Regensburg [2]

Regensburg [2]

Regensburg, unmittelbare und Hauptstadt des bayr. Regbez. Oberpfalz, ehedem freie Reichsstadt und Sitz des deutschen Reichstags, 341 m ü. M., liegt rechts an der Donau (Stadtamhof und dem Einfluß des Regen gegenüber), über die hier eine steinerne Brücke von 312 m Länge uno 7 m Breite führt (1135–46 vom Herzog Heinrich dem Stolzen erbaut), hat meist enge, unregelmäßige Straßen, darunter die Gesandtenstraße, an deren Häusern man noch die Wappen derjenigen Länder erblickt, deren Reichsdeputiertehier wohnten.

Wappen von Regensburg.
Wappen von Regensburg.

R. hat 11 katholische und 3 evang. Kirchen und eine Synagoge. Unter den erstern sind hervorzuheben: der Dom zu St. Peter (1275 durch Meister Ludovicus begonnen, 1534 vollendet, neuerdings restauriert), ein Bauwerk edelster Gotik, mit zwei 1869 von Denzinger vollendeten Türmen und prächtigem Portal, mit schönen Glasmalereien und den Grabmälern mehrerer Bischöfe und des Fürst-Primas von Dalberg; die romanische Kirche zu St. Emmeram (mit dem Grab des Aventinus); die Kirche des Schottenklosters St. Jakob; die alte Pfarrkirche St. Ulrich (1250 begonnen, frühgotisch); die im streng gotischen Stil gehaltene Dominikanerkirche (1274 erbaut) und die Stiftskirche Obermünster, mit schönem Altar. Von sonstigen Bauwerken besitzt die Stadt ein schönes Rathaus (worin 1645–1806 der deutsche Reichstag seine Sitzungen hielt, mit dem noch im alten Zustand erhaltenen Reichssaal); das Palais des Fürsten von Thurn und Taxis (ehemaliges Stift von St. Emmeram), mit Grabkapelle, Gemäldesammlung, Bibliothek etc.; die neue königliche Villa (ebenfalls gotisch), das Hubersche Haus am Römling mit der Kapelle St. Thomä und dem Thomaskeller, die Kaiserherberge zum Goldenen Kreuz (an Kaiser Karl V. und Don Juan d'Austria erinnernd), das Thon-Ditmersche Haus (prächtiger Renaissancehof mit gewölbten Säulenhallen), Keplers Sterbehaus (ein Denkmal desselben in den Anlagen), den Herzogs- und Bischofshof etc., ferner an Denkmälern ein Reiterstandbild König Ludwigs I. