberrechts wird im Gesetz besonders behandelt für Werke der Literatur (ausschließliches Recht, das Werk zu veröffentlichen, zu vervielfältigen, zu vertreiben, zu übersetzen, bei Bühnenwerken auch noch öffentlich aufzuführen) § 23–30, für Werke der Tonkunst § 31–36, für Werke der bildenden Künste § 37–39 und für Werke der Photographie § 40–42; bei jeder einzelnen Gattung von Werken wird hervorgehoben, was als Eingriff in das Urheberrecht (Nachdruck), insbesondere bez. Übersetzungen anzusehen ist. Daraus ist hervorzuheben, daß bei Bühnenwerken durch öffentliche Aufführung (auch einer rechtswidrigen Bearbeitung oder Übersetzung), auch wenn ein Vorbehalt des Rechtes zur öffentlichen Aufführung bei Erscheinen des Werkes nicht ausgesprochen war, ein Eingriff begangen wird, daß dagegen bei andern Tonwerken deren öffentliche Aufführung nur dann einen Eingriff bildet, wenn sie vor Herausgabe des Werkes erfolgte, oder wenn sich bei derselben der Autor das Aufführungsrecht ausdrücklich vorbehalten hat. Die Bestimmungen der § 43–50 über die hinsichtlich der Dauer der Urheberrechte maßgebenden Grundsätze sowie die der § 51–63 über den straf- und zivilrechtlichen Schutz der Urheberrechte stimmen im wesentlichen überein mit den Normen der oben erörterten Reichsgesetze (Ausdehnung des Schutzes für Werke der Photographie auf 10 Jahre). Literatur s. im Artikel ›Urheberrecht‹, S. 960.
IV. Internationales gewerbliches Urheberrecht.
Die Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Union internationale pour la Protection de la propriété industrielle) vom 20. März 1883 hat zum Inhalte den Grundsatz, daß jeder Vertragsstaat den Angehörigen jedes andern Verbandsstaates denselben Schutz in bezug auf gewerbliches Urheberrecht (Patent-, Marken- und Musterschutz) gewährt, wie seinen eignen Staatsangehörigen. Jeder Erfinder kann in jedem Verbandsstaat unter den gleichen Voraussetzungen wie die Inländer Erteilung des Patents verlangen (vgl. Patent, S. 498); das im Ursprungsland eingetragene Warenzeichen genießt in jedem Verbandsstaat Rechtsschutz, und dasselbe ist hinsichtlich der Handelsfirma der Fall. Die Konvention wurde durch die Brüsseler Zusatzakte vom 14. Dez. 1900 abgeändert, um dieselbe den Patentgesetzgebungen der Großstaaten, die ihr bisher nicht beigetreten waren, anzupassen. Es ist dadurch eine größere Ausgleichung der Verschiedenheiten der nationalen Gesetzgebungen über gewerbliches Urheberrecht herbeigeführt. Die Unterschiede bezogen sich insbes. auf die sogen. Prioritätsfrist (das sogen. Prioritätsrecht, s. Patent) und den Ausführungszwang bei Patenten.
Was die Prioritätsfrist anlangt, so hat nach der Übereinkunft derjenige, der in einem Staat ein Patent angemeldet hat, das Recht, binnen bestimmter Frist das Patent auch in den andern Staaten mit der Wirkung anzumelden, daß der Schutzerteilung inzwischen von andrer Seite erfolgte Veröffentlichungen, Anmeldungen etc. nicht vorgehen. Diese Frist betrug bisher sechs Monate, nach der Brüsseler Zusatzakte ist sie auf zwölf Monate erstreckt. Die erste Frist hatte für deutsche Verhältnisse nicht genügt, weil das Vorprüfungsverfahren bei uns durchschnittlich sieben Monate in Anspruch nimmt. Die Prioritätsfrist wäre also abgelaufen gewesen, ehe sich derjenige, der in Deutschland seine Erfindung anmeldete, schlüssig machen konnte, ob er seine Erfindung auch in andern Staaten anmelden sollte. Denn dazu konnte er sich doch erst entschließen, wenn seine Erfindung in Deutschland für schutzfähig erklärt war. Bezüglich des Ausführungszwanges verlangte der Unionsvertrag von 1883, daß der Erfinder in jedem Staate, in dem er Patentschutz erwarb, auch das Patent ausführe, also Fabriken errichte; das Erwerbsleben jedes Landes, das Schutz gewähre, solle auch an dem Nutzen der Neuerung durch praktische Ausführung der Erfindung in ihm Anteil haben. Dies widersprach den Interessen der deutschen Ausfuhrindustrie. Es gelang eine Abänderung dahin, daß der Ausfühführungszwang erst drei Jahre nach der Anmeldung des Patents in dem betreffenden Lande eintrete, aber auch dann noch Umstände, die eine Nichtausführung nach billigem Ermessen zu rechtfertigen geeignet sind, berücksichtigt werden. Die ersten drei Jahre nach Anmeldung in dem einzelnen Lande des Schutzes besteht somit gar kein Ausführungszwang, lange genug, um die Brauchbarkeit und Absatzfähigkeit der Erfindung zu erproben und davon abhängig zu machen, ob man das Patent überall ausführen wolle.
