Spanische Literatur

Spanische Literatur

Spanische Literatur. Unter spanischer Literatur versteht man die Schriftdenkmäler der Iberischen Halbinsel, mit Ausschluß Portugals, das, seit 1097 unabhängig, eine eigne Sprache und Literatur entwickelt hat. Im engern Sinne begreift man darunter nur, was in kastilischer Mundart von Angehörigen aller Teile der Halbinsel geschrieben ward, sondert aber davon die katalanisch abgefaßten Schöpfungen (s. Katalanische Sprache und Literatur) sowie die galicischen, die einen Anhang zur portugiesischen Literatur bilden. Statt spanisch sagt man auf der Halbinsel kastilisch, weil Kastilien die führende Rolle zufiel. Doch haben an der Kunst- wie an der Volksdichtung alle Provinzen mitgewirkt. In der ersten Periode besonders Leon (mit Asturien und Galicien). Die kastilische Literatur, hervorgegangen aus dem in heldenhaftem Ringen mit dem andersgläubigen Erbfeind erstarkten Selbstgefühl einer Nation, deren lebhafte Phantasie in den Erinnerungen an jene tatenreiche Vergangenheit schwelgte, ist ausgezeichnet durch Reichtum und Originalität. Letztere offenbart sich am kräftigsten im national-historischen Epos und seinen Prosaauflösungen, in den aus beiden hervorgegangenen Romanzen und in dem auf allen drei Arten fußenden Drama. In der Volksdichtung sind lyrisch die reizenden Coplas und Seguidillas, die, zu Tausenden vorhanden, keiner bestimmten Epoche noch bestimmten Provinzen zugewiesen werden können; didaktisch die alten, geistvollen und scharfgeprägten Sprichwörter (Refranes). Die wichtigste und eigenartigste Gattung ist jedoch epischen oder episch-lyrischen Charakters. In Langzeilen von 14 metrischen Silben mit durchgehendem Vokalreime (Assonanz), die stets in zwei gleiche Hälften oder Kurzzeilen zerfallen, behandelt die Romanze (el romance), meist in losen Gruppen oder kleinern gestas, vorwiegend Taten und romantische Abenteuer solcher historisch-sagen haften Helden und Ritter, die sich im großen National- und Glaubenskampfe hervorgetan, und umfassen somit die Geschichte von 7–8 Jahrhunderten, von den Zeiten König Roderichs und des Pelayo bis zum Falle Granadas. Früh trat Karl d. Gr. mit seinen Paladinen und deren spanischen Gegnern in den Gesichtskreis der Volksbarden; ganz fremd blieb ihnen überhaupt kein mittelalterlicher Sagen- und Märchenstoff. Die berühmtesten sind die, welche Leben und Kämpfe des Cid Campeador feiern. Manche dürften unmittelbar nach den Ereignissen entstanden sein. Doch haben sie sich nicht in ursprünglicher Ge statt erhalten. Jahrhunderte hindurch nur im Volksmunde lebend und stetig wandernd, haben die Romanzen sich wiederholt verjüngt und sind spät und verändert ausgezeichnet worden. Ein Teil erhielt sich in der Tradition, bis in unsern Tagen forschende Folkloristen zu sammeln begannen (Milá y Fontanals, Menéndez y Pidal, Munthe); ein andrer Teil ward gegen Ende des 15. Jahrh. gebucht, als höfische Kunstdichter die Volksgesänge der Beachtung wert fanden und sie durch Überarbeitung verfeinerten, nachahmten, glossierten, parodierten und Überarbeitungen wie Originale in Flugblättern (s. Pliegos sueltos) und etwas später (Anfang des 16. Jahrh.) in Romanzen- und Liederbüchern verbreiteten (s. Romancero und Cancionero). Daß die national-historischen, seit Ende des 14. Jahrh., aus den im Munde der Spielleute (joglares) vereinfachten Kunstepen hervorgegangen sind, gilt heute für ausgemacht, dank den Arbeiten von Mila y Fontanals, Ramon Menéndez Pidal, und Menéndez Pelayo (in der »Antologia«, Bd. 8–12,1899–1906).

Erste Periode (1150–1369).

Das hervorragendste Werk dieser Periode, weil das älteste Kunstgedicht, in dem sich der Nationalcharakter offenbart, ist das unvollständig erhaltene »Poema de mio Cid«. Kaum vor 1150, nicht nach 1207, gab ihm ein Anonymus aus dem Südosten Kastiliens die uns erhaltene Fassung. Er gruppierte seinen Stoff zu drei zum Gesangsvortrage bestimmten Teilen: Cantares, die in Reihen einreimiger Tiraden auseinander fallen, nach dem Vorbilde der altfranzösischen Chansons de geste. Verschieden davon und bedeutend jünger (14. Jahrh.) ist die »Cronica rimada«, besser »Rodrigo« genannt. aus Reimprosa und demokratisierten epischen Fragmenten gemischt, leider stark verderbt. Dies Gedicht behandelt die (durch Herder in Deutschland bekannten) sagenhaften Jugenderlebnisse (mocedades, franz. enfances) des Cid: Zweikampf mit Graf Gormaz, Ehe mit Ximene etc., und zeichnet den Helden als rebellischen, eigenmächtigen Kraftburschen (s. Cid Campeador). Weitere Cantares de gesta sind nicht vorhanden, doch lassen die Romanzen und die Prosaauflösungen in den Cronicas mit ziemlicher Sicherheit auf Gedichte von Fernan Gonzalez, König Roderich, Bernardo del Carpio, den sieben Infanten von Lara u. a. schließen. Vgl. R. Menéndez Pidal, La Leyenda de los Infantes de Lara (Madr. 1896). Sie gingen unter, weil der Volksgeschmack die kurzen Einzelrhapsodien im Romanzenstil bevorzugte und an langatmigen Dichtungen kein Gefallen fand. Im 13. Jahrh., also vor dem »Rodrigo«, entstand zwar noch ein Epos mit nationalem Stoff über den guten Grafen »Fernan Gonzalez« (10. Jahrh.), doch ist es nüchtern und chronikenartig in geregelten vierzeiligen Alexandrinerstrophen, vermutlich von einem Kleriker, überarbeitet (hrsg. von C. C. Marden, Baltimore 1904). Völlig anders gestaltete im 14. Jahrh. ein Mit kämpfer der Schlacht am Salado (1340), vielleicht ein Portugiese, sein Gedicht über den Sieg Alfons' XI.: er wählte die Kurzzeile und ordnete sie zu Coplas (abab), die in ihrer Frische u. Lebendigkeit den Volksgesängen nahestehen.

Der älteste, namentlich bekannte Dichter Spaniens ist der gelehrte Kleriker Gonzalvo de Berceo (s. d.), der »Jongleur der Jungfrau«, wie er sich selber nennt, Verfasser einer Reihe von geistlichen Epen, unter Benutzung internationaler mittelalterlicher Marien- und Heiligenlegenden, in vierzeiligen Alexandrinerstrophen (quaderna via). Ein im gleichen Bau (Ende des 12. Jahrh.) geschriebenes weltliches Poem über die Ritterfahrten Alexanders, auf Grund lateinischer und französischer Vorlagen, ward ihm zeitweilig zugesprochen, doch ist es wahrscheinlich ein Werk des Leonesen Juan Lorenzo aus Astorga (Neuausgabe von Morel-Fatio, Dresd. 1906). Daran schließt sich eine Bearbeitung des Romans von Apollonius von Tyrus, wie alles Zünftige damals nach lateinischem und französischem Muster, und ein Leben des Heiligen Ildefonsus, beide von Unbekannten. Eine Gruppe für sich bilden, nicht dem Gegenstande nach, sondern formell, weil in kurzen Reimpaaren, einige geistliche Gedichte. Wegen der dramatischen Form bedeutsam ist ein fragmentarisch erhaltenes liturgisches Epiphaniasspiel aus Toledo: »Misterio de los Reyes Magos«, fast gleichalterig mit dem »Poema del Cid«, ob es auch sprachlich älter, metrisch jünger erscheint (hrsg. mit der »Disputa del alma y el cuerpo« von R. Menéndez Pidal, 1900). Weniger altertümlich sind ein erzählendes Gedicht über dasselbe Thema: »Poema de los Reyes Magos«, ein Leben der »Maria Egipciaca«, Streitgedichte zwischen Körper und Seele (in Sechs- bis Siebensilbnern), Wasser und Wein und zwei Liebenden (hrsg. von R. Menéndez Pidal, Par. 1905).

Rein Lyrisches aus dem 12. und 13. Jahrh. besitzt Spanien nicht. Die geistlichen Cantigas des Königs Alfons X. (1252–84), Wunderberichte und Loblieder zu Ehren der Jungfrau sowie seine weltlichen Troubadourgedichte und die andrer, gehören nach Sprache und Form zur portugiesischen Literatur. Das Liederbuch des D. Juan Manuel (1282 bis 1348) ist verschollen. Von Alfons XI. existiert ein Kastilisch geschriebenes Minnelied, aufbewahrt im portugiesischen »Cancioneiro«. Der erste individuell und echt spanisch gefärbte Dichter, Juan Ruiz (s. d.), Erzpriester von Hita, ein Mann von überlegenem Geist und großer Kunstfertigkeit, gehört schon ganz dem 14. Jahrh. an (1300–50). Sein merkwürdiges allegorisch-satirisches Rahmengedicht besteht aus einer fortlaufenden autobiographischen Erzählung, mit eingereihten Fabeln, Schwänken, Geschichten, frommen Weisen, Liebesliedern in volkstümlichen Rhythmen. Der Wert und Reiz liegt in der naiv-anmutigen und kunstvollen Darstellung, in der treffenden Charakteristik einer alten Zwischenträgerin (Trotaconventos) sowie in den lyrischen Einlagen (Cantigas de serranas, Cantigas de escolares). Didaktisch sind die Verse des Juden Rabbi-Santob, Lebensregeln und Denksprüche für Peter I. (1350–69), in kurzen Vierzeilern. Vgl. L. Stein, Untersuchungen über die Proverbios Morales von Santob de Carrion (Berl. 1900). Desgleichen ein Totentanz in achtzeiligen Strophen »De arte mayor«. Lehrhaft ist auch des Reichskanzlers Pedro Lopez de Ayala (1332–1407) Traktat über das Hofleben »Rimado de Palacio«, obwohl ihm Lieder, meist religiosen Charakters, nicht ganz fehlen. In ihren höfischen Formen weisen sie bereits in die zweite Periode hinüber, die Ayala eröffnet.