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1905) mit der Garnison (1 Regiment Infanterie Nr. 11) auf 48,412 Seelen, darunter 5960 Evangelische und 529 Juden. Die bedeutendsten Industriezweige sind: Buchdruckerei u. Buchbinderei, Blei- und Farbstift-, Erdfarben-, Porzellan-, Stein gut-, Maschinen-, Seilerwaren-, Tabak-, Strumpfwaren-, Handschuh- und Tuchfabrikation, Schiffbau, Wachsbleicherei, Glockengießerei, Orgelbau, Instrumenten- und Büchsenmacherei, Kunsttischlerei und -Schlosserei, Bierbrauerei, Branntweinbrennerei, Kunst- und Handelsgärtnerei etc., auch hat R. eine Zentraleisenbahnwerkstätte und große Tankanlagen für Petroleum. Der Handel, unterstützt durch eine Handels- und Gewerbekammer, eine Reichsbanknebenstelle, eine Filiale der Königlichen Bank in Nürnberg. die Bayrische Vereinsbank, die Bayrische Notenbank und andre Geldinstitute sowie durch die Schiffahrt auf der Donau, ist besonders lebhaft in Getreide, Holz, Petroleum etc. Für den Eisenbahnverkehr ist R. Knotenpunkt der Staatsbahnlinien R.-Augsburg, München-Oberkotzau-Hof, Passau-Würzburg und R.-Donaulände. R. hat eine elektrische Straßenbahn, Wasserleitung und Kanalisation; von öffentlichen Anstalten bestehen ein Lyzeum, 2 Gymnasien, eine Kresrealschule, ein bischöfliches Klerikal- und ein Knabenseminar, eine Präparandenschule, eine Taubstummenanstalt, eine landwirtschaftliche Winterschule, eine Schiffer-, eine Baugewerk-, eine königl. Hufbeschlag- und eine Kirchenmusikschule, 3 Klöster, 2 katholische und ein evang. Waisenhaus, 2 Anstalten zur Erziehung verwahrloster Kinder, eine Kreisirrenanstalt, ein Stadttheater, eine Kreisbibliothek, ein Institut für Glasmalerei etc. Die Stadt ist Sitz einer Kreisregierung, eines Bezirks-, eines Hauptzoll-, eines Forst- und eines Oberpostamtes, einer königlichen Eisenbahnbetriebsdirektion, der Landesversicherungsanstalt für die Oberpfalz, eines Landgerichts, eines Bischofs, eines bischöflichen Kommissariats sowie des Kommandos der 6. bayrischen Division und der 12. Infanteriebrigade. Die städtischen Behörden zählen 17 Magistratsmitglieder und 36 Gemeindebevollmächtigte. Das jenseit der Donaubrücke liegende Stadtamhof bildet eine besondere Stadt. 10 km unterhalb R., bei Donaustauf, liegt die Walhalla (s. d.), 24 km oberhalb R. Kelheim (s. d.) mit der Befreiungshalle. Bei dem nahen Kumpfmühl wurden 1885 die Reste eines römischen Lagers und ein noch erhaltener Torbogen, die Porta praetoria, entdeckt und 1887 freigelegt. – Zum Landgerichtsbezirk R. gehören die 12 Amtsgerichte zu Abensberg, Burglengenfeld, Hemau, Kelheim, Nittenau, Regensburg I und II, Regenstauf, Riedenburg, Roding, Stadtamhof und Wörth a. D.

