Sarajévo

Sarajévo

Sarajévo (türk. Bosna Saraj), Hauptstadt Bosniens, 15 km von der Mündung der Miljačka in die Bosna sowie an der Bosna bahn (Bosnisch-Brod-S.) und den Staatsbahnlinien S.-Mostar-Gravosa und S.-Uvac (mit 99 Tunnels), malerisch in einer von hohen, zerklüfteten Bergen eingeschlossenen, gegen W. offenen Mulde gelegen, 450 m ü. M., ist teilweise befestigt und eine der schönsten und reichsten türkischen Städte (s. den Stadtplan).

Plan von Sarajevo.
Plan von Sarajevo.

Der christliche Stadtteil in der Ebene besteht aus einer dichten Häusermasse mit geraden Straßen, wogegen die mohammedanischen Bezirke an der Berglehne mit ihren sieilen, krummen Gassen und zwischen Gärten zerstreuten Häusergruppen ein treues Bild orientalischer Bauart bieten. S. hat 4 katholische, eine evangelische (sämtlich erst nach 1878 erbaut) und 2 griechisch-oriental. Kirchen (darunter die kath. Domkirche in romanisch-gotischem Stil, die Herz-Jesukirche mit schöner Kuppel und die griechisch-oriental. Metropolitankirche), 3 kath. Klöster, 80 Moscheen (von denen die »Kaisermoschee« [Careva Džamia] und die Begova Džamia mit 45 m hohem Minarett die größten, die übrigen unansehnlich sind), 6 mohammedanische Klöster und 3 Synagogen (darunter eine der »sephardischen« Juden; vgl. Spaniolen). Nennenswerte Bauwerke sind: die seit neuester Zeit renovierte alte Feste (mit 3 niedrigen Toren, auf über der Stadt sich erhebendem Felsen), der ehemalige Konak des Gouverneurs, das Palais der Landesregierung, Postdirektionsgebäude, Militärkasino, die neuen Schulgebäude, der Justizpalast, das Rathaus im maurischen Stil, die Landesbank, die erzbischöfliche Residenz, die großen Kasernen, zahlreiche private Neubauten und 10 Brücken. Eine Anzahl neuerbauter Forts umgeben die Stadt. Die Stadt besitzt Wasserleitung, elektrische Beleuchtung und Straßenbahn. S. hat (1895) 41,543 Einw. (darunter 17,158 Mohammedaner, 10,672 römische und 5858 griechisch-oriental. Katholiken und 4058 Juden) und mehr als 3000 Mann Militär, lebhaften Handel und eine große Tabakfabrik und erzeugt insbes. wollene Tücher, Leder, Eisen- und Kupfergeräte, Feuerwaffen, Messerschmiedearbeiten, Säbel etc. Der moderne Geschäftsverkehr konzentriert sich in der großstädtisch angelegten Franz Josephs- und Rudolfsgasse, das öffentliche Leben der Mohammedaner in der aus bunt durcheinander laufenden Gassen bestehenden Caršia (Tscharschia, Markt mit feuersichern Basaren, Werkstätten etc.). S. ist Sitz der Landesregierung, des 15. Korpskommandos, eines katholischen Erzbischofs, eines griechisch-orientalischen Metropoliten, des Reis ül Ulema sowie der Konsuln aller Großmächte, hat eine Landesbank, ein Obergymnasium, eine Oberrealschule, eine Handels- und mehrere höhere Mädchenschulen, mehrere geistliche Seminare, ein Militär-Knabenpensionat, 11 Volksschulen, darunter 2 deutsche, 2 Regierungsateliers für Kunstgewerbe und Teppichweberei, ein Handelsmuseum, ein neues großes Landes- und ein Militärspital, ein Theater und einen Stadtpark. In nächster Nähe die kühne, alttürkische Ziegenbrücke (Kozija čupria) über die Miljačka, weiterhin der auf einem Reitweg zu erreichende Gipfel des Trebević (1630 m), mit Touristenhaus, ferner das Bad Ilidže (s. d.). Ein meteorologisches Observatorium, das einzige auf der Balkanhalbinsel, steht auf der 2067 m hohen Bjelasnica, 29 km (Luftlinie) von S.-Zur Römerzeit soll hier eine Militärstation gewesen sein; furchtbare Brände (1480, 1644, 1656, 1687 und 1879) haben viel urkundliches Material auch über die spätere Stadtgeschichte vernichtet. Der Türke Kurai Khan, der 1463 S. eroberte, erbaute auf den Trümmern der Burgfeste Bosnavár (Brhbosna, Barbossame) 1465 eine neue Felsenburg; Moscheen, Bäder, eine Wasserleitung etc. schlossen sich an. Der neue Palast (Seraj) rührt vom ersten Wesir Bosniens, Ghazi Husref Beg (1501–39), her. Die 415 Jahre dauernde Türkenherrschaft wurde im September 1697 durch Eugen von Savoyen nur auf wenige Stunden unterbrochen; erst 18. Aug. 1878 wurde die Stadt durch den österreichischen Feldzeugmeister Baron Philippovich zurückgewonnen. Von jeher Sitz des bosnischen Grundadels (Beys), war S. 1850–78 auch Sitz der türkischen Wa lis (Statthalter). Nach Beendigung der Okkupation und dem Brande von 1879 wurden zufolge des neuen Regulierungsplans massive Steinbauten ausgeführt. Vgl. M Hörnes, Dinarische Wanderungen (Wien 1888); Piffl, Entwickelung der Landeshauptstadt S. unter Franz Joseph I. (Karte, das. 1898); Braum, Sarajevo 1878 (Leipz. 1907); Weiteres s. Bosnien.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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