Latifundĭum

Latifundĭum

Latifundĭum (lat.), ein Grundbesitz von ungewöhnlich großem Umfang. Der Ausdruck wird auf Plinius zurückgeführt, der in seiner »Historia naturalis« den Satz aufstellte: Latifundia perdidere Italiam (»die Latifundien haben Italien zugrunde gerichtet«). Man spricht wohl von Latifundienbesitz und Latifundienwirtschaft. Unter dem erstern versteht man sehr große Güter, die sich im Eigentum einer Person befinden, unter der letztern die Bewirtschaftung von Latifundien von einem einzigen Mittelpunkt aus, wobei möglicherweise auch fremde Grundstücke durch Pachtung dem L. wirtschaftlich angeschlossen sind. In beiden Fällen liegt das Charakteristische in einer die gewöhnlichen Verhältnisse weit übersteigenden Größe des Besitzes oder der Wirtschaft und in der Verdrängung des kleinen und mittlern Grundbesitzes. Latifundien spielen namentlich in der spätern römischen Geschichte eine große Rolle, wo sie durch die patrizischen Okkupationen des Ager publicus entstanden waren. Latifundienbildung vollzog sich im Mittelalter und zu Ausgang desselben, wo die Latifundien in den Händen der Kirche, der Fürsten und des Adels sich befanden, in Deutschland, Spanien und Italien, in den letzten Jahrhunderten in England. Während Latifundienwirtschaften in der Gegenwart fast nur noch in Südamerika, Südafrika, Australien in der Form der Weidewirtschaften, im Westen Nordamerikas in der Form weizenbauender Riesenfarmen vorkommen, ist Latifundienbesitz auch in Europa nicht selten; in Spanien, Italien, Österreich-Ungarn, namentlich aber in Rußland und England kommt er auch heute in großer Ausdehnung vor. In Deutschland findet er sich namentlich im Norden und Nordosten. (Vgl. Grundeigentum, S. 451.) Latifundienbesitz wird teils in eigner Administration bewirtschaftet, noch mehr aber in der Form von Verpachtungen. In dichtbevölkerten Ländern mit alter Kultur wirken Latifundien, wenn sie in größerer Zahl vorhanden sind, nachteilig sowohl in wirtschaftlicher wie in sozialpolitischer Beziehung; weder durch die Eigenverwaltung übergroßer Güter, noch durch deren Verpachtung kann in der Regel eine entsprechende Rente erzielt werden; Latifundienbesitz entzieht einem großen Teil der Bevölkerung die Möglichkeit, am Grundbesitz teilzunehmen, letzteres ist aber gerade in einer Zeit staatsfeindlicher Ideen von besonderer Bedeutung, und deshalb hat man die Aufhebung der Familienfideikommisse (s. Fideikommiß) vorgeschlagen und durch Maßregeln der »innern Kolonisation« (s. d.) eine gleichmäßigere Eigentumsverteilung herbeizuführen gesucht. Vgl. Sering, Die landwirtschaftliche Konkurrenz Nordamerikas (Leipz. 1887); Conrad, Agrarstatistische Untersuchungen (in den »Jahrbüchern für Nationalökonomie«, 1888); Artikel L. im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd. 5 (2. Aufl., Jena 1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • latifundium — [ latifɔ̃djɔm ], plur. latifundia [ latifɔ̃dja ] n. m. • latifunde 1596; mot lat. ♦ Didact. Dans l Antiquité romaine, Très grand domaine rural. ♢ Grand domaine agricole privé, aux méthodes d exploitation archaïques. « des paysans qui ont occupé… …   Encyclopédie Universelle

  • Latifundium — Latifundĭum (lat.), Landgut von großem Umfang; Latifundĭenwirtschaft, übermäßige, den Bauernstand beeinträchtigende Ansammlung ausgedehnter Ländereien in den Händen weniger Großgrundbesitzer …   Kleines Konversations-Lexikon

  • latifundium — [lat΄ə fun′dē əm] n. pl. latifundia [lat΄ə fun′dēə] [L < latus, broad (see LATERAL) + fundus, estate, orig., bottom: see FOUND2] a large landed estate, typically owned by an absentee landlord and worked by serfs, as in some Latin American… …   English World dictionary

  • Latifundium —  Ne doit pas être confondu avec Latifundio. Un latifundium (du latin latus spacieux, fundus ferme) est, dans l Antiquité, un grand domaine agricole. Latifundia est souvent utilisé pour désigner une hacienda en Amérique du Sud ou une fazenda… …   Wikipédia en Français

  • Latifundium — Als Latifundium (lateinisch: lātifundium; aus lātus = „großräumig“ + fundus = „Bauernhof, Anwesen“) wurde im Römischen Reich ein ausgedehntes Landgut bezeichnet. Latifundien kamen in Italien nach dem Zweiten Punischen Krieg auf und verdrängten in …   Deutsch Wikipedia

  • latifundium — /lat euh fun dee euhm/, n., pl. latifundia / dee euh/. Rom. Hist. a great estate. [1620 30; < L, equiv. to lat(us) wide, broad + i I + fund(us) a piece of land, farm, estate + ium IUM] * * * ▪ estate plural  Latifundia …   Universalium

  • Latifundium — Besitztum; Grundbesitz * * * La|ti|fụn|di|um 〈n.; s, di|en〉 1. 〈im antiken Röm. Reich〉 von Sklaven bewirtschaftetes, großes Landgut 2. 〈später〉 durch Pächter od. Verwalter bewirtschafteter großer Land od. Forstbesitz [lat., „großes Landgut“] * *… …   Universal-Lexikon

  • latifundium — noun A great landed estate with absentee ownership and labor often in a state of partial servitude. His vision for the future of the African continent in the Age of the Aerotropolis seems to be as a vast latifundium sown with GM wheat …   Wiktionary

  • Latifundium — La|ti|fun|di|um das; s, ...ien [...i̯ən] <aus gleichbed. lat. latifundium, zu latus »breit« u. fundus »Grund, Boden«>: 1. von Sklaven bewirtschaftetes Landgut im Römischen Reich. 2. (nur Plur.) Liegenschaften, großer Land od. Forstbesitz …   Das große Fremdwörterbuch

  • latifundium — noun (plural latifundia) Etymology: Latin, from latus wide + fundus piece of landed property, foundation, bottom more at bottom Date: 1869 a great landed estate with primitive agriculture and labor often in a state of partial servitude …   New Collegiate Dictionary

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