Auf Grund dieser Abänderungen haben sich das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn und Luxemburg bereit erklärt, der Union beizutreten. Der Beitritt erfolgt, sobald die Zusatzakte vom 14. Dez. 1900 von allen bisherigen Verbandsländern ratifiziert ist. Bisherige Verbandsländer sind Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutsches Reich (seit 21. März 1903), Dominikanische Republik, Vereinigte Staaten von Nordamerika, Frankreich mit Algerien und Kolonien, Großbritannien mit Neuseeland und Queensland, Italien, Japan, Norwegen, Niederlande mit Niederländisch-Indien, Surinam und Curassao, Portugal mit Azoren und Madeira, Serbien, Schweden, Schweiz, Spanien (seit 22. Jan. 1903) und Tunis. Die Union für Schutz des gewerblichen Eigentums unterhält in Bern ein mit dem Zentralamte der Berner Literarkonvention (s. unter V) vereinigtes ›Internationales Bureau des Verbandes zum Schütze des gewerblichen Eigentums‹, das seit 1887 die Monatsschrift ›La propriété industrielle‹ herausgibt und alle Auskünfte über gewerblichen Urheberrechtsschutz erteilt. Die Union ward erstmals 14. April 1891 in Madrid revidiert. Das genannte Bureau gibt den ›Recueil général de la législation et des traités concernant la propriété industrielle‹ heraus, eine Sammlung aller Gesetze und Verordnungen sämtlicher Staaten der Welt sowie der internationalen Verträge auf dem Gebiete der Erfindungspatente, der gewerblichen Muster und Modelle, der Warenzeichen, des Firmenrechts, des unlautern Wettbewerbs und der widerrechtlichen Aneignung gewerblicher Auszeichnungen.
Sonderverträge zum Schutze des gewerblichen Urheberrechts hat Deutschland mit folgenden (sämtlich der Pariser Übereinkunft angehörigen) Staaten abgeschlossen: Österreich-Ungarn (6. Dez. 1891), Italien (18. Jan. 1892), Schweiz (13. April 1892) und Serbien (21./9. Aug. 1892).
V. Internationales literarisches und artistisches Urheberrecht.
Der Schutz ausländischer Urheber erfolgt 1) zum Teil ohne vertragsmäßige Pflicht, indem ein Staat durch seine autonomen Urheberrechtsgesetze ausländischen Urheberrechten Schutz gewährt, 2) regelmäßig auf Grund von Staatsverträgen. Letztere beruhen auf dem Grundgedanken, daß ausländische Werke, wie inländische, schon geschützt sein sollen, wenn sie nur die Bedingungen und Förmlichkeiten, die ihr Heimatsstaat fordert, erfüllt haben. Es setzt dies möglichst übereinstimmende Gesetzgebungen voraus. Die Verträge sind entweder Sonderverträge, d.h. nur zwischen zwei Staaten abgeschlossene Literarverträge, oder viele Staaten umfassende Literarkonventionen. Solche Literarkonventionen gibt es zwei: a) die Berner Übereinkunft (s.d., Bd. 2, S. 715) vom 9. Sept. 1886, aus der ab 1. April 1900 Montenegro ausschied, und der Brasilien nicht angehört, so daß sie Belgien, Deutschland, Frankreich (nebst Kolonien), Großbritannien (nebst Kolonien), Haïti, Italien, Japan, Luxemburg, Monaco, Norwegen, die Schweiz, Spanien, Tunis, aber nicht Österreich-Ungarn umfaßt (vgl. Röthlisberger, Die Berner Übereinkunft etc., Bern 1906); b) die von Montevideo vom 11. Jan. 1889, ratifiziert von Argentinien, Paraguay, Peru, Uruguay, dagegen nicht von Bolivia, Brasilien, Chile. Beigetreten sind ihr auch europäische Länder: Frankreich (1897), Italien (1900), Spanien (1893), aber nur Argentinien und Paraguay, nicht aber Peru und Uruguay, haben diesen Beitritt angenommen. Die Sonderverträge sind teils neben der Zugehörigkeit zu einer allgemeinen Literarkonvention und über diese hinaus, teils ohne Zugehörigkeit zu einer solchen abgeschlossen.