Überwog die didaktische Richtung in den Dichtwerken des 13. und 14. Jahrh., so war sie in den Prosawerken der ganzen Periode unumschränkte Herrscherin. Schöpfer der altspanischen Prosa und Vater der Geschichtschreibung ist König Alfons der Gelehrte. Nicht nur, daß er die Landesgesetze aus dem Lateinischen in die Volkssprache übertragen ließ (»Fuero Juzgo«), ein neues Gesetzbuch inspirierte (»Las Siete Partidas«), verschiedene astronomische und naturwissenschaftliche Werke schrieb, er sorgte auch für Übersetzung der Bibel, Herstellung einer Weltchronik, »Cronica general«, sowie einer spanischen Geschichte, der monumentalen »Cronica general de España« bis herab zum Tode seines Vaters Ferdinand III., unter Benutzung älterer lateinischer Vorarbeiten (von Lucas von Tuy und Rodriguez von Toledo), arabischer Quellen, besonders für den dem Cid gewidmeten, später gesondert herausgegebenen Teil, und unter reichlicher und geschickter Verwertung der Jongleurerzählungen, durch die das Werk eine Schatzkammer poetischer Tradition ward. Der Druck vom Jahre 1541 bot eine spätere Überarbeitung; den echten alten Text veröffentlichte erst 1906 R. Menéndez Pidal (vgl. auch dessen »Cronicas Generales de España«, Madr. 1898). Alfons' Beispiel fand Nachahmung. Es entstanden verschiedene Chroniken, besonders der einzelnen Monarchen bis Heinrich III. Die Verfasser der ersten Königsbücher sind unbekannt; die letzten vier schrieb der bereits als Dichter genannte Kanzler Ayala, von dem auch ein »Falkenbuch« übrig ist: »Libro de Cetreria«. Dieser hatte seinen Stil klassisch geschult durch Übersetzungen des Livius, Boethius und Boccaccio, wie in der Dichtung so in der Prosa in die nächste Epoche hinübergreifend. Sancho IV., der Wilde (gest. 1295), des »Weisen« Sohn, ließ nach lateinischen und französischen Quellen (wie »Conqueste d'Outremer«, »Chanson d'Antioche«) eine Geschichte der Kreuzzüge kompilieren: »La Gran Conquista de Ultramar«, unter Verwertung von SagenChevalier an Cygne«, »Mainete«), betrieb die Zusammenstellung einer moralphilosophischen und naturwissenschaftlichen Enzyklopädie: »Lucidario«, und verfaßte für seinen Nachfolger Lebensregeln: »Castigos e documentos«. Alfons XI. verdankt man außer einem Adelsregister ein Jagdbuch: »Libro de Monteria«. Gleichfalls unter dem Einfluß der genannten Herrscher entstanden Erbauungsschriften in Gestalt von Apologien- und Sentenzensammlungen nach orientalischem Muster. Am bekanntesten ist das aus Indien stammende, doch direkt dem Arabischen entnommene Buch »Calila e Dimna«. Ebenso wertvoll sind die »Siete Sabios« des Sindabad (nationalisiert von einem Sohne Alfons' X.); das »Libro de los engaños y los asayamentos de las mugeres« (hrsg. 1904 von Bonilla y San-Martin); das fälschlich auf Aristoteles getaufte Buch der Geheimnisse »Poridat de las Poridades«, das »Libro de los Gatos« (eine Bearbeitung der »Narrationes« des »Odo de Ciringtonia«), »Libro de los Euxiemplos«, »Flores de Filosofia«, »Proverbios buenos«, »Bocados de Oro« oder »Bonium de Persia«, wovon ein Teil noch heute als Volksbuch gelesen wird (»Donzella Theodor«). Künstlerisch am bedeutsamsten ist die zum Teil aus orientalischen Quellen geschöpfte, doch eigenartig gestaltete Rahmenerzählung »Conde Lucanor« oder »Libro de Patronio«, worin dem Grafen (Lokman?) sein Ratgeber Patronio moralische und politische Ratschläge in Form hübscher Novellen erteilt (seit 1575 sechsmal gedruckt; neuerdings 1898 in Vigo). Der Verfasser und zugleich der hervorragendste Prosaist jener Zeit ist des Weisen Neffe, der schon genannte Infantensohn Don Juan Manuel, der außerdem noch verschiedene Abhandlungen über Rittertugend, Sozialökonomie, Erziehung und Politik hinterließ. Die Phantasie blieb nicht ganz ohne Nahrung. Märchen, Fabeln, Legenden, Sagen erzählte man sich am Herdfeuer. Außer Heiligenlegenden (Clemencia oder Porcina) las man romanhaft eingekleidete Geschichtsbücher, meist Bearbeitungen französischer Prosaromane aus dem klassischen, karolingischen und bretonischen Sagenkreis (»Historia de Troya«. »Carlomagno«, »Merlin«, »Graal«, »Tristan«, »Lanzarote«, »Flos y Blancaflos«, »Destruicion de Jerusalen«). Ja selbst die erste freiere Phantasieschöpfung, der Ahnherr aller Ritterromane, der ursprünglich portugiesische »Amadis«, war schon um die Mitte des 13. Jahrh. ein in Spanien vielgelesenes Buch. Die fertige Gestalt, in der die Nachwelt ihn kennt, entflammt jedoch dem Ende der zweiten Periode.

Zweite Periode (1369–1516).

Die Lyrik herrscht vor, und zwar als Hof- und Kunst-, anfangs sogar als bloße Gelegenheits- und Konversationspoesie. Man bevorzugt kurze Gedichte mit kompliziertem Strophenbau und reichem Reim, die, zum Gesang oder Vortrag bestimmt, Anreden an einzelne sind: statt nationaler Heldenstoffe kleine persönliche Erlebnisse aus dem galanten Treiben und Herzensleben der obern Kreise; daher geflissentliche Beschränkung und die damit verbundene Herabdrückung der Leidenschaften auf ein konventionelles Maß. Anderseits führte die dem spanischen Mittelalter eigne Freude am Lehrhaften zu spitzfindigen Geistesspielen: Streitgedichten als Frage und Antwort, Anklage und Verteidigung, Rätsel und Rätsellösung, oder zu eigentlichen religiösen und philosophischen Lehrgedichten mit gelehrtem, mythologischem und allegorischem Ausputz; nicht minder zu Spott und Schmähreimereien, in denen raffinierte Künstelei und Dunkelheit mit plumper Pedanterie und Unverblümtheit um die Palme ringen. Es lassen sich drei Abschnitte unterscheiden. Die älteste Dichtergruppe oder Schule ist noch ganz oder halb galicisch. Sie blieb der Gewöhnung der ersten Epoche, für höfische Liebeslieder das portugiesische Idiom zu verwerten, treu und hielt sich an die von den Provenzalen überkommenen auf westlichem Boden als Minnesang, und in limusinisch-katalanischer Mundart als Meistersang entwickelten metrischen Gebilde. An ihrer Spitze steht der Hofmann Alfonso Alvares de Villasandino (1379–1406); ihr berühmtester Vertreter ist Macias (s. d.), der Verliebte; ihr Gesetzgeber Enrique de Villena (gest. 1434), der ein Lehrbuch: »Arte de trobar, o Gaya ciencia«, verfaßt und die Blumenspiele in Barcelona wiederhergestellt hat (1412). Vgl. H. R. Lang, Cancioneiro Gallego-Castelhano (New York 1902). Die jüngere Schule, die in eine Sevillaner und Valencianer Gruppe zerfällt, von dem Genuesen Francisco Imperial geführt (1405–50), sing hingegen an, sich an den Italienern zu bilden, liebt, in Nachahmung Dantes, Allegorien und Traumgebilde und prunkt mit Namen aus dem Altertum. Die Werke beider stehen in demselben Liederbuch, nach seinem Sammler »Cancionero de Baena« genannt (gedruckt Madr. 1851, Leipz. 1860), mit etwa 500 Gedichten von gegen 60 Verfassern aus der Zeit Heinrichs II. und Heinrichs III. sowie Johanns 1 und Johanns II. Um den kunstliebenden Alfons V. von Aragon und Neapel (1416–58) und schon um seinen Vater Ferdinand scharten sich andre Dichterkreise, auf deren freiere formvollendetere Weisen das volkstümliche Element Einfluß gewann (vgl. »Cancionero de Stúñiga«, Madr. 1872). Abseits von beiden Gruppen steht eine Anzahl gelehrter Dichter, die, durch tieferes Wissen, weitern Blick, höheres Streben ausgezeichnet, in größern selbständigen Werken nationale Stoffe verwerten, so daß sie zur Erklärung für die Zeitgenossen glossierender Prosakommentare bedurften. Die hervorragendsten unter diesen Poeten sind: der Marquis de Santillana (1398–1458), der Vater des spanischen Humanismus, der auf die romanischen Literaturen insgesamt einen vergleichenden Blick warf, die Alten verehrte, ihre Werke sammeln und übersetzen ließ, die Italiener bewunderte und die ersten Sonette schrieb; Juan de Mena (1411–56), Verfasser des »Labyrinto« in 300 spanischen Oktaven; ferner Fernan Perez de Guzman und die vielseitigen Lyriker Gomez Manrique und Alvares Gato (mit eignen Liederbüchern), die zur letzten Gruppe hinüberreichen. Diese gab unter den Nachfolgern Johanns II., am leichtlebigen Hofe Heinrichs IV. und in den glorreichen Tagen der katholischen Könige, der Kunst einen mächtigen Aufschwung. Obwohl von Italien und Frankreich beeinflußt, hat diese Poesie wie die Musik ein entschieden nationales Gepräge. Bestimmte Gedichtformen bildeten sich aus. Im Voltieren und Glossieren von Themen (Motes), welche die Damen vorschlugen und oft dem Volkslieder- und Sprichwörterschatz entnahmen, erreichte man eine erstaunliche Fertigkeit; die Romanzenform ward durch die Musik hoffähig; ebenso das Hirtenlied. Siebensilbner und Dreisilbner, getrennt oder gemischt, in Strophen von 4–12 Zeilen, wurden des höchsten lyrischen Ausdrucks fähig: Guevara, Cartagena, Tapia, Garci-Sanchez de Badajoz, Jorge Manrique sind wahre Künstler. Der letztgenannte bot in den elegischen Coplas auf den Tod seines Vaters (»Recuerde el alma dormida«) das Meisterwerk der damaligen Lyrik (Neuausg. von Foulché-Delbosc, Barcelona 1904). In den zahlreichen allgemeinen wie speziellen Cancioneros Generales u. a. jener Tage steckt manches Lied von dauerndem Werte (s. Cancionero).

