Imbibition

Imbibition

Imbibition (lat., »Einsaugung«), das Eindringen von Flüssigkeit in feste Körper. In die Poren einer Tonplatte dringt Wasser vermöge der Kapillarität ein, indem es die bis dahin die Poren erfüllende Luft verdrängt; die Tonplatte verändert hierbei ihr Volumen nicht. Viele organische Stoffe nehmen aber Wasser nicht nur in ihre Poren, sondern auch in die Molekularinterstitien auf, wobei sich wahrscheinlich auch lockere chemische Verbindungen (Hydrate) bilden, und vergrößern dabei ihr Volumen: Quellung, während beim Austreiben des Wassers durch Trocknen Schrumpfung eintritt. Dergleichen findet sich bei Leim, Eiweiß, Schleimstoff, Stärke, Bindegewebe, elastischem Gewebe etc. Die Menge von Flüssigkeit, die aufgenommen werden kann (Imbibitionsmaximum), hängt von der Natur der betreffenden Substanz und der Flüssigkeit ab. Trockne Sehnen nehmen fast das Doppelte, Knorpel mehr als das Doppelte, Ochsenblase mehr als das Dreifache, getrocknete Hornhaut das Viereinhalbfache ihres Gewichts an Wasser auf, 100 Teile Ochsenblase aber nur 38 Teile 85proz. Alkohol und 17 Teile Öl. Die Quellung läßt sich auch bei Eiweißkristallen beobachten und gleicht hier im Prinzip der Pseudomorphosenbildung bei Mineralien, doch scheinen sehr viele Hydrate möglich zu sein, so daß der Wassergehalt der gequollenen Masse in weiten Grenzen veränderlich ist. Von Salzlösungen wird um so weniger aufgenommen, je konzentrierter sie sind, und dabei geht immer verhältnismäßig mehr Wasser als Salz in den festen Körper hinein, so daß die zurückbleibende Flüssigkeit konzentrierter ist als die ursprüngliche. Die I. von Natriumsulfatlösungen ist geringer als die von Chlornatriumlösungen. Enthält eine Lösung beide Salze, so werden auch beide von dem quellenden Körper aufgenommen, vom Natriumsulfat um so mehr, je relativ reichlicher es neben Kochsalz in der Lösung vorhanden ist. Die Neigung trockner Stoffe zur I. ist oft so groß, daß selbst Wasserdampf aus der Atmosphäre aufgenommen wird. Die Imbibitionskraft der Stärke beträgt 2523 Atmosphären, d. h. dieser Druck ist nötig, die Quellung zu hindern, und bei Holz ist die Kraft so riesig, daß sie benutzt wird, die härtesten Felsblöcke, wie Granit, zu sprengen. Um aus dem 93 Proz. Wasser enthaltenden Thallus von Laminaria etwas Wasser auszupressen, ist ein Druck von 200 Atmosphären notig. Die Volumenveränderungen bei der I. rufen oft Bewegungen der betroffenen Teile hervor, z. B. Aufspringen von Früchten, Antheren, Sporenschläuchen, die Torsionen der Teilfrüchtchen der Erodium-Arten etc. Quellende Erbsen werden von den Anatomen benutzt, um Schädel zu sprengen. Vor allem beruht auf der Quellung das Wachstum der Organismen, das nicht wie das der Kristalle durch Apposition, sondern durch Intussuszeption erfolgt. Vgl. Pfeffer, Pflanzenphysiologie (2. Aufl., Leipz. 1897–1904, 2 Bde.); O. Lehmann, Flüssige Kristalle (das. 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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