Auge

Auge

Am Auge des Menschen ist der wesentliche Teil desselben, der Augapfel (s. Tafel, Fig. 1a u. 4), nahezu eine Kugel, deren größter Teil von der weißen oder harten Augenhaut (sclerotica, sclera, albuginea, Fig. 4, 6, 7 u. 10) gebildet wird; nach vorn zu ist ein Teil dieser faserigen, derben Haut durch die vollkommen durchsichtige Hornhaut (cornea, Fig. 4, 10 u. 11) ersetzt; diese liegt wie ein Uhrglas dem Augapfel auf und ist stärker gewölbt als der Rest desselben; von hinten her wird der Augapfel durch die bindegewebige Tenonsche Kapsel umfaßt. Innen im Augapfel selbst liegt der weißen Haut unmittelbar an die Aderhaut (chorioidea, Fig. 6, 7 u. 11), eine gefäßreiche und wegen ihres Reichtums an schwarzbraunem Farbstoff dunkle Haut. Nach vorn geht sie in die Iris (iris) oder Regenbogenhaut (Fig. 4, 5, 6 u. 10) über, deren hinterste Schicht, die Traubenhaut (uvea), pigmentiert ist. Auf dem Durchschimmern des Farbstoffes der Traubenhaut durch die vordem Schichten der Iris beruht die Farbe (blau, braun etc.) der letztern. Fehlt der Farbstoff in der Traubenhaut, wie bei den Albino, so ist die Iris rot, weil das Blut in ihren Gefäßen durchschimmert. In der Mitte der Iris befindet sich das Sehloch oder die Pupille (Fig. 5 u. 6), die durch Muskelfasern in der Iris unwillkürlich bis auf 2 mm verengert und bis auf 5 mm erweitert werden kann. (Im Schlaf ist sie sogar bis auf 1 mm verengert.) Wo Regenbogen- und Aderhaut zusammenstoßen, liegt der mit glatten Muskelfasern versehene Ciliarkörper (corpus ciliare, musculus ciliaris), der bei seiner Zusammenziehung die an ihm befestigte Linse vorn stärker wölbt und so die Akkommodation für das Sehen in der Nähe bewirkt, zugleich aber auch die Aderhaut anspannt. Von dem Ciliarkörper gehen die Ciliarfortsätze aus, die dem Strahlenkranz (corona ciliaris, Fig. 5 u. 10) bilden. Die stark lichtbrechende und im ausgebildeten Zustand ziemlich homogene Linse (Kristalllinse, lens crystallina, Fig. 1c u. 2) wird von der Linsenkapsel umschlossen. Zwischen Linse und Netzhaut liegt der umfangreiche Glaskörper (corpus vitreum, Fig. 1 u. 2), aus einer hellen, gallertigen Substanz bestehend und von der Glashaut umgeben. Diese setzt sich an die vordere und hintere Wand der Linsenkapsel an, wobei ein um die Linsenkapsel herumlaufender Kanal (der Petitsche Kanal) übrigbleibt. Der Raum vor der Linse und der Iris heißt die vordere, der seitlich von der Linse u. hinter der Iris gelegene die hintere Augenkammer; beide enthalten die klare wässerige Augenflüssigkeit (humor aqueus).

Die von einem Gegenstand ausgehenden Lichtstrahlen gelangen, nachdem sie durch die Linse und den gleichfalls durchsichtigen Glaskörper gebrochen sind, im Hintergrunde des Auges auf die Netzhaut (retina, Fig. 7), wo sie sich zu einem scharfen Bildchen des Gegenstandes vereinigen. Die nach hinten von der Aderhaut umgebene Netzhaut besteht in einer höchst kompliziert gebauten, mehrschichtigen, aber doch sehr zarten Haut, die sich nach vorn bis an die Ciliarfortsätze erstreckt, jedoch nur bis etwa zur Augenmitte der Lichtempfindung dient. Der vom vordem Teil des Gehirns (Sehhügel, thalamus opticus) entspringende Sehnerv (nervus opticus, Fig. 1, 2, 4, 6 u. 10) kreuzt sich mit dem Sehnerv der ändern Seite (chiasma nervorum opticorum, Fig. 1b) und tritt durch eine Öffnung der weißen Augenhaut in das Auge ein, wo er sich in der Netzhaut ausbreitet; indessen liegt die Eintrittsstelle (die sogen. papilla optica oder der blinde Fleck, Fig. 7b) nicht genau in der Mittellinie (Achse) des Auges, sondern mehr nach der Nase zu. Dem Achsenpunkte der Netzhaut entspricht eine etwas verdünnte Stelle, deren Umfang gelblich gefärbt ist (macula lutea retinae, gelber Fleck, Fig. 7a), die Stelle des schärfsten Sehens.