Bemerkenswert ist die Ausbildung der spanischen Prosa in diesem Zeitraum. Lebendiger und kulturgeschichtlich interessanter als die Königschroniken Johanns II., Heinrichs IV. und der katholischen Könige, an denen verschiedene arbeiteten (Perez de Guzman, Diego Enriquez del Castillo, Alfonso de Palencia, Fernando del Pulgar), sind die Chroniken bedeutender Privatpersonen: des Feldherrn Pedro Nino (1379–1452) von seinem Knappen Diez de Gámez, des Connétable Alvaro de Luna (gest. 1453), des Gran Capitan u. a. Beachtung verdienen auch historisch-biographische Werke, wie »Memorial de hazañas«, »Mar de historias« von Mossen Diego de Valera; »Generaciones y semblanzas« des Dichters und Chronisten Perez de Guzman, »Claros Varones de Castilla« von Fernando del Pulgar, in denen sich ein Fortschritt vom mittelalterlichen Stil zu pragmatischer Darstellung zeigt. Ein früher fast gar nicht gepflegtes Genre ist der Reisebericht, z. B. der von Ruy Gonzalez de Clavijo über seine Fahrt nach Timur (1403), »Historia del gran Tamorlan«. Vom Briefstil geben die Episteln des Pulgar einen vorteilhaften Eindruck. Der Briefwechsel des Leibarztes Johanns II., F. Gomez de Cibda-real, »Centon Epistolario«, ist wahrscheinlich apokryph (vgl. Cotarelo, El Centon Epistolario, 1901). Ein Bild vom Ritterwesen (Turnieren, Devisen, Orden) entwirft der »Paso Honroso« des quixotesken Suero de Quiñones (1434). Beiträge zur Sittengeschichte bietet ein beißendes Werk des Erzpriesters von Talavera über sittenlose Weiber: »Corbacho« (1438; hrsg. 1901 von Pérez Pastor als Bd. 35 der »Bibliófilos Españoles«). Wie dieses, so lehnen auch die Liebesnovellen sich an Boccaccio an. Der als leidenschaftlich verliebter Lyriker zwischen Macias und Badajoz stehende Juan Rodriguez del Padron schrieb im latinisierenden Stile Menas seinen Roman »Siervo libre de amor« (oder »Ardandesir e Liessa«); Diego de San Pedro die sentimentale, mit Briefen durchsetzte Ritternovelle »Carcel de amor« (Neuausg., Barcelona 1904) und als Nachahmung von Papst Piccolominis »Eurialo y Lucrecia« (1434) die Erzählung »Arnalte y Lucenda«, der bald »Grisel y Mirabella«, die historische Novelle »Cuestion de amor« und ähnliche folgten. Vgl. Menéndez y Pelayo, Orígenes de la Novela (Madr. 1905). Um 1490 erhielt durch Montalvo der »Amadis« endgültige Gestalt.

Endlich fallen in diese fruchtbare Epoche die ersten Triebe des spanischen Dramas, das sich aus Weihnachtsspielen und Hirtengesprächen entwickelte, bald nachdem Rodrigo Cota in einem lebensvollen Dialog zwischen Amor und einem Greise (im »Cancionero general«) eine Art Vorspiel gegeben hat. An der Spitze stehen die geistlichen und weltlichen Schäferspiele (Eglogas) des Juan del Encina (1469–1534), mehrere autos, farças, comedias, tragicomedias des genialen Portugiesen Gil Vicente (gest. um 1540); die »Farsas y Eglogas« des Lucas Fernandez (1514). Ganz für sich steht der weltberühmte dramatische Roman in 21 Akten: »Comedia de Calisto y Melibea« (später »Celestina« [s. d.] benannt) von Fernando de Rojas (vor 1500 geschaffen), ein Meisterwerk durch die realistische Zeichnung der Hauptfigur, der Kupplerin Celestina, sowie durch die natürliche, den Charakteren angepaßte Sprache (Neuausg., Barcelona 1900 u. 1902, sowie Vigo 1900).

Dritte Periode (1516–1701).

Die dritte Periode, von der Begründung der span. Universalmonarchie durch Karl V., durch das Zeitalter der Philippe bis aus Ende des 17. Jahrh. begreift in sich die allseitige Entwickelung und höchste Blüte der Literatur (bis 1650), sieht aber noch den Anfang des Verfalls, ungefähr gleichen Schritt haltend mit der Entwickelung der politischen und sozialen Zustände des Reiches. Die Vereinigung mit Aragon führte Kunst und Wissenschaft Talente aus dem Nordosten zu, die früher ihre eignen Wege gegangen waren, desgleichen die lange vorausgesehene, 1580 verwirklichte, 60 Jahre dauernde, mit dem Westen. Infolge der politischen Verbindung mit Italien seit der Eroberung Neapels durch Gonzalo Fernandez de Córdoba waren von dorther mächtige Anregungen gekommen. Alles, was sich bis 1500 vorbereitet hatte, kam zur Entfaltung zuerst in der Lyrik, dann in Novelle und Roman, zuletzt im Drama. Altklassische und italienische Muster, die italienischen Versmaße (Hendekasyllabus und Septasyllabus), die Formen des Sonetts, der Stanze, Terzine, Kanzone fanden Nachahmung. Dazu gab das Hochgefühl politischer Machtfülle gerade jetzt den literarischen Äußerungen ein originelles Gepräge. Überdies stand der italienischen Schule eine an den Nationalformen haltende Partei gegenüber. Die schroffen Einseitigkeiten beider schlissen sich schnell ab. Die meisten Dichter verwendeten abwechselnd die fremden und heimischen Dichtformen, je nach Gehalt und Affekt ihrer Schöpfungen: ein Kompromiß, aus dem in ihrer Art vollendete Kunstwerke hervorgingen.

Der erste Dichter, der die Lyrik bewußt nach italienischen und antiken Mustern pflegte, war Juan Boscan Almogaver aus Barcelona (1493–1543); ihm ebenbürtig zur Seite standen sein Freund Garcilaso de la Vega aus Toledo (1503–36), der Petrarca der kastilischen Poesie, und Diego de Mendoza (1503–75); zwei Portugiesen: Sá de Miranda (um 1490–1558) und Jorge de Montemayor (gest. 1561) sowie Pedro de Padilla, der mit beiden in der pastoralen Poesie wetteiferte. Als Dichter schwungvoller, rhythmisch vollendeter Oden glänzten H. de Herrera (gest. 1597) und Fray Luis Ponce de Leon (1528–91), der mit klassischer Korrektheit ein tief religiöses Gefühl verband; als gewandter Madrigaldichter Gutierre de Cetina (gest. 1560). An der Spitze der Verteidiger der altspanischen Poesie stand Christóval de Castillejo (gest. 1556), dessen Lieder und Redondillas echte Heimatlichkeit atmen, während seine gewandten Satiren oft zu weit gehen. Unter seinen Parteigängern sind ausgezeichnet durch edle Einfachheit und zierlichen Versbau A. de Villegas, der Portugiese Gregorio Silvestre und sein Freund Barahona da Soto (vgl. F. Rodríguez Marin, Luis B. de Soto, Madr. 1903). Nicht gleichen Schritt mit den lyrischen Produktionen hielt die epische Poesie, die in der zweiten Periode ganz brach gelegen hatte. Zwar begeisterte der Kriegsruhm Karls V. und die Entdeckung Amerikas zu vielen Versuchen, doch kommt kaum einer über die Reimchronik und Nachahmungen von Tassos »Befreitem Jerusalem« hinaus. Nur die »Araucana« des A. de Ercilla (gest. 1595), in die der Verfasser Selbsterlebtes verflochten hat, ragt durch epischen Geist und epische Unmittelbarkeit hervor. Daneben ist die »Austríada« des Gutiérrez Rufo und das religiöse Gedicht »Monserrate« von Virues einzelner Schönheiten wegen der Beachtung wert. Daß in der Folgezeit die eifrig gepflegten komischen Heldengedichte (wie die »Gatomaquia« von Lope de Vega und die »Mosquea« von Villaviciosa) besser gelangen, sei gleich hier erwähnt. Hingegen hatte das Nationalbewußtsein bei den Kunstdichtern das historische und ästhetische Interesse an den alten Romanzen neu angefacht. Sie wurden gesammelt, überarbeitet, fortgesetzt, nachgeahmt, so daß von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrh. in den Romanceros (vgl. den »Romancero General« von 1600) neben echten alten Volksromanzen, eine Unzahl neuer von bekannten Kunstdichtern erschienen, von denen viele ganz vorzüglich den schlichten Ton der Originale treffen, während andre trocken chronikartig, sehr zahlreiche rein lyrisch, nicht wenige gekünstelt und allzu farbenreich sind.

Befruchtend wirkte die Beschäftigung mit dem Romanzenschatz sowie die kunstgemäße Ausgestaltung der Lyrik auf die Entwickelung des nationalen Dramas, das von 1600 an der wahre Ausdruck des poetischen Lebens der Nation ward. Gleich anfangs hatte es in Torres Naharro einen Repräsentanten der Hauptrichtungen gefunden, die später eingeschlagen wurden. Durch seine »Himenea«, »Calamita« u. a. regte er zu den phantasiereichen Schöpfungen der heroischen Verwickelungs- und Intrigenstücke (comedias de ruido und comedias de capa y espada, nach der Tracht der caballeros) an, während er durch die realistischen Genrebilder seiner Tinelaria und Soldadesca der Vorläufer solcher Dramatiker wurde, die in der treuen Darstellung der nationalen Wirklichkeit ihre Aufgabe suchten, es sei in Vor- und Zwischenspielen oder in komischen Szenen und karikierenden Farcen (loas, pasos, entremeses, farsas, sainetes, comedias de figuron). An ihn und Gil Vicente schloß sich zunächst Lope de Rueda an, dem das italienische Schauspiel manche Anregung gab, sowie Juan de Timoneda (gest. nach 1597), Juan dela Cueva, der bereits die spanische Geschichte und zeitgenössische Ereignisse auf die Bühne brachte (»Sitio de Zamora«, »Infantes de Lara«, »Bernardo del Carpio«, »Saque de Roma«), und Rey de Artieda, dessen »Amantes de Teruel« durch volkstümliche Schönheit glänzen. Unter den Klassizisten, die durch Übersetzung und Nachbildung antiker Stücke das Drama nach griechisch-römischen Mustern umzugestalten versuchten, ragen hervor Geronimo Bermudez, der mit seiner »Nise lastimosa« und »Nise laureada« die Reihe der spanischen Ines de Castro-Dramen eröffnete; Cristóval de Virues (gest. 1610), dessen mit Chören versehene, »Elisa Dido« nicht ohne tragisches Pathos ist; L. L. Argensola mit »Alexandra« und »Isabela« und Cervantes, dessen »Numancia« das Beste ist, was diese Schule gezeitigt hat. In seinen »Tratos de Argel« (1585) und muntern Zwischenspielen ist er hingegen ganz national. Neben diesen Gattungen bestanden auch die geistlichen Schauspiele fort. Nachdem die Weihnachtsautos erschöpft waren, erblühten (im 17. Jahrh.) die meist symbolischen Fronleichnamsspiele (Autos sacramentales; s. Auto und Calderon 1).

