Karsten

Karsten

Karsten, 1) Franz Christian Lorenz, Agronom, geb. 1751 in Pohnsdorf (Mecklenburg), wurde 1780 Professor der Kameralwissenschaften in Bützow, später in Rostock, errichtete die erste deutsche landwirtschaftliche Lehranstalt in Neuenwerder bei Rostock, woselbst er 28. Febr. 1829 starb.

2) Karl Johann Bernhard, Mineralog, Berg- und Hüttenmann, geb. 26. Nov. 1782 in Bützow, gest. 22. Aug. 1853 in Berlin, studierte in Rostock die Rechte, dann Medizin und seit 1801 Metallurgie und Bergbaukunde. Er arbeitete bis 1803 auf den Eisenhütten der Mark, dann in Schlesien, errichtete 1806 die Zinkhütte Lidognia, in der man zuerst aus Galmei Zink darstellte, wurde 1811 Oberhüttenrat und Oberhüttenverwalter für Schlesien und 1819 Geheimer Oberbergrat im Ministerium des Innern in Berlin. Er gehörte 1850–51 der Ersten Kammer an und trat 1851 in den Ruhestand. K. hat auf die Entwickelung des Bergbaues und Hüttenwesens in Deutschland großen Einfluß geübt. Er schrieb: »Handbuch der Eisenhüttenkunde« (Halle 1816, 2 Bde.; 3. Aufl., Berl. 1841, 5 Bde.); »Grundriß der Metallurgie und der metallurgischen Hüttenkunde« (Bresl. 1818); »Metallurgische Reise durch einen Teil von Bayern und Österreich« (Halle 1821); »Über die kohligen Substanzen des Mineralreichs« (Berl. 1826); »Das erzführende Kalksteingebirge von Tarnowitz« (das. 1826); »Grundriß der deutschen Bergrechtslehre« (das. 1828); »System der Metallurgie« (das. 1831, 5 Bde.); »Lehrbuch der Salinenkunde« (das. 1846–47, 2 Bde.); »Philosophie der Chemie« (das. 1843) und gab das »Archiv für Bergbau und Hüttenwesen« (das. 1818 bis 1828, 20 Bde.), fortgesetzt als »Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde« (1829–54, 26 Bde.), heraus.

3) Hermann, Naturforscher und Reisender, geb. 6. Nov. 1817 in Stralsund, studierte in Rostock und Berlin Medizin und Naturwissenschaften, bereiste 1843–47 und 1848–56 Venezuela, Neugranada und Ecuador. Nach seiner Heimkehr lehrte er in Berlin Botanik und begründete daselbst ein pflanzenphysiologisches Laboratorium. 1868 ging er als Professor der Botanik nach Wien, wo er ebenfalls ein Laboratorium gründete, trat aber 1872 von seinem Amt zurück und lebt seitdem in der Schweiz und Berlin. K. leitete aus seinen anatomischen Untersuchungen der Tropenvegetation die allen Gewächsen zugrunde liegende Einheitlichkeit des Baues ab, er gelangte zu dem Resultat, daß nicht die chemischen Verwandtschaftskräfte der im Zellsaft gelösten Substanzen, sondern vielmehr die der Zellmembran innewohnende chemisch-physiologische Tätigkeit die organischen Verbindungen erzeuge. Er schrieb: »Die Vegetationsorgane der Palmen« (Berl. 1848); »Auswahl neuer und schön blühender Gewächse Venezuelas« (das. 1848, mit 12 kolorierten Tafeln); »Die geognostischen Verhältnisse Neugranadas« (Wien 1856, Berl. 1858); »Florae Columbiae terrarumque adjacentium specimina selecta in peregrinatione duodecim annorum observata« (Berl. 1857–69, 2 Bde., mit 200 kolorierten Tafeln); »Die medizinischen Chinarinden Neugranadas« (das. 1858); »Das Geschlechtsleben der Pflanzen und die Parthenogenesis« (das. 1860); »Entwickelungserscheinungen der organischen Zelle« (Leipz. 1863); »Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Sandflohs« (1864); »Gesammelte Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Pflanzen« (Berl. 1865–90, 2 Bde.); »Chemismus der Pflanzenzelle« (Wien 1869); »Zur Geschichte der Botanik« (Berl. 1870); »Fäulnis und Ansteckung« (im Anhang die »Darstellung meiner Erlebnisse an der Wiener Universität«, Schaffh. 1872); »Studie der Urgeschichte des Menschen in einer Höhle des Schaffhauser Jura« (Zürich 1874); »Deutsche Flora, pharmazeutisch-medizinische Botanik« (Berl. 1883; 2. Aufl. als »Flora von Deutschland, Deutsch-Österreich und der Schweiz«, Gera 1895, 2 Bde.); »Géologie de l'ancienne Colombie, etc.« (das. 1886). Auch redigierte er die »Botanischen Untersuchungen aus dem physiologischen Laboratorium in Berlin« (Berl. 1865–67,6 Hefte).

4) Gustav, Physiker, geb. 24. Nov. 1820 in Berlin, gest. 16. März 1900 in Kiel, studierte Mathematik und Naturwissenschaft, habilitierte sich 1845 in Berlin, wurde 1848 Professor der Physik in Kiel, 1859 Direktor des Eichungswesens für die Elbherzogtümer und 1869 Mitglied der Normaleichungskommission des Deutschen Reiches. 1870 wurde er geschäftsführendes Mitglied der neubegründeten Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere. 1867–72 war er Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und 1878–81 Mitglied des Reichstages, wo er der Fortschrittspartei angehörte. 1894 trat er in den Ruhestand. Er schrieb: »Lehrgang der mechanischen Naturlehre« (Kiel 1851–53, 3 Tle.); »Denkschrift über den großen norddeutschen Kanal« (das. 1865); »Untersuchungen über das Verhalten der Auflösungen des reinen Kochsalzes in Wasser« (1846) und »Hygrometrische Tabelle zur Anwendung bei Gebläsen und Gradierwerken« (1847); »Beiträge zur Landeskunde der Herzogtümer Schleswig und Holstein« (Kiel 1869–72, 2 Tle.). 1856 begann er die Herausgabe der auf 21 Bände berechneten »Enzyklopädie der Physik«, für die er mit Harms und Weyer die »Einleitung in die Physik« (Leipz. 1870) bearbeitete; auch redigierte er die »Fortschritte der Physik« (Berl. 1847–53). Vgl. Weber, Zum Gedächtnisse Gustav Karstens (Kiel 1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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