Die sechs Augenmuskeln ermöglichen die Bewegung des Augapfels in allen Richtungen: der gerade äußere und innere (Fig. 1d, e) dienen zur horizontalen, der gerade obere und untere (Fig. 2) zur vertikalen und der schiefe obere und untere (Fig. 2 u. 3) zur schrägen Bewegung. Der schiefe obere Muskel läuft hierbei durch eine besondere sehnige Schleife (Rolle, Fig. 3). Da die zwei schiefen Muskeln von vorn, die vier geraden von hinten her am Augapfel ziehen, so wird bei Anspannung von allen zusammen (d.h. beim Blick geradeaus) ein Zurückweichen desselben in die Augenhöhle vermieden; überdies ruht der Augapfel auf einem Fettpolster (Fig. 2), das im Hintergrunde der Augenhöhle alle Lücken ausfüllt.

Die Augenlider (palpebrae, Fig. 2a u. b) sind zwei bewegliche Falten der äußern Haut, die den Augapfel von vorn her bedecken und sich beim Schluß mit den Rändern berühren. Nahe dem Vorderrand ragen die Augenwimpern (cilia) hervor (oben 100–150, unten 50–75), mehr nach hinten liegt eine Reihe feinster Öffnungen von etwa 30 eigentümlichen Talgdrüsen (Meibomsche Drüsen, s.d. und Fig. 9). Zur willkürlichen oder unwillkürlichen (sogen. Blinzeln) Bewegung der Lider dient der Hebemuskel (levator palpebrae superioris, Fig. 2c u. 9), der das obere Lid in die Höhe hebt, so wie der ringförmige Schließmuskel (orbicularis palpebrarum, s. Tafel Muskeln des Menschen, Fig. 1, und Tafel Nerven I, Fig. 2). Die innere Haut der Lider setzt sich auf den Augapfel als sogen. Bindehaut (conjunctiva) fort und überkleidet ihn mit Ausnahme der Hornhaut, die nur einen ganz feinen Überzug erhält, von vorn. Eine besondere Falte im innern Augenwinkel (Fig. 8) ist ein Überrest des schon oben erwähnten dritten Augenlides, der Nickhaut (s.d.). Der Tränenapparat (Fig. 9), zur Absonderung und Wegleitung der Tränen (lacrymae), besteht aus der Tränendrüse und der Tränenleitung. Erstere (Fig. 9a) ist im äußern Augenwinkel an das Dach der knöchernen Augenhöhle (s. unten) befestigt; die Tränenflüssigkeit (s.d.)gelangt durch 7–10 enge Ausführungsgänge im äußern Augenwinkel auf die Hornhaut, benetzt diese und die Innenfläche der Lider und fließt im innern Augenwinkel durch zwei trichterförmige Öffnungen (Tränenpunkte) in die Tränenkanälchen, von da in den Tränensack und durch den Tränengang in die Nasenhöhle.

Die knöcherne Augenhöhle (orbita, Fig. 1 u. 3) wird von verschiedenen Schädelknochen gebildet (s. Tafel Skelett II, Fig. 1). Die Blutgefäße des Auges treten mit dem Sehnerv in sie ein und gelangen so zur Netzhaut (Fig. 7), vor allein aber gehen sie zu der äußerst blutreichen Aderhaut und bilden dort dichte Netze von Kapillaren. Die Venen der Netzhaut haben ungefähr denselben Verlauf wie die Arterien (Fig. 7); diejenigen der Aderhaut heißen Strudelgefäße (vasa vorticosa, Fig. 6); einige aus dem Ciliarmuskel kommende kleine Venen vereinigen sich zu einer ringförmigen Vene, dem sogen. Schlemmschen Kanal. Als Bewegungsnerven dienen der 3., 4. und 6. Hirnnerv (s. Gehirn und Tafel Nerven I, Fig. 1), die in ganz bestimmter Weise die Augenmuskeln versorgen, wobei besonders stark die Ciliar- oder Blendungsnerven (nervi ciliares, Fig. 6 u. 11) ausgebildet sind, welche die Verengerung und Erweiterung der Pupille herbeiführen. Der Schließmuskel der Augenlider wird von dem Gesichtsnerv (nervus facialis) versorgt.


Auge I (Augen der Tiere).
Auge I (Augen der Tiere).
Auge II (Auge des Menschen).
Auge II (Auge des Menschen).

http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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