Die Entwickelung der Prosa blieb im 16. Jahrh. hinter den poetischen Fortschritten nicht zurück. Durch das immer allgemeiner werdende Studium des Altertums gewann sie an Klarheit, Kraft, Eleganz; durch Erforschung der eignen Geschichte an Reichtum und Schlagfertigkeit. Der erste, der sie auch zur Darstellung philosophischer Betrachtungen mit Erfolg anwandte, war F. Pérez de Oliva in dem gediegenen »Dialogo de la dignidad del hombre«, fortgesetzt von F. Cervantes de Salazar. Antonio de Guevaras »Relox de Principes« ist ein gedankenreicher didaktischer Roman, den stilistisch die zum Teil erdichteten »Epistolas familiares« noch übertreffen. Valdes behandelt in seinem »Dialogo de Mercurio y Caron« alle zeitbewegenden Fragen, während er im »Dialogo de las lenguas« Sprache und Literatur erörtert. Auf dem Gebiete der Geschichtschreibung lernte man die Kunst pragmatischer und doch schöner Darstellung den Griechen und Römern ab. Schon bei den Historiographen Karls V., Pero Mexia und Juan Gines de Sepulveda (gest. 1574), ist dies Streben merklich, entschiedener jedoch bei den eigentlichen Vätern spanischer Geschichtschreibung: Geronimo Zurita, dem zuverlässigen, doch schwerfälligen Verfasser der »Anales de la corona de Aragon« (fortgesetzt von B. L. Argensola) und Ambrosio de Morales (gest. 1591), der eine von Ocampo begonnene Geschichte Kastiliens mit Umsicht und Kritik weiterführte. Das erste wirklich klassische, historische Werk ist jedoch die »Historia de la guerra de Granada« des gelehrten Staatsmanns und Dichters Diego de Mendoza. Unter den Berichterstattern über die Neue Welt ist neben Fernandez de Oviedo mit seiner »Historia general y natural de las Indias« (1535) der tapfere Krieger Diaz del Castillo (gest. 1560) zu nennen, der in der »Conquista de la Nueva España« Selbsterlebtes berichtet, und der edle Las Casas (gest. 1566), dessen »Historia de las Indias« erst 1876 gedruckt ward. Von größter Bedeutung ist die lateinisch und spanisch abgefaßte »Historia de España« (bis zur Thronbesteigung Karls V.) des Jesuiten Juan de Mariana (1536 bis 1623), der rhetorische Kraft und Anschaulichkeit mit freimütiger Gesinnung verbindet. In klassischer Sprache sind auch die nach seiner Flucht aus Spanien geschriebenen Briefe des Geheimschreibers Philipps II., Antonio Perez (gest. 1611), abgefaßt. Ganz verschieden, doch ebenso bemerkenswert, sind die der heil. Teresa de Jesus (1515–82). Neben den tiefempfundenen Erbauungsbüchern dieser glänzend begabten Frau (wie »Castillo interior« und »Camino de Perfeccion«) verdient die »Perfecta Casada« des Dichters Fray Luis de Leon Beachtung sowie der »Guia de Pecadores« des großen Kanzelredners Fray Luis de Granada (gest. 1588).

Der Roman entwickelte sich rasch. Im Schäferroman, zu dem Sannazaro und die nationale Hirtendichtung selbst angeregt hatte, eröffnete der Portugiese Montemayor den Reigen mit seiner »Diana« (fortgesetzt von Gil Polo, Alonso Perez u. a.). Wie sehr das Genre gefiel, bewies noch die »Galatea« des Cervantes und die »Arcadia« von Lope de Vega Carpio. Vorzüglich gelang die reizende maurische Novelle des A. de Villegas, »Historia del Abencerrage y de la hermosa Jarifa« (1566), sowie der historische Roman des G. Perez de Hita (1595), »Historia de las guerras civiles de Granada«. Der Ritterroman ward das ganze Jahrhundert hindurch mit Fanatismus gepflegt. An den erotisch-phantastischen »Amadis de Gaula« schlossen sich 24 Bücher, über die immer ungeheuerlichern Abenteuer seiner Kinder und Kindeskinder sowie zahlreiche »Palmerines« und »Primaleones«. Den Schelmenroman schuf Mendoza mit seinem »Lazarillo de Tormes« (1554; Neuausg. von Foulché Delbosc, Barcelona 1900), dem in diesem Jahrhundert noch Vicente de Espinels »Vida y hechos del picaro Guzman de Alfarache« (1599) folgte. Seine Blüte erreichte er erst, nachdem der Ritterroman sich überlebt hatte, d. h. nachdem (1605) der größte und tiefsinnigste Schriftsteller Spaniens, Miguel de Cervantes (1547–1616), der alle Richtungen seiner Zeit in sich vereinigte, in seinem unsterblichen Meisterwerke, dem satirisch-komischen Roman »Don Quixote«, dem herrschenden Unwesen den Garaus machte.

Mit dem 17. Jahrh. tritt das Drama in die Periode höchster Entfaltung, die fast bis zum Ausgang desselben dauert. Stofflich umfaßt es so ziemlich alles, was die Weltgeschichte Bedeutsames enthält, und besonders, was das spanische Leben Eigenartiges aufzuweisen hat. Die übergroße Zahl von Bühnendichtern jener goldenen Ära teilt sich in zwei Gruppen, als deren Mittelpunkte die beiden fruchtbarsten Genien aller Zeilen Lope de Vega Carpio (1562–1635) und Calderon de la Barca (1600–81) glänzen. Gleich ausgezeichnet durch Erfindungsgabe und geniale Ausführung, sind sie die eigentlichen Schöpfer der Comedia, die sie aus rein nationalen Elementen gestalteten. Von den 200 Bühnenstücken Calderons sind die berühmtesten die Wunderkomödien »La devocion de la cruz« und »El mágico prodigioso« (Der spanische Faust); die tragischen Schauspiele »El príncipe constante« und »El Alcalde de Zalamea«, das romantische Schauspiel »La vida es Sueño«, das Ehrendrama »El médico de su honra« und das geistliche Auto »La cena de Baltasar«. Unter den 1500 Stücken Lopes, von denen sich etwa 500 erhalten haben, sind die bekanntesten (durch Übersetzungen und Nachdichtungen) »El mejor alcalde el rey«, »La Judia de Toledo« (Quelle von Grillparzers »Jüdin von Toledo«), »La Estrella de Sevilla«, »La fuerza lastimosa«, »El villanoen su rincon«, »El mayor imposible«, »Amar sin saber á quien«. Doch sind die beiden Koryphäen nicht ohne Vorgänger. Als solche sind einige ältere Zeitgenossen Lopes aus der bis vor kurzem wenig beachteten Valencianer Schule zu betrachten, wie Gaspar de Aguilar, Miguel Sanchez, Guillen de Castro (gest. 1638), dessen Hauptwerk »Las mocedades del Cid« das Vorbild zu Corneilles »Cid« ward. Als Schüler des »Wunders der Natur« hingegen sind anzusehen: Perez de Montalvan (gest. 1638), Verfasser der beliebten »A mantes de Teruel«, die, wie erwähnt, schon früher behandelt worden waren; Gabriel Tellez, der sich als Dichter Tirso de Molina nannte (1570–1648), ein fruchtbarer und geistvoller Kopf, der für den Verfasser der ersten Don Juan-Dichtung galt (»El burlador de Sevilla«); Juan Ruiz de Alarcon (gest. 1639), ein origineller Denker voll glühender Phantasie und plastischer Kraft, dessen »Tejedor de Sevilla« unter die Meisterwerke der heroisch-romantischen Gattung gehört, während aus »La verdad sospechosa« Corneilles »Menteur« erwuchs; Luis Velez de Guevara (gest. 1646), der die Wirklichkeit kraftvoll darzustellen weiß und berühmt ist durch das Drama »Mas pesa el rey que la sangre«, eine Verherrlichung der Lehnstreue, sowie durch eine Bearbeitung der Ines de Castro »Reinar despues de morir«. Unter den vielen Stücken aus Lopes Zeit von unbekanntem Verfasser, die gewöhnlich als »Comedia famosa por un ingenio de esta corte« erschienen, erregte »El diablo predicador« am meisten Aufsehen. Wie bei Calderon zu Lopes sprudelnder Fülle und Originalität noch künstlerische Reflexion und sorgsamere Ausführung hinzukam, so auch bei einigen Nachfolgern. Die namhaftesten sind Agustin Moreto (1618–68), der seine Entwürfe sehr sein ausarbeitete, wie in »El valiente justiciero« und »El desden con el desden« (»Donna Diana«); Francisco de Rojas (um 1650), Verfasser von »Del rey abajo ninguno«; Mattos Fragoso, den liebenswürdige Wärme und Eleganz des Stils auszeichnen; B. Diamante, Juan dela Hoz Mota, Antonio de Solis, A. Enriquez Gomezu. v. a.; denn der Reichtum der damaligen Bühne ist unübersehbar. Und selbst die der Verfallzeit angehörenden karikierenden »Comedias de figuron«, z. B. von Cañizares (gest. 1750), atmen noch echt nationalen Geist.

