Hume

Hume

Hume (spr. jūm), 1) David, berühmter skeptischer Philosoph und klassischer Geschichtschreiber Englands, geb. 26. April 1711 in Edinburg, gest. daselbst 25. Aug. 1776, studierte anfänglich die Rechte, wurde dann Kontorist zu Bristol und ging 1734 nach Frankreich, um sich in unabhängiger Stellung ganz literarischer Beschäftigung zu widmen. Drei Jahre brachte er zu Reims und im Jesuitenkollegium La Flèche mit der Verarbeitung seiner philosophischen Ideen, die ihn schon seit dem 18. Jahre beschäftigten, zu, als deren Frucht sein »Treatise upon human nature« (anonym, Lond. 1738–40, 3 Bde.; neueste Ausg. 1888; deutsch von Jacob, Halle 1790–91; 1. Teil von Lipps, Hamb. 1904) sowie seine »Essays moral, political and literary« (Edinb. 1742, Lond. 1748; neueste Ausg. von Green u. Grose, 1898, 2 Bde.; deutsch von Tennemann, Jena 1793) erschienen. Beide Werke zogen aber die Aufmerksamkeit nicht besonders auf sich. Nach Hause zurückgekehrt, ward er Gesellschafter des Marquis von Annandale, befreundete sich mit den Führern der spätern sogen. schottischen Schule, Hutcheson, Oswald, A. Smith u. a., und nachdem eine Bewerbung um Lehrstühle an der Universität Edinburg durch die Geistlichkeit vereitelt worden waren, nahm er den Antrag des Generals Saint Clair an, ihn als Sekretär auf seine Gesandtschaftsposten nach Wien und Turin zu begleiten. In der letztern Stadt arbeitete er sein erstes Werk um und machte mehrere Abhandlungen daraus, von denen die bedeutendste: »Enquiry concerning buman understanding« (Lond. 1748; deutsch von Sulzer, 1755; von v. Kirchmann, 5. Aufl., Leipz. 1902; von Nathanson, 2. Aufl., das. 1903) ist, zunächst aber auch ziemlich unbeachtet blieb. Dasselbe gilt von der nach seiner Rückkehr in Schottland ausgearbeiteten »Enquiry concerning the principles of morals« (Edinb. 1751; deutsch von Masaryk, Wien 1883). Erst seine »Political discourses« (Lond. 1752; deutsch von Kraus, Königsb. 1813), die Sammlung der »Essays and treatises on several subjects« (Lond. 1755, 4 Bde.; neue Aufl. 1810, 2 Bde.; deutsch von Pistorius, Königsb. 1755, 4 Bde.) und die »Natural history of religion« (Lond. 1755; deutsch von Paulsen, Berl. 1876) erregten die Aufmerksamkeit der Kritiker und besonders die Angriffe Warburtons und Hurds, die er jedoch nie einer Entgegnung würdigte. Als Bibliothekar der Juristenfakultät in Edinburg faßte er 1752 den Plan, eine Geschichte seines Vaterlandes zu schreiben. Diese berühmte »History of England from the invasion of Jul. Caesar to the revolution in 1688«, die in vielen Ausgaben existiert und ihrem Verfasser 2800 Pfd. Sterl. Honorar eintrug (Lond. 1754–63, 6 Bde.; Prachtausgabe von Bowyer, das. 1806, 10 Bde.; 1880, 3 Bde.; mit Smollets Fortsetzung, das. 1796, 13 Bde.; neue Ausg. 1864, 8 Bde.; mit Fortsetzung von Hughes, 1866, 18 Bde.; deutsch von Dusch, Bresl. 1762–71, 6 Bde.; von Timäus, Lüneb. 1804–07, 2 Bde.), zog ihm jedoch wegen ihrer Unparteilichkeit viele Feinde zu. 1763 begleitete er den Grafen von Hertford als Gesandtschaftssekretär nach Paris. Hier kam er auch mit Rousseau in nähere Verbindung, den er sodann bewog, mit ihm nach England zu gehen (1766), wo er ihm eine Pension auswirkte. Doch war das freundschaftliche Verhältnis zwischen beiden von sehr kurzer Dauer. 1767 wurde H. zum Unterstaatssekretär ernannt, zog sich jedoch schon 1769 nach Edinburg zurück. Nach seinem Tod erschienen seine Autobiographie (engl., Lond. 1777; lat. 1787) und seine »Dinlogues concerning natural religion« (das. 1779; deutsch von Schreiter, Leipz. 1781). Seine »Philosophical works« erschienen gesammelt zu Edinburg 1827, ferner, von Green und Grosse herausgegeben, London 1874, 4 Bde.

