- Karsch
Karsch, Anna Luise, Dichterin, gewöhnlich unter dem Namen »die Karschin« angeführt, geb. 1. Dez. 1722 auf dem Meierhof Hammer bei Schwiebus im gegenwärtigen Regbez. Frankfurt a. O., wo ihr Vater Dürbach eine Schenkwirtschaft betrieb, gest. 12. Okt. 1791 in Berlin, brachte in ihrer frühen Jugend einige Jahre bei Verwandten zu und diente sodann als Hirtin. Ihre erste Ehe mit Hirsekorn, einem Tuchweber in Schwiebus, war sehr unglücklich und wurde nach elf Jahren getrennt; auch eine zweite Verbindung mit dem Schneider K., einem Trunkenbold, brachte ihr nur Elend. Gelegenheitsgedichte, die sie auf Verlangen mit erstaunlicher Schnelligkeit verfaßte, erwarben ihr die Gunst des Barons v. Kottwitz; dieser brachte sie 1761 nach Berlin, wo sie, durch Sulzer und Ramler empfohlen, bei Hof eingeführt und vielfach unterstützt wurde; König Friedrich Wilhelm II. schenkte ihr ein Haus, die Subskriptionsausgabe ihrer Gedichte brachte ihr 2000 Taler ein, aber sie verstand es nicht, sich durch umsichtige Wirtschaft eine sorgenfreie Lage zu schaffen. Die K. besaß vor allem eine große Virtuosität in der Handhabung des Reimes und in der Improvisation; ihre frühesten dichterischen Versuche tragen das Gepräge einer lebhaften Phantasie; was sie, der der gewagte Beiname einer »deutschen Sappho« gegönnt wurde, später, seit ihrer Einführung in die hohen Zirkel, dichtete, ist meist fade Lobhudelei und gewöhnliche Reimerei. K. war die Mutter der Karoline Luise v. Klencke (geb. 1754 in Fraustadt, gest. 21. Sept. 1812 in Berlin), die außer eignen Dichtungen auch die »Gedichte« der Mutter mit deren Biographie (Berl. 1792) herausgab, und Großmutter der Helmina v. Chézy (s. d.). H. Klencke behandelte ihr Leben in einem Roman (1853). Vgl. Kluckhohn im »Archiv für Literaturgeschichte«, Bd. 11 (Leipz. 1882); Kohut, Die deutsche Sappho, A. L. Karschin (2. Aufl., Dresd. 1888); E. Grucker, Les femmes dans la littérature allemande. Anna Louise K. (Nancy u. Par. 1904).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.