Thrombōsis

Thrombōsis

Thrombōsis (griech.), Verstopfung von Blutgefäßen durch ein Blutgerinnsel (Thrombus, Blutpfropfen), kommt im Herzen, in den Arterien und besonders in den Venen, namentlich nahe ihren Klappen, seltener in Kapillaren und Lymphgefäßen vor. Jeder Pfropfen ist anfangs wandständig und verstopft das Gefäßlumen nur teilweise; späterhin füllt der Pfropfen das Gefäßlumen vollständig aus. Der Thrombus kann sich sowohl nach rückwärts als auch nach dem Herzen hin in verschiedener Ausdehnung fortsetzen; er ist anfangs weich, feucht, blutig gefärbt; später wird er trockener, derber, gelblich und bröckelig. Weiterhin kann er, und zwar zunächst in seinem Zentrum, zu einer breiigen, oft eiterartigen Masse erweichen (puriforme Schmelzung) und endlich völlig in eine solche Masse zerfallen. Das Gerinnsel kann aber auch zu festem Bindegewebe organisiert werden. Dies sucht man bei der Unterbindung von Gefäßen herbeizuführen (traumatische T.), so daß also z. B. das Blut in einer unterbundenen Schlagader von der Unterbindungsstelle bis zum nächsten Seitenast zunächst gerinnt und alsdann sich organisiert. Der Thrombus gibt das einzige sichere Mittel gegen die Blutung ab. Selten kommt es zur teilweisen Resorption, zur einfachen Schrumpfung und Verkreidung des Thrombus (Venensteine, Phlebolithen). An der Stelle, wo sich in einem Gefäß ein Thrombus gebildet hat, zeigt sich die Gefäßwand meist im Zustand einer chronischen, seltener einer akuten Entzündung; umgekehrt hat auch eine Entzündung der Gefäßwand nicht selten T. zur Folge. Die Ursachen der T. bestehen in einer Stockung des Blutes (bei normaler Gefäßwand) oder in krankhafter Veränderung der Gefäßwand. Stockungen des Blutes treten aber unter den verschiedensten Verhältnissen ein, soz. B. bei jeder Verengerung des Gefäßlumens (Kompressionsthrombose), wie sie durch die Unterbindung des Gefäßes oder durch den Druck, den Geschwülste etc. auf das Gefäß ausüben, bedingt wird. Ferner entsteht T. durch Erweiterung der Gefäße (Dilatationsthrombose), denn je weiter der Kanal ist, desto langsamer ist der Fluß in demselben bei gleicher Flüssigkeitsmenge. Hierher gehören die Fälle von Gerinnung in den Krampfaderknoten und Pulsadergeschwülsten, wodurch eine relative Heilung der letztern, wofern sie nicht zu groß sind, eintreten kann. Endlich bilden sich Gerinnungen in den Venen bei stark abgemagerten Kranken, wenn sie ruhig daliegen, und wenn gleichzeitig die Herzkraft abgenommen hat, das Blut also nicht schnell genug zirkuliert (marantische T.). Diese T. tritt häufig nach schweren fieberhaften Krankheiten, wie Typhus und Puerperalfieber, und nach großen Operationen auf; sie ist auch eine sehr gewöhnliche Komplikation der Tuberkulose, Krebskrankheit, der chronischen Gelenk- und Knochenkrankheiten. – Durch krankhafte Veränderung der Gefäßwand entsteht T. beim Brand eines Gliedes, bei der Entzündung der äußern Venenhaut, bei Krebs, der die Venenwand durchbricht, und am häufigsten bei der chronischen Entzündung der innern Arterien und Herzhaut. Selten tritt eine multiple Arterienthrombose ein, wenn infolge einer Infektionskrankheit die Innenwand der Schlagadern sich an vielen Stellen entzündet. In allen diesen Fällen werden die Gefäßwände rauh, und der Faserstoff des Blutes lagert sich auf den Rauhigkeiten als Thrombus ab. In ähnlicher Weise tritt Blutgerinnung ein, wenn man durch das lebende Gefäß eine Nadel sticht oder einen Faden durchzieht, wie dies bei Aneurysmen versucht wurde, um sie durch künstlich herbeigeführte Gerinnung oder T. zu heilen. Die Verstopfung der Venen gibt sich zu erkennen durch Anstauung des venösen Blutes hinter dem Thrombus und durch wassersüchtige Anschwellung des betreffenden Körperteils, die jedoch fehlt, wenn sich ein genügender Kollateralkreislauf herstellt. Die Folgen der T. einer Arterie bestehen in mangelhafter oder unterbrochener Blutzufuhr, die so hochgradig werden kann, daß der betreffende Teil brandig abstirbt, wie beim Altersbrand. Nicht selten bricht ein Stück von einem Thrombus, namentlich wenn er in der Erweichung begriffen ist und der Kranke eine schnelle Bewegung ausführt, ab und wird mit dem Blutstrom nach andern Körperteilen hingeführt (s. Embolie). War der Thrombus aus der Gegend einer verjauchenden Wunde und selbst mit Jauche getränkt, so ruft der von ihm abgebrochene Embolus an der Stelle, wohin er mit dem Blutstrom gelangt, wiederum eine jauchige Entzündung hervor, es entstehen die sogen. metastatischen Abszesse. Vgl. Virchow, Gesammelte Abhandlungen (Berl. 1862); Baumgarten, Die sogen. Organisation des Thrombus (Leipz. 1877); v. Recklinghausen, Handbuch der allgemeinen Pathologie des Kreislaufs und der Ernährung (Stuttg. 1883).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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