- Fichtenharz
Fichtenharz (gemeines Harz), aus Nadelhölzern freiwillig oder nach dem Anbohren oder Anschneiden ausgeflossenes Harz, das aus Terpentin durch Verflüchtigung des ätherischen Öles entsteht, aber auch ein durch Abdestillieren des Öles dargestelltes Kunstprodukt. Über Abstammung und Gewinnung s. Terpentin. In Galizien sammelt man das aus freiwillig ausfließendem Terpentin entstandene Harz (Weißföhrenharz), in Böhmen die schwefelgelben Harzplatten, die sich zwischen Holz und Rinde dicker Wurzeläste der Fichte ansammeln (Wurzelpech). Hierher gehört auch der Waldweihrauch, der von jungen Fichten- und Kiefernzweigen herabtropft und vom Boden ausgelesen wird; er verbrennt mit angenehmem Geruch. Die bei weitem größte Menge von F. wird durch künstliche Harzung gewonnen, indem ein bedeutender Teil des Terpentins am Stamm erstarrt (deutsches Rohharz, französisches Galipot oder Barras, österreichisches Scharrharz, amerikanisches Sarape). Aus Terpentin und Rohharz erhält man ferner mannigfache Handelssorten. Destilliert man den Terpentin mit Wasser zur Gewinnung von Terpentinöl, so erhält man das Weißpech (Wasserharz, Burgunderharz oder Burgunderpech, gekochter Terpentin). Dies ist weiß oder blaßgelb, porös, opak und bedeckt sich bei längerm Liegen mit einer dünnen, durchsichtigen, dunkeln Hülle. Bei Anwendung stärkerer Hitze entsteht daraus das gelbe Harz als zerbrechliche Masse. Wird es bis zum Klarwerden, d. h. bis zur völligen Entwässerung geschmolzen, so erhält man Kolophonium (s.d.). Das natürliche F. oder Föhrenharz bildet halbweiche oder harte, gelbliche oder bräunliche, selten rötliche Massen, riecht eigentümlich terpentinartig, schmeckt bitter. Frisches F. hat das spez. Gew. 0,985–1,043, es besteht aus einer homogenen Grundmasse, die reichlich mit kristallisierter Substanz (Abietinsäure) durchsetzt ist. Tschirch unterschied im F. mehrere Harzsäuren (kristallinische und amorphe) und Resene. Die Pimarsäure aus französischem Galipot ist ein Gemenge von drei isomeren Säuren. Das F. dient zur Bereitung von Lacken, Firnissen, Kitten, Pflastern, Pech, zum Verpichen von Fässern und Flaschen, zum Leimen des Papiers, zum Appretieren, zu Harzseife und Maschinenschmiere, zur Darstellung von Leuchtgas und Leuchtölen etc. – Harz wurde von den alten Griechen und Römern gewerblich und arzneilich benutzt. Der auf ein Harz bezügliche Ausdruck Kolophia (nach der ionischen Stadt Kolophon) findet sich zuerst bei Dioskorides, doch ist unsicher, ob darunter unser Kolophonium zu verstehen ist. Terpentinöl wurde zuerst im Anfang des 16. Jahrh. dargestellt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.