Mit dem durchaus volkstümlichen Drama konnte sich die lyrische Poesie im 17. Jahrh. weder an vielseitiger Ausbildung noch an Beliebtheit messen. Die phantasievolle Weise Lopes fand auch hier Eingang, wurde jedoch bald von einzelnen Dichtern durch gezierte und schwülstige Wendungen ins Barocke verzerrt. An Stelle wahrer Gedanken und Empfindungen traten hochtönende Worte, gesuchte, abenteuerliche Bilder, geschraubte, absichtlich dunkle Phrasen. Der Hauptträger dieser geschmacklosen Moderichtung ward in Spanien der hochbegabte Luis de Gongora (1561 bis 1627), Verfasser der »Soledades« und Erfinder des »estilo culto« oder Gongorismus. Unter seinen Anhängern übten durch Bedeutung und hohen Rang den verderblichsten Einfluß der durch sein tragisches Geschick bekannte, 1621 ermordete Graf von Villamediana und der Hofprediger Felix Paravicino de Arteaga (gest. 1633). Doch wird letzterer, der das Hauptgewicht auf überraschende Gedanken legte, besser zu den sich von den Gongoristen oder Kultisten durch Hinneigung zum Mystischen und Metaphysischen unterscheidenden gedankenreichen Konzeptisten gerechnet. An ihrer Spitze stand nächst Quevedo der fromme A. de Ledesma (1552–1623), Verfasser der »Conceptos espirituales« (1600). Die wirklich bedeutenden Dichter gehörten jedoch zu den Gegnern Gongoras und Ledesmas, obschon auch sie den herrschenden Manieren Zugeständnisse machten. So die Brüder Lupercio Leonardo und Bartolomé de Argensola (gest. 1613 und 1631), echte Lyriker, die, Horaz und den Italienern nacheifernd, mit tiefem Gefühl und vornehmem Darstellungstalent echte Korrektheit des Ausdrucks verbinden; Estevan Manuel de Villegas (gest. 1669), der erste anakreontische Dichter Spaniens; Francisco de Rioja (gest. 1659), der Vortreffliches als Odendichter leistete; Juan de Arguijo (um 1620), ein zartsinniger Sonettensänger, gefeiert wegen einer »Silva« an seine Leier; der Maler Juan de Jauregui (gest. 1641), der Tassos »Aminta« übersetzte und einen »Orfeo« in fünf Gesängen schrieb; F. de Borja, Fürst von Esquilache (gest. 1658), dem Romanzen und kleinere Gedichte nach altspanischer Manier besser gelangen als das Poem »Napoles recuperada«; Vicente de Espinel (gest. 1634), bekannt wegen anmutiger Dichtungen in beiden Stilarten und als Erfinder einer neuen Decime (s. Espinel); Bernardo de Balbuena (gest. 1627), Verfasser des romantischen Heldengedichts »Bernardo« und des Schäferromans »Siglo de oro«. Nächst Gongora ist das selbständigste lyrische Genie des 17. Jahrh. der scharfsinnige, schon genannte F. Gomez de Quevedo (gest. 1645), der auch auf andern Gebieten in erster Reihe steht, groß und eigenartig besonders in Satiren und Epigrammen, burlesken Liedern und Schelmenromanzen (xácaras). Auch der humoristische Baltasar de Alcazar (gest. 1606), der »göttliche« Figueroa, den man gern als den spanischen Pindar bezeichnet, der schon genannte L. Barahona de Soto, dessen elegante, doch ermüdende Fortsetzung des »Rasenden Roland« (»Lágrimas de Angelica«) ungewöhnlichen Beifall fand. Auch die Nonne Ines de la Cruz aus Mexiko ist nennenswert wegen der metrischen Vorzüge ihrer Dichtungen und sein zugespitzter Gedanken.

Auf dem Gebiete der Prosa war der Höhepunkt mit Cervantes' Meisterwerk erreicht. Immerhin folgten noch belangreiche Leistungen. Der Ritterroman war tot, und auch der Schäferroman verlor mehr und mehr die Gunst des Publikums. Hingegen fanden Schilderungen der zeitgenössischen Sitten großen Beifall, teils in Form kleiner Novellen, in deren Gattung Cervantes mit seinen romantischen und doch realistischen »Novelas exemplares« (1613) den Ton angab, gefolgt von G. Salas Barbadillo (gest. 1630), dem Dramatiker Tirso de Molina mit den anmutigen »Cigarrales de Toledo« (1624), Perez de MontalvanPara todos«, 1630) und Maria de Zayas (1637); teils in zahlreichen Schelmenromanen nach dem Muster des »Lazarillo de Tórmes« von Mendoza. Die nennenswertesten sind: die wortreiche und oft dunkle »Pícara Justina« (1605) von F. Lopez de Ubeda (Pseudonym für Andres Perez); der zweite Teil des »Guzman de Alfarache« von Mateo Aleman (1615); der »Lazarillo de Manzanares« von J. Cortes de Tortosa (1620 u. 1901); der kühn gedachte und mit sicherer Hand gezeichnete »Gran Tacaño« von Quevedo (1626); die etwas rohe Lebensgeschichte des »Gregorio Guadaña« von A. Enriquez Gómez (1644); die lustige und drastische Selbstbiographie des »Estevanillo Gonzalez« (1646); der geistvolle »Marcos de Obregon« von Vicente de Espinel (1618), der den Schelmenroman und den italianisierenden Abenteuer- und Intrigenroman zu einem Ganzen verschmolz. – Eine dritte Reihe von Darstellungen spanischen Lebens bilden Erzählungen in jenem burlesk-phantastischen Stil, der zuerst von Quevedo, bald nach 1600, in sein, aber bitter satirischen »Sueños« und in den witzigen »Cartas del Caballero de la Tenaza« aufgebracht, dann von Velez de Guevara im »Diablo cojuelo« (1641; Neuausgabe von Bonilla y San Martin, Vigo 1902) weiter ausgebildet wurde, dem Vorbild zu Lesages »Diable boiteux«. – Mit der Zeit litt indessen auch die Prosa durch den Einfluß der Konzeptisten und Gongoristen. Der geistvolle, doch oft bizarre Jesuit Baltasar Gracian (1601–58) behandelte die Kunst, nach dem Geiste der Zeit zu reden und zu dichten, in seiner »Agudeza y arte de ingenio«; gab in dem vielbewunderten »Oraculo manual« Regeln der Weltklugheit und in dem moralphilosophischen »Criticon« in Novellenform eine Allegorie auf das menschliche Leben, wie es sich im Kopfe eines Spaniers malt. Das Bild vervollständigt der »Fürstenspiegel« des Diego de Saavedra Faxardo: »Idea de un Principe cristiano« (1640), sowie Quevedos »Politica de Dios y Gobierno de Cristo«. – Die Geschichtschreibung, deren Ausbildung durch religiösen und politischen Druck in jeder Weise behindert ward, hat nach Mariana noch zwei Vertreter von Wert aufzuweisen: den Portugiesen Francisco Manoel de Mello (gest. 1665), der die »Katalanischen Kriege« schrieb, und A. de Solis, dessen »Geschichte der Eroberung Mexikos« wie ein Heldengedicht in Prosa gemahnt, aber an Befangenheit des Urteils und Mangel an Objektivität leidet.

Vierte Periode (1701–1820).

Die vierte Periode, die von der Thronbesteigung der Bourbonen (1701) bis zum Ende der Unabhängigkeitskriege gegen Napoleon reicht, ist charakterisiert durch die Herrschaft des französischen Kunstgeschmacks. Erst am Ende vollzog sich eine Wiedergeburt der spanischen Literatur durch Verschmelzung der nationalen Elemente mit der modern-europäischen Bildung. Nachdem die Literatur lange Zeit in demselben Marasmus gelegen, in den die Nation seit dem Tode des letzten, unfähigsten Habsburgers, Karls II., versunken war, kam gegen die Mitte des 18. Jahrh. ein neuer Geist über die Pyrenäen. Eingang verschaffte ihm Ignacio de Luzan (gest. 1754). Die in seiner Schrift »La Poetica« (1737) erörterte französischklassische Kunstlehre fand sofort begeisterte Anhänger. Die Gelehrten L. J. Velazquez (gest. 1772) in »Origenes de la poesia castellana« (1754) und Gregorio de Mayans (gest. 1782) in »Retorica« (1757) haben die Theorie Luzans weiter entwickelt. Gleichzeitig wirkte der Benediktinermönch Benito Geronimo Feyjoo (gest. 1764) durch »Cartas eruditas y curiosas« für Bildung des verdummten Volkes und Reform der Wissenschaften, während unter der aufgeklärten Regierung Karls III. José Franc. de Isla (gest. 1781) in dem satirischen Roman »Fray Gerundio de Campazas« sogar gegen die Mißbräuche der Kirche zu Felde zog. Inzwischen hatte schon die Reaktion des alten Nationalgeistes gegen die Bestrebungen der Gallizisten begonnen. Als Hauptverfechter desselben trat, mehr theoretisch als durch eigne Schöpfungen, der blind eifernde Patriot Garcia de la Huerta (gest. 1787) auf. Gleichzeitig wußte Lopez de Sedano durch den »Parnaso español«, eine Sammlung der bemerkenswertesten Dichtungen des 16. und 17. Jahrh., Tomas Antonio Sanchez durch eine Auswahl der ältesten spanischen Dichtungen, sowie Sarmiento durch seine »Historia de la poesia española« das Interesse für heimische Poesie wieder anzuregen. – Der erste bedeutendere Schriftsteller der französischen Richtung ist Nicolas Fernando Moratin (gest. 1780), besonders als dramatischer Dichter. Neben ihm ragt nur der fruchtbare Ramon dela Cruz (gest. 1795) durch seine von genialem Humor erfüllten Sainetes hervor. Eine Dichterschule, nach ihrem Hauptsitz »Schule von Salamanca« genannt, nahm eine vermittelnde Stellung ein, insofern ihre Mitglieder, gegen die Anforderungen des Zeitgeistes nicht blind, doch patriotisch genug waren, um neben den fremden auch einheimische Muster der guten Zeit zu berücksichtigen. Das eigentliche Haupt dieser Schule war Juan Meléndez Valdéz (gest. 1817), der die Nation zu begeistern verstand und philosophische Elemente in die spanische Dichtung aufnahm. Zu seinen Anhängern gehörten: Nicasio Alvarez Cienfuegos (gest. 1809), ein Dichter zarter und anmutiger Liebeslieder; José Iglesias dela Casa (gest. 1791), besonders im Epigramm und in kleinen satirischen Gedichten ausgezeichnet; Tomas de Iriarte (gest. 1791), der die Fabel in die spanische Dichtkunst einführte und darin in F. M. de Samaniego (gest. 1801) einen glücklichen Nachfolger fand; ferner der ältere José de Cadalso (gest. 1782) und der Staatsmann und Patriot Gaspar Melchior de Jovellanos (gest. 1811), ein hochbegabter Schriftsteller und reiner Charakter, der auf die Wiedergeburt der spanischen Literatur von großem Einfluß war. Strenger am französischen System hielt der talentvolle Leandro Fernandez de Moratin (der Jüngere, 1760–1828), besonders in seinen LustspielenEl sí de las niñas«), die sich, wie seine übrigen Werke (Oden, Sonette, Epigramme, das Idyll »La ausencia« etc.) durch Anmut der Schreibart und Feinheit des Geschmacks auszeichnen und mit verdientem Beifall aufgenommen wurden.

Fünfte Periode (von 1820 bis zur Gegenwart).