[Geschichte]. R. bestand als keltische Niederlassung Radasbona (davon die mittelalterlich-lateinische Namensform Ratisbona und franz. Ratisbonne) schon in vorrömischer Zeit und hieß als römische Grenzfestung nach dem gegenüber mündenden Fluß Regen (Reganus) Regina Castra. Hier hatte Kaiser Marcus Aurelius im Markomannen krieg sein Standquartier. Bedeutend wurde die Stadt durch den Handel mit den Germanen. Später wurde R. Sitz der Bayernherzöge und eines Bischofs, 826 Residenz der ostfränkischen Karolinger, später des wiederhergestellten Herzogtums Bayern. Sicher seit 806 gab es Burggrafen als königliche Beamte in R., und wenn die Bischöfe auch Münz- und Zollhoheit erwarben, so gelang es ihnen doch nicht, die Grafenrechte an sich zu bringen. Die Donaubrücke, eins der berühmtesten mittelalterlichen Bauwerke Europas, stammt aus den Jahren 1135–46. Im J. 1147 schiffte sich König Konrad III. in R. zum Kreuzzug ein; 1189 brach Friedrich Barbarossa von hier mit dem Kreuzheer nach Palästina auf. 1272 starb hier der Prediger Bertold von R., der im Minoritenkloster begraben liegt. Die ersten Freiheiten erhielt die Stadt nachweislich 1207, aber erst 1245 wurde sie als Dank für den Beistand, den sie Friedrich II. gegen den päpstlich gesinnten Bischof Siegfried geleistet hatte, Reichsstadt. Herzog Ludwig von Bayern hatte 1205 die Burggrafschaft zu R. als Reichslehen erworben, und daraus fließende Rechte verblieben seinem Haus bis 1492. R. war der Typus einer mittelalterlichen Großstadt mit stolzen Patriziergeschlechtern und hochentwickeltem Handel, namentlich im 14. Jahrh., wo der deutsche Handel nach dem Süden vornehmlich in den Händen der Regensburger lag. Infolge des in R. 1541 zwischen den Protestanten und Katholiken gehaltenen Religionsgesprächs kam das Regensburger Interim (s. Interim) zustande, und R. nahm 1542 die Augsburgische Konfession an. 1630 fand hier der Kurfürstentag statt, der den Kaiser zur Entlassung Wallensteins zwang. Am 15. Nov. 1630 starb in R. der Astronom Kepler (s. d.). 1632 wurde R. von den Schweden unter Horn erfolglos belagert, 1633 von Bernhard von Weimar eingenommen, fiel aber 1634 wieder in die Hände der Kaiserlichen. 1663 ward der Reichstag, der seit dem 15. Jahrh. wiederholt hier getagt hatte, endgültig hierher verlegt und hatte hier fast ununterbrochen bis 1806 seinen Sitz. 1703 nahm der Kurfürst von Bayern R. ein, räumte es aber wieder nach der Schlacht bei Hoch städt 1704. Im J. 1748 verlegte das fürstliche Haus Thurn und Taxis seinen Wohnsitz von Frankfurt a. M. nach R.; der regierende Fürst war als Prinzipalkommissar Stellvertreter des Kaisers beim Reichstag. Mit der Auflösung des Deutschen Reiches 1806 verlor R., das zu Ende des 18. Jahrh. 20,000 Einw. zählte, seine Reichsfreiheit und fiel samt dem Domstift an den Kurerzkanzler Dalberg (s. d. 2), 1810 aber an Bayern. Zu Anfang des 19. Jahrh. umschloß das Weichbild von R. folgende reichsunmittelbare Stände: die Reichsstadt, das Bistum, die Fürstabtei St. Emmeram, die fürstabteilichen Damenstifte Niedermünster und Obermünster, den Fürsten von Thurn und Taxis und die Komtureien des Deutschordens und des Johanniterordens. 1809 wurde R. innerhalb weniger Tage zweimal erstürmt, 19. April von den Österreichern, 23 d. M. von den Franzosen; vor seinen Toren in der Nähe der Kartause Prüll wurde am 19. (oder 23.?) Napoleon I. das einzige Mal in seinem Leben, wenn auch nur leicht, verwundet. In neuerer Zeit hat sich R. wieder bedeutend gehoben. Das Wappen zeigt zwei ins Andreaskreuz gelegte silberne Schlüssel auf rotem Felde. Das berühmte Rathaus ist stilgemäß erneuert worden. Das prähistorisch-römische Museum und mittelalterliche Lapidarium ist eins der reichhaltigsten in Deutschland. Vgl. Gemeiner, Über den Ursprung der Stadt R. (Regensb. 1817) und Chronik der Stadt und des Hochstifts R. (das. 1800–24, 4 Bde.); Gumpelzhaimer, Regensburger Geschichte, Sagen und Merkwürdigkeiten (das. 1830–38, 4 Bde.); »Chroniken der deutschen Städte«, Bd. 15 (Leipz. 1878); Graf v. Walderdorff, R. in seiner Vergangenheit und Gegenwart (4. Aufl., Regensburg 1896); Binder v. Krieglstein, R. 1809 (Berl. 1902); v. Bremen, Die Tage von R. 10. bis 23. April 1809 (2. Aufl., das. 1906); May erh osse r, Krieg 1809, Bd. 1: Regensburg (hrsg. vom k. u. k. Kriegsarchiv, Wien 1907); Hausenstein, Die Wiedervereinigung Regenburgs mit Bayern im J. 1810 (Mänch. 1905); Führer durch R. von Schratz-Dengler (5. Aufl. 1904), Fink (6. Aufl. 1903) u. a.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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