- Pontos [2]
Pontos (lat. Pontus), Name der nordöstlichsten Landschaft von Kleinasien (s. Karte »Römisches Reich«), die ursprünglich teils zu Kappadokien gehörte, teils das Gebiet der unabhängigen Tibarener, Mosynösen, Makronen etc. gebildet hatte. Als eigentlicher Gründer gilt Mithradates II. (337–302), der die Grenzen des Reiches seiner beiden Vorgänger bedeutend erweiterte. Unter Mithradates VI. (120–63) wurde es bis zum Kimmerischen Bosporus ausgedehnt, umfaßte fast alle Küsten des Pontus Euxinus und soll davon seinen später eingeschränkten Namen P. erhalten haben. Damals erreichte es seine größte Blüte, aber auch zugleich sein Ende. Als Pompejus den Mithradates besiegt hatte, wurde der Küstenstrich zu Bithynien (seit 74 römische Provinz) geschlagen (Provincia Bithynia et Pontus), während der Rest an einheimische Fürsten verteilt wurde. So erhielt Dejotarus von Galatien das westliche Binnenland zwischen Iris und Halys, das den Namen Pontus Galaticus auch als römische Provinz fortführte, ebenso wie der P. Polemoniacus, das von Antonius an König Polemon verliehene Gebiet am Lykos. Der östliche Teil aber, den derselbe Polemon beherrscht hatte, kam mit der Hand seiner Witwe Pythodoris an Archelaos von Kappadokien und hieß seitdem P. Cappadocius. Im P. Polemoniacus aber folgte Polemon II., der sein Reich (63 n. Chr.) an Nero abtrat. In der diokletianischen Reichseinteilung war P. Name einer Diözese der Präfektur Oriens und umfaßte Bithynien, Paphlagonien, Galatien, Kappadokien, Kleinarmenien und den eigentlichen Pontus. Das Hauptgebirge von P. ist der Paryadres (Balchar Dagh), der den ganzen Osten des Landes erfüllt. Dort saßen rohe, kriegerische Bergvölker: Tibarener, Mosynöken, Chalyben (mit Eisengruben), Sannen, Kolchier, wahrscheinlich den Stämmen des Kaukasus verwandt. Der Westen dagegen war infolge der assyrischen Eroberungen an der Küste von semitischen Kolonien (Leukosyrer) besetzt; dazwischen saßen vielfach Griechen in Kolonien, die von Sinope und von Miletos aus gegründet worden waren (7.–6. Jahrh. v. Chr.), z. B. Amisos (Samsun), Themiskyra, Hermonassa, Trapezus (Trapezunt) etc. Der fruchtbarste Teil von P. ist die Küstenebene um die Mündungen des Iris (Jeschil Irmak) und Thermodon (Terme Tschai) und der Unterlauf des Iris und des Lykos (Kelkit Tschai). Am mittlern Iris lag und liegt Amasia, Mithradates' VI. Residenz, weiter stromauf Komana, Sitz eines halb unabhängigen Priesterstaates; im Lykostal Nikopolis, am Halys das in der ersten Kaiserzeit benannte Sebastia (Siwas). Vgl. E. Meyer, Geschichte des Königreichs P. (Leipz. 1879); J. C. Anderson, Studia Pontica, a journey of exploration in Pontus (Lond. 1904).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.