Die Ereignisse des 19. Jahrh., der Unabhängigkeitskrieg gegen die Besitzergreifung Spaniens durch Napoleon und die folgenden Aufstände, übten einerseits einen nachteiligen Einfluß auf die Literatur, da politische Kämpfe und Debatten einen großen Teil der vorhandenen Talente verzehrten; anderseits wirkte der durch den Unabhängigkeitskrieg errungene Sieg über die französische Usurpation wie in politischer, so auch in literarischer Hinsicht belebend. Auch der Anteil an der Regierung, den die Nation durch die innern Umwälzungen errang, trug zu ihrer allseitigern Geistesentwickelung bei und gab der Literatur wieder eine patriotische und selbständige Haltung. Von den Schriftstellern und Gelehrten, die sich an den politischen Kämpfen beteiligten, sei an Antonio de Capmany (gest. 1813) erinnert, der staatsrechtliche Schriften sowie eine »Filosofia de elocuencia« und den »Tesoro de prosadores españoles« herausgab; ferner an den Nationalökonomen Florez Estrada und die Publizisten Donoso Cortes, Conde de Toreno. José de Larra (gest. 1837) war einer der vorzüglichsten Schriftsteller Spaniens, der seine Zeit mit all ihren Erscheinungen auf dem Gebiete des politischen wie des sozialen Lebens einer strengen Kritik im Gewand originellen Humors und treffender Satire unterzog, aber auch als Dichter sich auf dem Felde des Romans und des DramasMacias«, »No mas mostrador«) berühmt machte. In der poetischen Literatur traten zwei Parteien einander gegenüber: die Klassiker, die sich der französisch-klassischen Regel unterwarfen, andernteils aber auch von dem Zurückgehen zur alten spanischen Nationalpoesie das Heil der Dichtkunst erwarteten, und die Romantiker, die fessellos den Antrieben ihres Genius folgten, oder sich der neufranzösischen Richtung anschlossen. Als Dichter der ersten Richtung sind zu nennen: Manuel José Quintana (gest. 1857), Verfasser des Trauerspiels »Pelayo« (1805) und trefflicher Oden (auch als Historiker geschätzt); die Lyriker Juan Bautista de Arriaza (gest. 1837); José Somoza; Juan Maria Maury, dem man anmutig-einfache Romanzen wie auch größere epische Gedichte verdankt; Felix José Reinoso (gest. 1842), der sich durch das Epos »La inocencia perdida« und kleinere Poesien einen Namen erwarb; José Joaquin Mora, durch satirische Fabeln und Romanzen ausgezeichnet; Serafin Estebanez Calderon (gest 1867), ein leidenschaftlicher Anhänger der alten Nationalpoesie und flotter Sittenschilderer. Viele Dichter schwankten zwischen der klassischen und romantischen Richtung; so: Alberto Lista (1775–1848), gleich ausgezeichnet als Dichter und Mathematiker (»Poesias sagradas«, »Poesias filosoficas«, Romanzen etc.); der gefeierte Staatsmann Angel de Saavedra, Herzog von Rivas (gest. 1865), der von der klassischen Schule zu den Romantikern überging; Francisco Martinez de la Rosa (gest. 1862), in der lyrischen und didaktischen Dichtung wie im beschreibenden EposZarogoza«) und gleich Saavedra auch im Drama hervorragend; Nicasio Gallego (gest. 1853), berühmt durch ergreifende Oden und Elegien; Manuel de Arjona, Verfasser trefflicher Fabeln, Epigramme und scherzhafter Erzählungen. An die Spitze der Romantiker trat José Zorrilla (1817–1890), vielleicht der populärste Dichter des 19. Jahrh., der sich von der Poesie der Zerrissenheit und des Schmerzes zu einer heitern Auffassung des Lebens durcharbeitete und auf fast allen Gebieten der Dichtkunst, besonders jedoch im Drama Vortreffliches leistete. Neben ihm glänzten: der exzentrische José de Espronceda (gest. 1842), ein Dichter der Verzweiflung; der schwermütige Nicomedes Pastor Diaz, dem die süßesten und erhabensten Töne zu Gebote stehen; José Bermudez de Castro, in dessen DichtungenEl dia de difuntos«) sich alle Schauer der Romantik finden; der Staatsmann Patricio dela Escosura (gest. 1878), ein schwungvoller Lyriker des Weltschmerzes, dessen Talent sich am glänzendsten in seinen historischen Romanen zeigt, u. a. Später errangen vor andern Ramon de Campoamor (gest. 1901), der Verfasser der tief poetischen Gedichtsammlung »Doloras«, »Humoradas« und »Pequeños Poemas« (Novellen in Versen), und der Volksbarde Antonio de Trueba (gest. 1889) mit seinem »Libro de los cantares« verdienten Beifall. Neben ihnen Ventura Ruiz Aguilera (gest. 1881), Dichter berühmter »Elegias« und der »Leyenda de Noche-Buena«, sowie Gaspar Nuñez de Arce (gest. 1903), Verfasser des Gedichts »El vertigo« und der »Vision de Fray Martin«. Dazu José Selgas, Manuel del Palacio, Gaspar Bueno Serrano, J. Arolas, Bello, Adolfo Becquer; unter den allerneuesten J. M. Gabriel y Galan »Castellanas«, »Campesinas« (1902). Auch ein moderner »Romancero español« von verschiedenen Verfassern fehlt nicht.

Was das Drama betrifft, so war seit den 1830er Jahren die Herrschaft des klassischen Geschmacks im Sinken begriffen. Das spanische Theater trat in ein Stadium, das ein Gemisch extremster Gegensätze bot. Namentlich ließ man sich vom Taumel der sogen. romantischen Schule in Frankreich mit fortreißen, deren Mißgebilde man in Übersetzungen oder krassen Nachbildungen mit Vorliebe auf der heimischen Bühne sah. Erst allmählich klärte sich das Chaos. Die Besonnenern kehrten zu den altklassischen Formen zurück, die sie mit den Anforderungen der modernen Zeit zu vereinen suchten. Würdige, aus edlem Streben hervorgegangene Originalproduktionen gewannen immer mehr die Oberhand. Unter den Klassikern ragte Manuel Breton de los Herreros (1800–73) hervor, einer der fruchtbarsten Bühnendichter des modernen Spanien, unter dessen den verschiedensten dramatischen Gattungen angehörenden Arbeiten die Charakterkomödien, in denen er das Leben der Mittelklassen Spaniens schildert, den obersten Rang einnehmen. Zu derselben Schule gehörten die Lustspieldichter Manuel Eduardo Gorostiza (gest. 1851; »Contigo pan y cebolla«); Juan Eugenio Hartzenbusch (1806–80), Verfasser des Dramas »Los amantes de Teruel«. Von großer Bühnengewandtheit zeugten die Stücke von Antonio Garcia Gutierrez (gest. 1884), den die Tragödie »El Trovador« berühmt machte. Eine zwischen der klassischen und romantischen Richtung hin und her schwankende Stellung nahm der als Lyriker genannte Martinez dela Rosa ein (»La niñaen casa y la madreen la máscara«), dessen dramatische Begabung sich besonders vorteilhaft in historischen Tragödien wie »La conjuracion da Venecia« zeigte. Gil y Zarate (1793–1861), seinen Prinzipien nach Anhänger des Klassizismus, ging in der Praxis später zu den Romantikern über (»Carlos II el Hechizado«, »Rosmunda« und »Guzman el Bueno«). Entschieden romantische Richtung verfolgten in ihren dramatischen Arbeiten der schon genannte Herzog von Rivas, Verfasser des Lustspiels »Solaces de un prisionero« und des Dramas »Don Alvaio«; Zorrilla, der Liebling der Nation, von dem »El zapatero y el rey« und die Bearbeitung der Don Juan-Sage: »Don Juan Tenorio«, am meisten Anklang fanden. Adelardo Lopez de Ayala (gest. 1879) fand Anklang mit »El hombre de estado«, »El tanto por ciento«, »Consuelo«, Luis Martinez de Eguilaz (1833-Tl) mit »Verdades amargas« und »La cruz del matrimonio«. Nennenswert sind ferner Nuñez de ArceDéudas de honra«, »El haz de leña«), Francisco Camprodon (gest. 1870; »Flor de un dia«), Tamayoy Baus (gest. 1898; »Un drama nuevo«, »La rica hembra«, »Locura de amor«), vor allem jedoch Jose Echegaray (geb. 1832; »La esposa del vengador«, »En el seno de la muerte«, »El gran galeoto«, »Locura ó Santidad«, »El hijo de Don Juan«, »Dos Fanatismos«) und Perez Galdós (geb. 1845; »Realidad«, »La loca de la casa«, »La de San Quintin«, »Electra«), Dichter, die das moderne Leben bald in realistischer, bald in idealistischer Auffassung, bald in Prosa, bald in Versen zur Darstellung bringen.

Im Vergleich mit der dramatischen Literatur blieb das Gebiet des Romans lange Zeit vernachlässigt. Nur langsam begann man es eifriger anzubauen. Zunächst mit Übersetzungen und Nachahmungen französischer und englischer Werke; dann in Originalromanen und zwar in solcher Fülle, daß gegenwärtig auch bei den Spaniern der Roman, als das »Epos unsrer Zeit«, nebst der Novelle zum Lieblingsgebilde literarischer Produktion geworden und in verschiedenen Formen ausgebildet ist. Besondere Pflege erfuhr der historische und Sittenroman, deren Hauptrepräsentanten unter den bereits angeführten ältern Autoren LarraEl doncel de Don Enrique el Doliente«), EscosuraEl conde de Candespina« und »Ni rey, ni roque«), José de EsproncedaDon Sancho Saldaña«), Serafin CalderonChristianos y Moriscos«), Martinez dela RosaIsabel de Solis«) und Gertrudis de AvellanedaDos mugeres«) waren. Ungemeinen Erfolg hatte Fernan Caballero (Cäcilia de Arrom, gest. 1877) als Begründerin der Dorfgeschichte und des realistischen Romans in SpanienClemencia«, »La Gaviota«, »Familia Alvareda«), und Antonio de Trueba (1821–89) mit seinen zahlreichen ErzählungenCuentos campesinos«, »Cuentos populares« etc.). Die namhaftesten Novellisten der folgenden Generation waren: Pedro Antonio de Alarcon (gest. 1891; »Sombrero de tres picos«, »Capitan Veneno«, »El escandalo«), der gern philosophierende, hochgebildete Juan Valera (gest. 1906; »Pepita Jimenez«, » Doña Luz«, »Las ilusiones del Doctor Faustino«); J. M. Pereda (gest. 1905; »Sotileza«, »Escenas montañesas«, »La Montalvez«, »Peñas arriba«); Leopoldo Alas (gest. 1902; »La Regenta«, »Teresa«, »Zurita«, »Las dos cajas«). Unter den Schriftstellerinnen: Maria del Pilar, Sinués, Angela Grassi, Faustina Saez de MelgarInés«). Unter den Lebenden überragen alle andern Emilia Pardo Bazan (geb. 1851; »Los pazos de Ulloa«, »Madre Naturaleza«); Perez Galdós (geb. 1845), der den historischen RomanEoisodios nacionales«) und Madrider Sittenbilder, wie »Doña Perfecta«, »La familia de Leon Roch«, »Gloria«, »Angel Guerra«, kultiviert; Coloma (geb. 1851; »Pequeñeces«, »Retratos de antaño«, »Por un piojo«); Armando Palacio Valdes (geb. 1833) mit »El Maestrante«, »La Espuma«, »Tristan«; Vicente Blasco Ibáñez mit Sittenschilderungen aus ValenciaArroz y Tartana«, »Flor de Mayo«, »La Maja desnuda)«; López Allue mit solchen aus AragonCapuletos y Montescos«. 1900; »Pedro y Juana«, 1902). Als interessanter Sitten schilderer bewährte sich Ramon de Mesonero (gest. 1882) in den Werken: »Manual de Madrid«, »Escenas matritenses«. Im übrigen wurde die spanische Prosa durch ausgezeichnete Historiker und berühmte Redner und Publizisten (wie Jovellanos, Agustin Arguelles, Alcalá-Galiano, Donoso Cortes, Martinez de la Rosa, Emilio Castelar, Cánovas del Castillo) wie durch die kritischen Arbeiten eines Gallardo, Salvá, Guerra y Orbe in ihrer Ausbildung wesentlich gefördert. Heute zählt sie zahlreiche und hervorragende Vertreter, von denen wenigstens M. Menéndez y Pelayo und R. Menéndez Pidal erwähnt werden müssen. Groß ist die Zahl der Zeitschriften und Revuen, die, teils politisch-belletristischen, teils wissenschaftlichen Inhalts, in den letzten Jahrzehnten in Spanien aufgetaucht sind. Die reichhaltigsten und gediegensten sind die »Revista de España«, »Revista Contemporanea«, »Revista Europea«. Augenblicklich behaupten die »España Moderna«, seit 1901 »La Lectura«, seit 1906 »La Cultura Española« den ersten Rang.

