Minghetti

Minghetti

Minghetti, Marco, ital. Staatsmann, geb. 8. Nov. 1818 in Bologna, gest. 10. Dez. 1886, studierte in seiner Vaterstadt, begründete 1846, nach Pius' IX. Thronbesteigung, daselbst die liberale Zeitschrift »Il Felsineo« und ward 1847 Mitglied der von Pius IX. berufenen Konsulta und Minister der öffentlichen Arbeiten in dem am 10. März 1848 gebildeten Kabinett. Aber durch die Allokution vom 29. April d. J. über die wahre Gesinnung des Papstes belehrt, trat er zurück, begab sich zu Karl Albert von Sardinien, machte in dessen Generalstab den lombardischen Feldzug von 1848 mit und erhielt nach dem Kampfe von Goito den Rang eines Majors. Nach dem unglücklichen Ausgang des Krieges kehrte er in seine Vaterstadt zurück, wo er die Schrift »Della economia pubblica e delle sue attinenze colla morale e col diritto« (Bologna 1359, 2. Aufl. 1868) veröffentlichte. Zugleich knüpfte er ein Freundschaftsverhältnis mit Cavour an, der ihn 1856 auf den Pariser Kongreß berief und 1859 zum Generalsekretär im Auswärtigen Ministerium machte. Darauf betrieb er als Präsident der Nationalversammlung der Romagna deren Vereinigung mit Sardinien und vertrat seine Vaterstadt im italienischen Parlament. Im Oktober 1860 übernahm er unter Cavour das Ministerium des Innern, behielt es auch unter Ricasoli, trat aber, da sein Versuch, die Verwaltung zu dezentralisieren, beim Parlament eine ungünstige Aufnahme fand, 1. Sept. 1861 zurück. Im Kabinett Farinis übernahm er im Dezember 1862 die Finanzen und nach Farinis Ausscheiden 1863 den Vorsitz Sein Werk war die Konvention vom 15. Sept. 1864; die Entrüstung darüber in Turin, wo es zu Unruhen kam, bewog ihn 20. Sept. 1864 zurückzutreten. Im Juli 1868 ging er als Gesandter nach London und war vom Mai bis November 1869 Ackerbauminister im Ministerium Menabrea. Im August 1870 ging M. als Gesandter nach Wien, war sodann Führer der Opposition gegen das Kabinett Lanza-Sella und trat nach dessen Sturz im Juli 1873 an die Spitze des Koalitionsministeriums, in dem er selbst die Finanzen übernahm. Gleich zu Anfang seiner Verwaltung wurde ihm ein großer Erfolg durch die Allianz mit Deutschland und die Aussöhnung mit Österreich zuteil, und sein Verdienst war die Beseitigung des Defizits und das Bankgesetz; indes der Mangel einer festen Majorität im Parlament nötigte ihn im März 1876 zum Rücktritt. 1895 wurde ihm auf dem Corso Vittorio Emanuele in Rom ein Standbild errichtet, ein andres 1896 in Bologna. Von seinen Schriften sind noch zu erwähnen: »Opuscoli letterari ed economici« (Florenz 1872); »Le donne italiane nelle belle arti« (in der »Nuova Antologia«, 1877), »Stato e Chiesa« (2. Aufl., Mail. 1878; deutsch, Gotha 1881), »Il cittadino e lo Stato« (1886) und eine wertvolle Biographie RaffaelsRaffaello«, Bologna 1885; deutsch von Münz, Bresl. 1887). Aus seinem Nachlaß erschien: »I miei ricordi« (Turin 1888–90, 3 Bde.) und »Scritti vari« (hrsg. von Zanichelli, Bologna 1896). Vgl. Magni, Marco M., uomo di stato (Turin 1894). Seine »Discorsi parlamentari« gab Pullé heraus (Rom 1888–90, 8 Bde.).


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