Neupythagoreïsmus

Neupythagoreïsmus

Neupythagoreïsmus wird die späte Form griechischer Philosophie genannt, die sich als unter orientalischem Einfluß vollzogene Wiedererneuerung der Pythagoreischen, wie der Neuplatonismus (s. d.), dessen Vorläufer er war, als solche der Platonischen Lehre darstellt. Der N. entstand in Alexandria ungefähr in der ersten Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts; als sein Begründer wird Nigidius Figulus genannt. Die Neupythagoreer trieben einerseits metaphysische Spekulationen mittels der Zahlenlehre, anderseits betonten sie die religiöse Gesinnung, die Heiligkeit des Lebens, Askese und Theurgie. Der letztern Richtung lebte mehr der als Gottweiser gepriesene Apollonios von Tyana (s. d.); als Vertreter der erstern können Moderatus von Gades, der unter Nero, Nikomachos von Gerasa in Arabien, der um die Mitte des 2. Jahrh. n. Chr. lebte, der angebliche Archytas und der Verfasser der unter dem Namen des Lukaners Okellos erhaltenen kosmologischen Schrift, die jedoch auch Aristotelische Färbung zeigt, angesehen werden. In dem N. herrschen zwei verschiedene metaphysische Richtungen: die eine, dem Monismus zugewandte, läßt alles aus einem Punkt entstehen; dieser bringe in seiner Bewegung die Linie hervor, die Linie wiederum die Fläche und diese den Körper; die andre, mehr dem Dualismus geneigte, lehrt, aus der Einheit und aus der unbestimmten Zweiheit (Monas und Dyas) gingen die Zahlen hervor, aus diesen Punkte, Linien und Flächen, und so entstünde die Welt, indem zugleich diese beiden Prinzipien gleich der aktiven Vernunft und der passiven Materie wären. Namentlich dieser Dualismus war auch ethisch zu verwerten, indem man durch Überwindung des Gegensatzes mittels asketischer Reinigung und Abtötung der Sinnlichkeit sowie durch magische Wechsel- und theurgische Einwirkung zwischen Göttlichem und Menschlichem zur Einigung des letztern mit der Gottheit zu gelangen glaubte. Die Zahlen wurden dabei als Gedanken der Gottheit und Vorbilder der Dinge aufgefaßt, indem auch mystische und symbolische Spielerei mit ihnen getrieben wurde. Durch die Anklänge der Zahlenlehre an die Platonische Ideenlehre ist der N. zum Anknüpfungspunkt für die sogen. pythagoreisierenden Platoniker, wie Plutarchos (s. d.) und Numenios (s. d.) von Apameia, geworden. Vgl. Vacherot, Histoire critique de l'école d'Alexandrie (Par. 1846–51, 3 Bde.); Jülg, Neupythagoreische Studien (Wien 1892); Schmekel, Die Philosophie der mittlern Stoa in ihrem geschichtlichen Zusammenhange (Berl. 1892).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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