Wissenschaftliche Literatur.

Die wissenschaftlichen Leistungen vermochten sich in Spanien nicht so glänzend zu gestalten wie die Nationalliteratur. Insbesondere konnte sich in den philosophischen Wissenschaften ein freier, selbständiger Geist nicht entwickeln, weil geistiger und weltlicher Despotismus höchstens ein scholastisches Wissen im Dienste der positiven Theologie und Jurisprudenz duldete. Vgl. Picatoste, A puntes para una biblioteca cientifica española del siglo XVI (1891). Die Philosophie ist fast bis auf die neuesten Zeiten auf der niedrigsten Stufe, der scholastisch-empirischen, stehen geblieben. Nur Dialektik, Logik und mittelalterlicher Aristotelismus wurden kultiviert, da diese Disziplinen den Theologen als Waffe zur Verteidigung ihrer dogmatischen Subtilitäten dienen mußten. Erst im 19. Jahrh. hat auch Spanien einen wirklichen Philosophen hervorgebracht, Jayme Balmes (gest. 1848), der schöne Darstellungsgabe mit metaphysischem Tiefsinn verband, im wesentlichen aber ebenfalls noch in scholastischem Boden wurzelte (»Obras«, 4. Aufl. 1899). Eine rege Tätigkeit entfaltet Spanien jetzt in der Aneignung philosophischer Meisterwerke des Auslandes durch Übertragung und Bearbeitung; so übersetzte M. de la Revilla den Cartesius und Kant, Patricio de Azcarate den Leibniz, Sanz del Rio verpflanzte die Krausesche Philosophie nach Spanien, die daselbst zahlreiche Anhänger fand. Auch Hegel ist viel bearbeitet worden, seitdem Castelar für ihn in Spanien Boden geschaffen; desgleichen Schopenhauer, Hartmann, Nietzsche. Von philosophischen Schriftstellern der Neuzeit sind sonst zu nennen: Lopez Muñoz, der Lehrbücher über Psychologie, Moral und Logik schrieb, M. Perez Olmedo, Eduardo A. de Bessón (»La lógicaen cuadros sinopticos«), Giner de los Rios u. a. Vgl. Menéndez y Pelayo, La ciencia española (3. Aufl. 1887–89, 3 Bde.). – Die wissenschaftliche Theologie blieb starrer Dogmatismus im theoretischen, Kasuistik und Askese im praktischen Teil. Das ganze Mittelalter hindurch galt in der Theologie die scholastische Weisheit des Isidorus Hispalensis als erste einheimische Autorität. Im 15. und 16. Jahrh. machten zwar die Kardinäle Torquemada, der Großinquisitor, und Jimenez, der Regent, Miene, das Bibelstudium zu fördern, und sogar Philipp II. unterstützte die von einem Spanier, Arias Mantanus, in Angriff genommene Antwerpener Polyglotte. Aber im grellen Kontrast zu dieser vornehmlich des literarischen Ruhmes wegen entwickelten, doch immerhin verdienstlichen Tätigkeit steht es, wenn der Versuch, die Bibel dem Volke selbst zugänglich zu machen, sogar an einem Priester wie Luis de Leon durch die Inquisition mit Kerker bestraft ward. Nur in mystischer Askese und Homiletik hat die gläubige Begeisterung der Spanier Ausgezeichnetes geleistet. Hierher gehören unter andern die Schriften des Antonio Guevara (gest. 1545) und Luis de Granada (gest. 1588) sowie die mystisch-asketischen des Karmelitermönchs Juan de la Cruz (gest. 1591) und der heil. Teresa de Jesus (gest. 1582). Erst in neuern Zeiten durften die trefflichen Bibelübersetzungen von Torres Amat, von Felipe de San Miguel und Gonzalez Carvajal an die Öffentlichkeit treten und in kirchen historischen und kirchenrechtlichen Abhandlungen tolerantere Ansichten verbreitet werden, wie in den Schriften von J. L. Villanueva, Blanco White (Leucado Doblado), J. Nomo u. a. Sogar eine »Historia de los protestantes etc.« (Cadiz 1851; deutsch von Hertz, Frankf. 1866), von Adolfo de Castro verfaßt, wagte sich aus Licht, der sich später eine treffliche, freilich ganz vom spanischen Standpunkt aus geschriebene »Historia de los heterodoxos españoles« von Menéndez y Pelayo (Madr. 1880, 2 Bde.) anschloß.

Auch im Fach der Rechts- und Staatswissenschaften fehlte es an einer philosophischen Grundlage und Freiheit der Diskussion. An Gesetzsammlungen und gesetzgeberischer Tätigkeit war in Spanien nie Mangel. Die ältesten RechtsbücherFuero Juzgo«, Madr. 1815) reichen bis in die Zeit der Gotenherrschaft zurück; die legislatorischen Arbeiten des Königs Alfons X., des Weisen (hrsg. von der Akademie der Geschichte, das. 1847; kommentiert von Jimenez Torres, das. 1877), wurden schon erwähnt. Eine Sammlung spanischer Gesetzbücher mit den Kommentaren der berühmtesten Rechtsgelehrten erschien als »Codigos españoles concordados y anotados« (Madr. 1847, 12 Bde.); die »Fueros« (Munizipalgesetze) begann Muñoz zu sammeln (das. 1847). Wertvolle Arbeiten über die spanische Rechtsgeschichte lieferten Montesa und Manrique, auch Benvenido Oliver, der speziell das katalonische Recht behandelte, während Soler und Rico y Amat ihre Aufmerksamkeit der Geschichte des öffentlichen Lebens zuwendeten. Die Rechtsphilosophie fand Bearbeiter in Donoso Cortes und Alcalá-Galiano sowie neuerdings in Elemente Fernandez Elias und F. Giner, die freiern Ansichten Bahn brachen. Eine Philosophie des Familienrechts und Geschichte der Familie schrieb Manuel Alonso Martinez. In ironischem Gegensatz zu dem in Spanien herrschenden schlechten Staatshaushalt steht die seit der Mitte des 18. Jahrh. mit Vorliebe betriebene theoretische Bearbeitung der Nationalökonomie; bereits zu Anfang des 19. Jahrh. konnte Semper die Herausgabe einer »Biblioteca española economico-politica« unternehmen. Außer den im 18. und zu Anfang des 19. Jahrh. berühmt gewordenen Schriftstellern Campomanes, Jovellanos, Cabarrus, wovon die beiden letztern klassisches Ansehen erhalten haben, zeichneten sich später auf diesem Gebiete besonders Canga-Arguelles (gest. 1843) und Florez Estrada (gest. 1853; »Curso de economia politica«) aus. Hervorragende Arbeiten über Fragen des öffentlichen Wohls sind die einer Frau, Concepcion ArenalObras completas«. bis 1902: 20 Bde.). Vgl. Torres Campos, Bibliografia española contemporanea del derecho y de la politica 1851–1896 (Madr. 1899).

