Hadriānus

Hadriānus

Hadriānus, Publius Älius, röm. Kaiser (117 bis 138 n. Chr.), war 24. Jan. 76 in Rom geboren, wo sein Vater, Älius H. Afer, als Senator und gewesener Prätor wohnte, stammte aber aus dem Munizipium Italica in Spanien. Sein Landsmann, der nachherige römische Kaiser Ulpius Trajanus, war der Vormund des frühzeitig verwaisten und ihm verwandten Knaben. Bis in sein 15. Lebensjahr lag dieser in Rom dem Studium der griechischen und römischen Literatur ob, dann trat er in Spanien in den Kriegsdienst und wurde als Legionstribun nach Niedermösien und von da (97) in das obere Germanien gesandt. Nachdem er sich mit Sabina, einer Enkelin von Trajans Schwester Marciana, vermählt, bekleidete er im Laufe der folgenden Jahre teils die höhern Staatsämter in Rom, teils beteiligte er sich an den dacischen Kriegen Trajans (101–102 und 105–106) an der Seite des Kaisers und verwaltete später (108) als prätorischer Legat die Provinz Pannonien. 117 zum Konsul für das folgende Jahr designiert, blieb er, als der Kaiser nach Italien zurückkehrte, an der Spitze des Heeres und als Statthalter Syriens in dieser Provinz zurück und erhielt in Antiochia die Nachricht zuerst von seiner Adoption durch Trajan und gleich darauf von dessen Tode. Sofort vom Heer als Imperator ausgerufen und nachträglich vom Senat auf seine Veranlassung bestätigt, begann er die Regierung damit, daß er die von Trajan jenseit des Euphrat gemachten Eroberungen, die doch nicht zu behaupten waren, aufgab und mit dem Partherkönig Chosroes Frieden schloß, und ist auch später dem Grundsatz treu geblieben, zwar die vorhandenen Grenzen in jeder Weise zu sichern, aber auf den Ruhm einer Vergrößerung des Reiches zu verzichten. Daher werden wenig Kriege aus seiner Zeit berichtet, unter denen nur der gegen die Juden Erwähnung verdient, die wegen der Absicht des Kaisers, auf den Trümmern des im J. 70 zerstörten Jerusalem eine Kolonie, Alia Capitolina, und an Stelle des ehemaligen Salomonischen Tempels einen für Jupiter Capitolinus zu gründen, sich 132 empörten und unter Bar-Kochba mit der äußersten Erbitterung bis 135 gegen die vorrückenden Römer wehrten. Desto größere Erfolge hat die Regierung Hadrians auf dem Gebiete der innern Verwaltung aufzuweisen. Wohlwollend erweiterte er, sobald er aus dem Orient nach Rom gekommen war, die Stiftungen seiner Vorgänger zur Erziehung armer Kinder und traf auch sonst manche Erleichterung für die Bewohner des Reiches, in gleicher Weise für Rom wie für die Provinzen sorgend. Ferner schuf er einen kaiserlichen Beamtenstand in den Rittern, nachdem bis dahin Freigelassene die Hofämter bekleidet hatten; die Finanzwirtschaft wurde neu geordnet, die Edikte der Prätoren, die Hauptquelle des römischen Rechts, wurden in seinem Auftrag von dem berühmten Rechtsgelehrten Salvius Julianus gesammelt, geordnet und als Edictum perpetuum (»immerwährendes Edikt«) herausgegeben, das der Ausgangspunkt für die Weiterentwickelung des römischen Rechts geworden ist; die Post wurde auf den Fiskus übernommen und ein Rat von Juristen eingesetzt, der den Kaiser in seiner Abwesenheit zu vertreten hatte. Auch die Wehrhaftigkeit des Reiches wurde durch Neueinrichtungen erhöht. H. begnügte sich aber nicht damit, von Rom aus anzuordnen; unter Entbehrungen durchreiste er vielmehr selbst alle Länder, um ihre Bedürfnisse kennen zu lernen und die erforderlichen Maßregeln sofort persönlich an Ort und Stelle zu treffen. Zwölf Jahre hat er mit einer einzigen längern Unterbrechung auf diesen Reisen zugebracht (120–131). Die Vielgeschäftigkeit des H. hat sich auch auf das Gebiet der Literatur und Kunst erstreckt. Wie alle seine Vorgänger auf dem Kaiserthron hat auch er gedichtet und sich auch sonst als Schriftsteller versucht; bedeutungsvoller wurde seine dem Archaistischen zugewandte Richtung für die Literatur, wodurch er das unter den Antoninen beliebte »Rokoko« einleitete; ferner gründete er das Athenäum für die Vorlesungen von Dichtern, Philosophen und Rhetoren und suchte gern den Verkehr mit den Literaten auf, die freilich oft unter seiner Reizbarkeit und Launenhaftigkeit zu leiden hatten. Von seiner fruchtbaren Anregung im Reiche der Kunst zeugen noch zahlreiche Reste, namentlich in Athen, wo er den von Peisistratos begonnenen Tempel des olympischen Zeus vollendete und einen neuen, nach ihm benannten Stadtteil anlegte, und in Rom; der großartige Tempel der Venus und Roma, die Engelsburg (sein Mausoleum, s. Tafel »Architektur V«, Fig. 8 u. 9) und die vor ihr über den Tiber führende Brücke sind seine Werke. Aber auch andre Städte sind von ihm durch Bauwerke geschmückt worden. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in Rom und auf den in der Nähe gelegenen Villen, namentlich der von ihm angelegten Tiburtinischen, die einen Umfang von 10 km hatte und mit Prachtstücken aller Art ausgestattet war. Doch war sein Lebensabend durch Krankheit und manche traurige Erfahrung (vgl. den Artikel »Antinoos« 2) getrübt. Seine Ehe war kinderlos geblieben, und so adoptierte er den L. Cejonius Commodus Verus (136), der aber noch vor H. starb, so daß er sich einen zweiten Nachfolger suchen mußte, den spätern Kaiser Antoninus Pius. Bald darauf starb er in Bajä an der Wassersucht. H. ist der Held des Romans »Der Kaiser« von G. Ebers (1880). Vgl. Gregorovius, Der Kaiser Hadrian (3. Aufl., Stuttgart 1884); Dürr, Die Reisen des Kaisers Hadrian (Wien 1881); Plew, Quellenuntersuchungen zur Geschichte des Kaisers Hadrian (Straßb. 1890).


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