Thorbecke

Thorbecke

Thorbecke, 1) Jan Rudolf, niederländ. Staatsmann, geb. 15. Jan. 1798 in Zwolle, gest. 4. Juni 1872 im Haag, studierte in Leiden die Rechte, habilitierte sich 1822 in Gießen, dann in Göttingen und ward 1825 Professor der politischen Wissenschaften in Gent, 1831 in Leiden. 1840 in die Doppelte Kammer berufen, stimmte er da und später in der Zweiten Kammer für durchgreifende Verfassungsreform, die er bereits durch seine Schriften: »Aanteekening op de grondwet« und »Proeve van herziening der grondwet« verteidigt hatte, und legte 1844 mit acht Freunden (»Neunmänner«) einen ausgearbeiteten Entwurf einer Verfassungsreform vor, der aber erst 1848 angenommen wurde. Im Oktober 1849 mit Bildung eines Ministeriums beauftragt, übernahm er das Innere und wirkte mit Erfolg für Durchführung der Verfassung und der neuen Verwaltungsorganisation. Da indes das protestantisch gesinnte Volk durch Zulassung katholischer Bistümer verletzt wurde, ward er 1853 gestürzt. Wegen seines schroffen autoritären Wesens und seiner strengen Doktrin vielen unangenehm, trat er erst 1862 wieder an die Spitze eines Ministeriums (bis März 1866); ein Gesetz für das mittlere Unterrichtswesen war seine Hauptleistung damals. Nach dem Sturz des Ministeriums van Zuylen (1868) übernahm er nur den Auftrag, ein neues Ministerium zu bilden. Nach Focks Abdankung, Anfang 1871, trat er indes selbst wieder als Minister des Innern an die Spitze des Kabinetts, nahm jedoch, da er die Reform des Heerwesens und die Einführung einer Einkommensteuer nicht durchsetzte, im Mai 1872 seine Entlassung. 1876 wurde ihm ein Denkmal in Amsterdam gesetzt. Gesammelt erschienen Thorbeckes »Historische schetsen« 1860 (2. Aufl., Haag 1872), seine Briefe an Groen van Prinsterer aus den Jahren 1830–31 (Amsterd. 1873) und seine Reden (Deventer 1856–70, 6 Bde., dann Leiden 1900 ff.). Vgl. Olivier, Herinneringen aan J. R. T. (Arnh. 1872); J. A. Levy, Jan Rud. T. (Haag 1876); Fredericx, T. voor 1830 (das. 1906).

2) Heinrich, bedeutender Arabist, geb. 14. März 1837 in Meiningen, gest. 3. Jan. 1890 in Mannheim, studierte 1854–58 in Erlangen, Göttingen, Berlin, Jena und Heidelberg klassische Philologie, widmete sich bis 1864 in München und Leipzig orientalischen Studien, habilitierte sich 1868 in Heidelberg, wurde 1873 daselbst außerordentlicher Professor, ging 1885 in gleicher Eigenschaft nach Halle und wurde hier 1887 Ordinarius. Seine Studien bewegten sich vorzugsweise auf dem Gebiete der Beduinenpoesie und der sprachgeschichtlichen Entwickelung des Arabischen. Er veröffentlichte: »'Antarah, des vorislamischen Dichters Leben« (Heidelb. 1868) und folgende Textausgaben: »Al-Harîri's Durrat-al-ghawwâs« (Leipz. 1871); »Ibn Duraíd's Kitâb almalâhin« (Heidelb. 1882); »Die Mufaddalîjât« (Heft 1, Leipz. 1885); »M. Sabbâg's Grammatik der arabischen Umgangssprache in Syrien und Ägypten« (Straßb. 1886) und einen Teil des großen Tabari (s. d.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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