H. geht in der Philosophie von dem Locke-Baconschen Empirismus aus und will eine gründliche Erörterung über die menschlichen-Kräfte anstellen sowie die Grenzen unsrer Erkenntnis bestimmen. Alle unsre Vorstellungen sind nach ihm teils Impressionen, d. h. sinnliche Eindrücke, teils Begriffe oder sogen. Ideen; letztere sind nur Kopien der erstern und als solche weniger stark und lebhaft. Unsre Überzeugung von Tatsachen und unser Räsonnement über sie, durch das wir die Grenze der Sinneswahrnehmung überschreiten, beruht auf Empfindung, Gedächtnis und den Schlüssen aus dem Kausalnexus, d. h. dem Verhältnis von Ursache und Wirkung. Die Kenntnis dieser Kausalverbindung und Wirkung entsteht nicht aus Schlüssen a priori, sondern lediglich aus der Erfahrung: wir schließen, indem wir ähnliche Folgen von ähnlichen Ursachen erwarten, aus dem Prinzip der Gewohnheit der Verknüpfung verschiedener Erscheinungen, d. h. aus einem Prinzip der Assoziation der Vorstellungen. Selbst das allgemeine Kausalgesetz, daß alles Geschehene eine Ursache hat, ist nur durch die Gewohnheit gebildet. Nur zufolge der Erfahrung glauben wir an Dinge außer uns selbst; da aber die Sinne täuschen, so kennen wir nur unsre Vorstellungen von den Dingen, nicht die Dinge selbst. Es gibt daher keine Kenntnis außer der Erfahrung, keine Metaphysik. Ebenso wie den Kausalbegriff kritisiert H. den Begriff der Substanz, den unsre Einbildungskraft erdichtet, um verschiedene Qualitäten in Zusammenhang miteinander zu bringen. Das Ich ist nichts als ein Komplex von Vorstellungen, für die wir nicht einen einheitlichen Träger annehmen dürfen. Geht die Anwendung des Kausalgesetzes nicht über die Erfahrung hinaus, und gibt es keine Substanzen in Wirklichkeit, so müssen die Begriffe Freiheit, Notwendigkeit, Unsterblichkeit, ebenso die Beweise für das Dasein Gottes der skeptischen Beurteilung anheimfallen. In religiösen Dingen gibt es nur einen Glauben, kein Wissen; doch haben sich die Religionen sämtlich mit psychologischer Notwendigkeit entwickelt. Die ethische Wertschätzung bezieht sich nach H. weniger auf solche Eigenschaften, die dem Inhaber selbst nützlich sind, als vielmehr auf soziale Tugenden, d. h. auf Wohlwollen, das angeboren und uninteressiert ist, und auf Gerechtigkeit, die mehr durch Reflexion entsteht. Damit wir nun den nützlichen Trieben und nicht den verderblichen nachgehen und so sittlich handeln, muß es ein natürliches, moralisches Gefühl geben, das ist die Menschenliebe oder Sympathie, Freude an dem Glück der andern, Schmerz über ihre Leiden. Bei seiner Umsicht berücksichtigt H. in der Ethik freilich auch das individuelle Wohl. Humes Erkenntnislehre hat auf Kant bedeutend gewirkt und den neuern Positivismus mitbegründet, seine Ethik ist von größtem Einfluß auf die Adam Smiths sowie auf die Entwickelung der neuern Ethik in England gewesen. Vgl. Burton, Life and correspondence of D. H. (Lond. 1846, 2 Bde.); Jodl, Leben und Philosophie David Humes (Halle 187:.); Compayré, La philosophie de D. H. (Par. 1873); Pfleiderer, Empirismus und Skepsis in D. Humes Philosophie (Berl. 1874); Gizycki, Die Ethik D. Humes (Bresl. 1878); Huxley, H. (Lond. 1879); Masaryk, Humes Step s und Wahrscheinlichkeitsrechnung (Wien 1881); Knight, H. (Lond. 1887); »Letters of David H. to William Strahan« (hrsg. von Hill, das. 1888); Lechartier, David H., moraliste et sociologue (Par. 1900); Klemme, Die volkswirtschaftlichen Anschauungen D. Humes (Jena 1900); Schatz, L'œuvre économique de D. H. (Par. 1902); Orr, David H. and his influence on philosophy and theology (Lond. 1903).

2) Hamilton, austral. Reisender, geb. 18. Juni 1797 zu Paramatta in Neusüdwales, gest. 19. April 1873 in Yaß ebendaselbst, ging 1824 mit Hovell von Sydney über die Blauen Berge nach der Südküste, wobei er zuerst den Oberlauf des Murray und die australischen Alpen erblickte. 1828 begleitete er Sturt auf dessen erster Expedition. Mit Hovell veröffentlichte er »Journey of discovery to Port Philipp« (Sydney 1837), und allein »A brief statement of facts in connection with an overland expedition from Lake George to Port Philipp« (Yaß 1855, 3. Aufl. 1874).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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