- Eisenbahndelikte
Eisenbahndelikte. Mit der Entwickelung des Eisenbahnwesens hat der strafrechtliche Schutz des Bahnbetriebs im allgemeinen gleichen Schritt gehalten. Das heutige Recht kennt dementsprechend eine ganze Reihe von Eisenbahndelikten. 1) An der Spitze steht das gemeingefährliche Delikt der Gefährdung des Eisenbahntransports, sei es durch Beschädigung der Eisenbahnanlagen, Beförderungsmittel oder sonstigen Zubehörs derselben, sei es durch Bereitung von Hindernissen auf der Fahrbahn (deutsches Strafgesetzbuch, § 315, 316, 319, 320). Den vorsätzlichen Täter trifft Zuchthaus bis zu 10 Jahren; bei Verursachung einer schweren Körperverletzung Zuchthaus nicht unter 5 Jahren; bei Verursachung des Todes eines Menschen Zuchthaus nicht unter 10 Jahren oder lebenslängliches Zuchthaus. Fahrlässige Gefährdung wird bestraft: mit Gefängnis bis zu einem Jahr, und bei Verursachung des Todes eines Menschen mit Gefängnis von einem Monat bis zu 3 Jahren; gleiche Strafe trifft die Angestellten, wenn sie durch Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten einen Transport in Gefahr setzen. Verurteilte Angestellte sind zugleich für unfähig zur Beschäftigung im Eisenbahndienst zu erklären. Vorsteher der Eisenbahn, die den für unfähig Erklärten nicht sofort entlassen, oder die ihn wieder anstellen, ebenso die für unfähig Erklärten selbst, die sich wieder anstellen lassen, werden mit Geldstrafe bis zu 300 Mk. oder mit Gefängnis bis zu 3 Monaten bestraft. Dabei sind unter Eisenbahnen nur die mit Dampf, Elektrizität, Schwerkraft etc. betriebenen, mit festen Gleisen versehenen Bahnen, nicht aber Pferdebahnen zu verstehen. 2) Die gänzliche oder teilweise Zerstörung von Eisenbahnen ohne Gefährdung des Transports wird nach § 305 mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft (Versuch strafbar). 3) Erfolgt die Zerstörung oder Unbrauchbarmachung von Eisenbahnen zum Vorteil des Feindes während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges, so liegt Landesverrat vor, der, wegen der strategischen Wichtigkeit der Eisenbahnen, mit lebenslänglichem Zuchthaus, bei mildernden Umständen mit Festungshaft von 5–15 Jahren bestraft wird. 4) Raub auf einer Eisenbahn schlechthin, Diebstahl auf einer Eisenbahn oder einem Bahnhof an Reisegepäck oder Beförderungsgegenständen mit Ablösung von Befestigungs- oder Öffnung von Verwahrungsmitteln wird mit erhöhter Strafe belegt (§ 250, Ziff. 3, § 243, Ziff. 4). 5) Endlich ist noch auf die Betriebsordnung für die Hauptbahnen und die Bahnordnung für die Nebenbahnen Deutschlands, beide vom 5. Juli 1892 (letzte Ausgabe von 1898), zu verweisen, die Zuwiderhandlungen mit Übertretungsstrafen bedrohen. Vgl. auch Loock, Der strafrechtliche Schutz der Eisenbahnen im Deutschen Reich (Berl. 1893).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.