Genovēva

Genovēva

Genovēva (Genovefa, franz. Geneviève), 1) Heilige, die Patronin von Paris, soll um 422 in Nanterre bei Paris in armer Familie geboren, nach dem Tod ihrer Eltern, 15 Jahre alt, nach Paris gegangen sein und dort den Schleier genommen haben. Während der Hunneninvasion 451 soll sie den Untergang der Feinde vorhergesagt und Paris durch wunderbar bewirkte Brotspenden vor der Hungersnot bewahrt haben. Über den Gräbern des bei Paris als Märtyrer gestorbenen heil. Dionysius und seiner Gefährten soll von ihr eine Kirche, die Vorgängerin der nachmals von Dagobert I. errichteten Abtei St.-Denis, erbaut worden sein. Ihre Lebensbeschreibung (hrsg. 1896 von Krusch in den »Monumenta Germaniae historica, Scriptores rerum Meroving.«, Bd. 3) stammt wahrscheinlich erst aus dem 9. Jahrh. Ihre Biographie schrieben Vidieu (Par. 1883), Lefêtre (4. Aufl., das. 1901). Vgl. auch E. Pinet, Le culte de la Sainte Geneviève (Par. 1903).

2) G. von Brabant, eine der rührendsten Gestalten der deutschen Volksliteratur, Tochter eines Herzogs von Brabant und Gemahlin des Pfalzgrafen Siegfried, dessen Residenzschloß Hohensimmern im Gebiet von Trier lag, ward von Golo, dem Haushofmeister des Grafen, während dessen Abwesenheit verleumdet, die eheliche Treue gebrochen zu haben, und dafür zum Tode verurteilt, indessen von dem mit der Vollziehung des Urteils beauftragten Knecht aus Mitleid in der Wildnis ihrem Schicksal überlassen. Sie lebte nun sechs Jahre in einer Höhle des Ardenner Waldes, sich und ihren inzwischen gebornen Sohn Schmerzenreich mit Kräutern und der Milch einer Hirschkuh nährend, bis ihr Gemahl, der ihre Unschuld erkannt hatte, bei Gelegenheit einer Jagd sie wiederfand und auf sein Schloß zurückführte. Der Jesuit Cerisiers bearbeitete die Legende in der »Bibliothèque bleue« u. d. T.: »L'innocence reconnue« (Par. 1638); ihm schloß sich die schlichtere deutsche Nacherzählung des Kapuzinerpaters Martin Kochem (gest. 1712) an, die als Volksbuch verbreitet und als solches auch in die Sammlungen von Simrock und Marbach aufgenommen wurde. Als Drama wurde der Stoff behandelt vom Maler Müller, L. Tieck, Raupach und Fr. Hebbel, als Oper von R. Schumann und B. Scholz (»Golo«). Sauerborn (»Geschichte der Pfalzgräfin G.«, Regensburg 1856) suchte die Legende auf historischen, Zacher (»Die Historie von der Pfalzgräfin G.«, Königsb. 1860) suchte sie auf mythischen Ursprung zurückzuführen, während sie nach Seuffert (»Die Legende von der Pfalzgräfin G.«, Würzb. 1877) im 14. Jahrh. von einem Laacher Mönch unter Benutzung eines bekannten Novellenmotivs erfunden ist. Vgl. B. Golz, Pfalzgräfin G. in der deutschen Dichtung (Leipz. 1897).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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