Besonders fleißig ist von den Spaniern das Gebiet der Geschichte bearbeitet worden. Von den Chroniken, zu denen man sich seit Alfons X. der Landessprache bediente, und den übrigen Geschichtswerken der frühern Zeit, in denen sich mit stilistischer Vervollkommnung allmählich auch der Sinn für pragmatische Auffassung entwickelte, wurden die wichtigsten schon bei der Nationalliteratur erwähnt. Im 18. Jahrh. zeichneten sich der Marques de San Felipe (gest. 1726), der eine Geschichte des Spanischen Erbfolgekriegs schrieb, Henrique Florez (gest. 1773; »España sagrada«, Neuausgabe im Erscheinen, bis 1906: 15 Bde.), Juan Bautista Muñoz (gest. 1799), durch seine Geschichte der Entdeckung und Eroberung AmerikasHistoria del nuevo mundo«), und Juan Frane. Masdeu (gest. 1817; »Historia critica de España«) aus. Im 19. Jahrh. machte sich Juan Antonio Conde (gest. 1820) durch seine unkritische »Historia de la dominacion de los Arabesen España« berühmt; Manuel José Quintana (gest. 1857) durch seine »Vidas de Españoles celebres«, während der vielverfolgte Verfasser der Geschichte der spanischen Inquisition, Llorente (gest 1823), sein Werk im Ausland und in französischer Sprache schreiben mußte. Der Tätigkeit der königlichen Akademie der Geschichte verdankt man, außer ihren »Memorias« und dem »Boletin« (46 Bde.), zahlreiche Quellenschriften, an die sich weitere Urkundensammlungen reihten, namentlich die von Navarrete, Salvá und Barrantes begonnene, von Fuensanta del Valle, J. Sancho Rayon und Fr. de Zabalburu fortgeführte »Coleccion de documentos ineditos para la historia de España« (bis 1902: 112 Bde.) sowie das »Memorial historico español« (43 Bde.). Am eifrigsten wurde auch später die vaterländische Geschichte bearbeitet, namentlich von Modesto Lafuente (gest. 1866), dessen »Historia general de España« alle frühern derartigen Werke übertrifft; von Rico y A mat und Antonio Cavanilles (gest. 1864), dessen vortreffliche »Historia de España« leider unvollendet blieb, u. a. An diese Werke schließen sich Arbeiten über die spanische Kulturgeschichte von Tapia (»Historia de la civilizacion de España«), Ramon de Mesonero, Romanos, Ad. de Castro (über die Kultur Spaniens im 17. Jahrh.) u. a. sowie zahlreiche, zum Teil vorzügliche Provinzial- und Lokalgeschichten, z. B. die »Historia de Cataluña« von Balaguer, die »Historia de la villa de Madrid« von Sanguineti, »Valencia y su reino« von Roque Chabás etc. Auch die Geschichte der ehemaligen Kolonien hat neuerdings zahlreiche Bearbeiter gefunden, z. B. an TorrenteLa revolucion moderna hispano-americana«), MoraMexico y sus revoluciones«), Pedro de Angelis u. a., wie auch Urkundensammlungen über die Entdeckung und Eroberung derselben veröffentlicht wurden (»Coleccion de libros que tratan de America« [zunächst 11 Bde.]; »Coleccion de documentos Ultramar« [13 Bde.]; »Coleccion de libros raros de America« [19 Bde.]; »Coleccion nueva de documentos ineditos para la historia de España y de sus Indias« [6 Bde.]; »Coleccion de documentos ineditos para la historia de Chile« [30 Bde.]; »Historiadores de Chile« [17 Bde.]; »Autores Mexicanos« [31 Bde.]). Desgleichen blühen die arabischen Studien unter Gayangos, de los Rios dem Jüngern, Simonet u. a. (in »Biblioteca arabo-hispana«, 10 Bde.), »Coleccion de estudios arabes« (6 Bde.). Von sonstigen Spezialwerken seien erwähnt: Maldonados klassische »Historia de la guerra de independencia de España« (1833), des Grafen von Toreno »Historia del levantamiento etc. de España« (1835), Carvajals »España de los Borbones« (1843), San Miguels »Historia de Felipe II« (1844), Gomez Arteches »Historia de la guerra civil« (1868 ff.), Barrantes' »Guerras piraticas de Filipinas«, Amador de los Rios' »Historia de los Judíos de España«, Castelars »Civilizacionen los cinco primeros siglos del cristianismo« und »Historia del movimiento republicanoen Europa«, Canovas del Castillos »Ensayo sobre la Casa de Austriaen España« und »Estudio del reinado de Felipe II« u. a.

Auf dem Gebiete der Literaturgeschichte hat Amador de los Rios (gest. 1878) mit seiner unvollendeten »Historia critica de la literatura española« (1860 ff.) lange die erste Stelle behauptet, wenn sie auch den wissenschaftlichen Anforderungen der Neuzeit keineswegs gerecht wird. Andre Übersichtswerke sowie Einzelstudien, zum Teil sehr verdienstlicher Art, liegen vor von J. MoratinOrigenes de teatro español«), Lista y AragonEnsayos literarios criticos«), Gil y ZárateManual de literatura«), Martinez de la RosaLa poesia didactica, la tragedia y la comedia española«), Fernandez Guerra y OrbeJuan Ruiz de Alarcon« und »Quevedo«), Abelino de OrihuelaPoetas españoles y americanos del siglo XIX«), Canalejas, Revilla (»Principios de la literatura española«), Perojo Espino (»Ensayo critico-historico del teatro español«), Milá y FontanalsObras Completas«, 8 Bde., darunter »De la poesia heroico-popular castellana«), ValeraHistoria de la literatura española«), Leopoldo Cueto (»Poetas liricos del siglo XVIII«, 1893, und »Estudios de historia y de critica literaria«, 1901), Menéndez Pelayo (»Historia de las ideas esteticasen España« und »De los Trovadoresen España«, 1886, und die vorzügliche, noch unvollständige »Antologia de poetas liricos Castellano s«, deren Einleitungen eine Geschichte der Lyrik ausmachen [Madr. 1890–1907, 12 Bde.] sowie »Antologia Americana«), Cotarelo (»Estudios de historia literaria de España«, 1901) u. a. In bezug auf Kunstgeschichte und Archäologie sind in erster Linie die Arbeiten von Cean-Bermudez (fortgesetzt von Viñaza) und die von P. Madrazo hervorzuheben; daneben verdienen Contreras, Manjarres, Villaamil, nicht minder die Veröffentlichungen der königlichen Akademie der schönen Künste, das von Rada y Delgado herausgegebene »Museo español de antiguedades«, das die interessantesten Kunst- und archäologischen Gegenstände der Halbinsel reproduziert, und die »Monumentos arquitectonicos de España« ehrende Erwähnung. – Neben der Geschichte fand auch die Geographie bei den Spaniern sorgfältige Pflege, wozu sie durch ihre Eroberungen in fremden Weltteilen und ihre Entdeckungsreisen veranlaßt wurden. Aus früherer Zeit ist vor allem die vortrefflich geschriebene »Historia de los descubrimientos y viajes de los Españoles« von Navarrete (1825–37, 5 Bde.) anzuführen; aus neuerer die Schriften von Miñano, Fuster, Carrasco und die unter »Spanien« angeführten lexikalischen Arbeiten von Madoz, Mariana y Sanz und del Castillo sowie die »Geografia de España« von Mingote y Tarazona. Das »Boletin« der Geographischen Gesellschaft umfaßt bereits 42 Bände. Anthropologische Schriften gab Tubino heraus.

Eine umfassende Sammlung spanischer Schriftsteller von den ältesten Zeiten bis auf unsre Tage ist die in Paris von Ochoa geleitete »Coleccion de los mejores autores españoles« (1837–60, 60 Bde.) sowie die von Rivadeneyra herausgegebene »Biblioteca de autores españoles« (Madr. 1846–80, 70 Bde.), jetzt fortgesetzt als »Nueva Biblioteca de autores españoles« (das. 1905 ff., bis jetzt 6 Bde.); »Biblioteca clasica« (das., 200 Bde.); eine Sammlung meist neuerer belletristischer Werke enthält die »Coleccion de escritores castellanos« (bis 1907: 129 Bde.) und die Brockhaussche »Coleccion de autores españoles« (Leipz. 1860–86, 48 Bde.). Für die Herausgabe alter und seltener Werke sorgen vorzugsweise die »Coleccion de bibliofilos españoles« (bis 1896: 25 Bde.), die »Coleccion de libros españoles raros y curiosos« (bis jetzt 24 Bde., Madr. 1871–96) und »Sociedad de bibliofilos Andaluces«. Ausgezeichnete Terte bietet die »Biblioteca Hispanica« (bis 1904: 17 Bde.). Auf dem Gebiete der Bibliographie sind, von ältern Werken abgesehen, unter denen Nicolas Antonios »Biblioteca hispana vetus« und »Biblioteca hispana nova« (Madr. 1783–88) und Rodríguez de Castros »Bibliotheca Española« (1781–86) immer noch höchst brauchbar sind, besonders Ferrer de Rios' »Galeria de la literatura española« (das. 1845), Salvás »Catálogo« (Valencia 1872, 2 Bde.), Barrera y Leirados »Catálogo del teatro antiguo español« (1860), Gallardos (von Zarco del Valle und Ray on vermehrter) »Ensayo de una biblioteca española de libros raros« (Madr. 1863–89, 4 Bde.), Arbolís »Catalogo razonado de la biblioteca Colombina« (1888–91, 2 Bde.) sowie das »Diccionario bibliografico historico« von Muñoz y Romero (1865), das »Diccionario general de bibliografia española« von D. Hidalgo (1864–81, 7 Bde.) und das »Boletin de la libreria« (seit 1874) namhaft zu machen. Hispanischen Studien gewidmet sind die »Revue Hispanique« (Barcelona, seit 1894); »Bulletin Hispanique« (seit 1899) und die »Revista critica de historia y literatura españolas, portuguesas é hispano-americanas« (1895–1900); »Revista Española de Literatura, Historia y Arte« (1901–03); »Revista de Archivos, Bibliotecas y Museos« (3. Serie, seit 1897), früher »Boletin de Archivos« (1871–78).

Vgl. Bouterwek, Geschichte der spanischen Poesie und Beredsamkeit (Götting. 1804; span. Ausgabe, Madr. 1828, 3 Bde.), fortgesetzt von Brinckmeier: »Die Nationalliteratur der Spanier seit Anfang des 19. Jahrhunderts« (Götting. 1850); Brinckmeier, Abriß einer dokumentierten Geschichte der spanischen Nationalliteratur bis zu Anfang des 17. Jahrhunderts (Leipz. 1844); Clarus, Darstellung der spanischen Literatur im Mittelalter (Mainz 1846, 2 Bde.); Ticknor, Geschichte der schönen Literatur in Spanien (Hauptwerk, 4. Aufl., New York 1872, 3 Bde.; deutsch von Julius, Leipz. 1852, 2 Bde.; Supplementband von Wolf, das. 1867; span., mit Zusätzen von Gayangos und Vedia, 1851–56, 4 Bde.); Lemcke, Handbuch der spanischen Literatur (Frankf. 1855–56, 3 Bde.); Wolf, Studien zur Geschichte der spanischen und portugiesischen Nationalliteratur (Berl. 1859; span. von Unamuno, Madr. 1896); v. Schack, Geschichte der dramatischen Literatur und Kunst in Spanien (2. Ausg., Frankf. 1854, 3 Bde.); Nachträge, das. 1855; span. von E. de Mer (1885–1887); Klein, Geschichte des spanischen Dramas (Leipz. 1871–75, 4 Bde.); Schäffer, Geschichte des spanischen Nationaldramas (das. 1890, 2 Bde.) und besonders G. Baist, Spanische Literatur in Gröbers »Grundriß der romanischen Philologie« (Straßb. 1893); Kelly, History of Spanish Literature (Lond. 1898; span. von A. Bonilla y San Martin, 1901); Beer, Spanische Literaturgeschichte (Leipz. 1903, 2 Bde.; Sammlung Göschen); Ph. A. Becker, Geschichte der spanischen Literatur (Straßb. 1904) sowie die »Synchronistische Übersicht der Weltliteratur« (im 12. Band). Mit literarischen Wechselwirkungen Spaniens und fremder Länder beschäftigen sich in ersprießlicher Weise Arturo Farinelli und Benedetto Croce.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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