Sonderverträge haben folgende Staaten abgeschlossen, wobei wir die der Berner Übereinkunft, angehörigen Staaten in Klammern mit B.Ü. bezeichnen:
1) Belgien (B.Ü.) mit Deutschland, Mexiko, Niederlande, Portugal, Spanien und den Vereinigten Staaten;
2) Bolivia mit Frankreich;
3) Brasilien mit Portugal;
4) Chile mit den Vereinigten Staaten;
5) Costarica mit Frankreich, Guatemala, Honduras, Salvador, Spanien und den Vereinigten Staaten;
6) Dänemark mit Frankreich, Schweden-Norwegen und den Vereinigten Staaten;
7) Deutschland (B.Ü.) mit Belgien (12. Dez. 1883), Italien (20. Juni 1884), Österreich-Ungarn (30. Dez. 1899, ratifiziert 9. Mai 1901 mit Wirkung vom 24. Mai 1901, s. unten) und den Vereinigten Staaten (15. Jan. 1892). An die Stelle des mit Frankreich abgeschlossenen Literarvertrages vom 19. April 1883 ist die Übereinkunft, betreffend den Schutz von Werken der Literatur und Kunst und an Photographien vom 8. April 1907 getreten, nach der in Deutschland und in Frankreich alle literarischen Werke während der ganzen Dauer des Schutzes des Originalwerkes auch gegen Übersetzung geschützt sind, ohne daß es dazu der Erfüllung irgendwelcher Förmlichkeiten bedarf. In analoger Weise werden auch alle veröffentlichten Werke der Tonkunst gegen öffentliche Aufführung geschützt, selbst dann, wenn in Abweichung vom Art. 9, Abs. 3 der Berner Übereinkunft das Verbot der öffentlichen Aufführung nicht ausdrücklich auf dem Werke ausgesprochen ist. Der Abschluß gleichlautender neuer Literarverträge zwischen Deutschland und Italien sowie zwischen Deutschland und Belgien steht bevor.
8) Dominikanische Republik mit Mexiko;
9) Ecuador mit Frankreich, Mexiko und Spanien;
10) Frankreich (B.Ü.) mit Bolivia, Costarica, Dänemark, Deutschland, Ecuador, Guatemala, Italien, Mexiko, Monaco, Niederlande, Österreich-Ungarn, Portugal, Rumänien, Salvador, Schweden-Norwegen, Spanien und den Vereinigten Staaten;
11) Großbritannien (B.Ü.) mit Österreich-Ungarn und den Vereinigten Staaten;
12) Guatemala mit Costarica, Frankreich, Honduras, Salvador und Spanien;
13) Honduras mit Costarica, Guatemala, Nicaragua und Salvador;
14) Italien (B.Ü.) mit Kolumbien, Deutschland, Frankreich, San Marino, Mexiko, Österreich-Ungarn, Schweden-Norwegen, Spanien und den Vereinigten Staaten;
15) Japan (B.Ü.) mit der Schweiz;
16) Kolumbien mit Spanien und Italien;
17) Mexiko mit Belgien, der Dominikanischen Republik, Ecuador, Frankreich, Italien, Spanien und den Vereinigten Staaten;
18) Monaco (B.Ü.) mit Frankreich;
19) Nicaragua mit Honduras;
20) Niederlande mit Belgien, Frankreich, Spanien und den Vereinigten Staaten;
21) Norwegen mit Schweden;
22) Österreich mit Ungarn (16. Febr. 1887);
23) Österreich-Ungarn mit Deutschland (30. Dez. 1899, ratifiziert 9. Mai 1901 mit Wirkung vom 24. Mai 1901), Frankreich (11. Dez. 1866, 7. Nov. 1881, 18. Febr. 1884), Großbritannien (20. April 1893), Italien (8. Juli 1890);
24) Portugal mit Belgien, Brasilien, Frankreich, Spanien und den Vereinigten Staaten;
25) Rumänien mit Frankreich;
26) Salvador mit Costarica, Frankreich, Guatemala, Honduras und Spanien;
27) Schweden mit Norwegen;
28) Schweden-Norwegen mit Dänemark, Frankreich und Italien;
29) Schweiz (B.Ü.) mit Japan und den Vereinigten Staaten;
30) Spanien (B.Ü.) mit Belgien, Kolumbien, Costarica, Ecuador, Frankreich, Guatemala, Italien, Mexiko, Niederlande, Portugal, Salvador und den Vereinigten Staaten;
31) Vereinigte Staaten von Nordamerika mit Belgien, Chile, Costarica, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Mexiko, Niederlande, Portugal, Schweiz und Spanien.
Übersicht der Staaten in ihrem Verhältnis zum internationalen Urheberrecht. Es schützen fremde Werke:
1) Ohne Verträge und ohne Gegenseitigkeit zu verlangen: Ägypten (gemischte Gerichte), Belgien, Frankreich, Luxemburg.
2) Ohne Verträge, aber unter Vorbehalt der Gegenseitigkeit: Bolivia, Costarica, Dänemark, Großbritannien, Griechenland, Italien, Kolumbien, Mexiko, Monaco, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Spanien, Vereinigte Staaten.
3) Nur durch Vertrag: Argentinien, Brasilien, Chile, Deutsches Reich, Dominikanische Republik, Ecuador, Guatemala, Haïti, Honduras, Japan, Nicaragua, Niederlande, Österreich, Paraguay, Peru, Salvador, San Marino, Tunis, Ungarn, Uruguay.
Gar keinen Schutz gewähren: Abessinien, Afghanistan, Bulgarien, China, Kongostaat, Korea, Liberia, Marokko, Montenegro, Oman, Persien, Rußland, Serbien, Siam, Türkei, Venezuela.
Vgl. den vom Berner Bureau herausgegebenen ›Recueil des conventions et traités concernant la propriété littéraire et artistique‹ (1904) und die Literatur zum internationalen Urheberrecht im Artikel, S. 960.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.