- Heuergeschäft
Heuergeschäft (Promessengeschäft, Hoffnungskauf), im Börsenverkehr eine in mannigfachen Formen vorkommende Abart des Handels in Prämienlosen. Die häufigste Form ist die folgende: Der Inhaber eines Prämienloses (Verheuerer) stellt dem Spiellustigen (Heuerer) ein Zertifikat (Heuerbrief, Promesse, Promessenlos) aus, in dem er sich unter genauer Bezeichnung des verheuerten Loses verpflichtet, diesem den Gewinn, der bei der nächsten Ziehung auf dieses Los fallen wird, auszuzahlen. Hierfür empfängt er eine bestimmte Vergütung (Prämie, Heuer, Mietsgeld). Wird bei der nächsten Ziehung das Los nicht gezogen, so ist jeder Anspruch des Prämienzahlers erloschen. Doch kann bei Prämienanlehen mit Serien- und Gewinnziehung auch der Verkäufer gegen höhere Bemessung der Prämie noch die Verpflichtung eingehen, solche in einer Serie gezogene Lose, auf die Heuergeld gezahlt wurde, gegen eine gleiche Zahl andrer noch nicht gezogener umzutauschen. Das verheuerte Los selbst wird dem Käufer nur überliefert, wenn dies ausdrücklich ausbedungen oder ortsüblich ist. Das Heuergeschäft kann auch zum Differenzgeschäft ausarten, wenn der Verkäufer das Los, auf das die Promesse lautet, gar nicht besitzt, »unreelles Promessengeschäft«. Ein Betrug liegt in solchen Fällen vor, sobald der Verheuerer gar nicht imstande ist, den auf ein gezogenes Los entfallenden Gewinn zu bezahlen. Überhaupt können Heuergeschäfte leicht zu Schwindeleien Veranlassung geben. Dieselben wurden deshalb früher in mehreren Staaten verboten. In Frankfurt a. M. war früher die Praxis der Heuergeschäfte sehr ausgebildet; nach 1866 schritten die Gerichte möglichst dagegen ein, indem sie diese Geschäfte als ein verbotenes Lotteriespiel auffaßten (nach § 286 des Strafgesetzbuches). Ist das Geschäft als Spiel aufzufassen, so erzeugt es nach § 762 des Bürgerlichen Gesetzbuches keine Verbindlichkeit. In Österreich ist das H. nur zulässig für Lose inländischer Anlehen, die bestimmt zu bezeichnen sind; der Verheuerer muß Eigentümer des Loses oder vom Eigentümer zum H. ermächtigt sein.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.