Französisch-Kongo

Französisch-Kongo

Französisch-Kongo (Congo-Français, früher Gabun), franz. Besitzung in Äquatorialafrika, zwischen 2°20' nördl. Br. bis 5° südl. Br. und 8°40' östl. L. (Kap Lopez), bis zum Ubangi, begrenzt im N. vom spanischen Munigebiet und Kamerun, im O. vom Kongostaat, im S. von diesem und dem portugiesischen Bezirk Kabinda, im W. vom Atlantischen Ozean (s. Karte »Äquatorialafrika« im 1. Bd.) und geschätzt auf 3 Mill. qkm. Die einförmige Meeresküste hat nur wenige Einschnitte; die Mundabai, das breite Ästuarium des Gabun, die Nazareth-, Lopez- und Majumbabai. Zwischen den letzten begleiten langgestreckte Lagunen den niedrigen Küstensaum, von dem das Land in parallelen Stufen ansteigt. Auf der ersten erhebt sich der Igumbi Andele, südlich vom Ogowe, zu 1060 m. Weiter östlich durchzieht das westafrikanische Schiefergebirge (Mont de Cristal, Aschangokette) das Gebiet in seiner ganzen Länge von N. nach S. und steigt in mehreren Stufen (Magoba 1200 m) zu einer weiten, 375–450 m hohen Hochebene an, auf der einzelne Gebirgszüge sich bis 760 m erheben. Hier liegt die Wasserscheide, von welcher der Ogowe (s.d.), nächst dem Kongo der bedeutendste Fluß des Gebietes, und Kuilu zum Meer, Sanga, Likuala und Alima zum Kongo gehen. Schiffbar auf größere Strecken sind Sanga und Alima (bis Leketi), dagegen treten im Ogowe und Kuilu bald Stromschnellen auf; doch kann der Ogowe mit kleinen Dampfern bis Ndjola, mit Booten 700 km weit bis Franceville befahren werden. Das Klima ist an der Küste äußerst ungesund, selbst für die Eingebornen, nicht sowohl wegen der hohen Hitzegrade (am Gabun Maximum selten über 32°, Minimum 22°, Mitteltemperatur 25–26°), als wegen der großen Feuchtigkeit und der vielen stagnierenden Gewässer. Die große Regenzeit mit heftigen Stürmen dauert vom Februar bis Ende April, die kleine Regenzeit vom Oktober bis November. Die Vegetation ist z. T. von tropischer Üppigkeit; Drachenbäume und Palmenarten sind am häufigsten, Eben- und Rotholz werden ausgeführt, ebenso Kautschuk. Von Tieren kommen vornehmlich Leoparden, Büffel, Wildschweine, Flußpferde und Krokodile vor, die Ufer des obern Ogowe sind die eigentliche Heimat des Gorilla und Schimpanse. Die Bevölkerung (vgl. die Tafeln »Afrikanische Völker« und »Afrikanische Kultur«) wird gebildet aus den zwergartigen (1,32–1,53 m), gelben Abongo oder Obongo, den vermutlichen Urbewohnern des Landes, in den Wäldern südlich vom Ogowe, den Mpangwe und Okanda mit zahlreichen Unterabteilungen, beide dem Bantustamm angehörig, den Fan (s.d.), die vor 200 oder 300 Jahren ins Land kamen, und den mit den Mpangwe verwandten Bakelai im N., die Handel und Schiffahrt treiben. Nördlich von Kuilu wohnen die Balumbo, ein wenig rühriges Mischvolk, wogegen die Bateke auf dem großen Plateau nördlich vom Kongo, über den sie auch südwärts hinüberreichen, als Ackerbauer, Händler und Träger tätig sind. Östlich von ihnen sitzen am Kongo die Ubangi oder Bapsuru, gute Schiffer und Händler, in großen Dörfern (bis 3000 Einw.), noch östlicher die Baloi bis über den Ubangi hinaus. Die Gesamtzahl aller Bewohner wird auf 10 Mill. geschätzt, worunter 730 Europäer, die in der Hauptstadt Libreville (s.d.) sowie in einzelnen Stationen wohnen. Protestantische (Pariser) und katholische Missionare sind hier tätig. Die Eingebornen hauen Bananen, Mais, Hirse, Maniok, an der obern Alima auch Zuckerrohr und Tabak, doch ist der Ackerbau durchaus Sache der Frauen. Neuerdings sind mit gutem Erfolg Kaffee- und Kakaopflanzungen, etwa 1000 Hektar, im Küstengebiet angelegt worden. Die Vergebung zahlreicher Konzessionen, die ein Gebiet von 761,240 qkm umfassen, erschwert die wirtschaftliche Aufschließung. Schafe und Ziegen sind zahlreich, doch liefern erstere keine Wolle. Von Metallen kennt man Brauneisenstein, der von den Fan verarbeitet wird, Kupfer und Quecksilber. Der Handel ist fast ganz in fremden Händen, namentlich deutschen (Wörmann). Die Einfuhr (1900. 10,555,000 Frank, wo von für 4,879,000 Fr. aus Frankreich) besteht in Salz, Spirituosen, Pulver, Steinschloßgewehren, Tabak, Baumwollenzeugen, Eisen- und Messingwaren, die Ausfuhr (7,540,000 Fr., davon für 2,610,000 Fr. nach Frankreich) in Kautschuk, Elfenbein, Rot-, Okume- und Ebenholz, Kopal, Palm- und Kolanüssen. Es liefen 1898: 101 Dampfer von 249,442 Ton. ein, darunter 47 französische mit 127,100 T. Der Telegraph hatte 1899 eine Länge von 1152 km; es bestanden 1897: 26 Postämter, die 371,538 Sendungen beförderten und 16,000 Fr. Einnahmen und 57,000 Fr. Ausgaben hatten. Die Kolonie, deren Ausgaben für 1900 auf 3,834,000 Fr. angesetzt waren, wird von einem Generalgouverneur verwaltet, dem ein Verwaltungsrat aus sechs Mitgliedern zur Seite steht. Administrativ zerfällt das Gebiet in das eigentliche Kongogebiet mit sechs Provinzen (Côte-Nord, Unter-Ogowe Fernand Vaz, Oogowe, Côte-Sud, Loango und Brazzaville), das Sanga- und Ubangigebiet und die Territorien des Tsadsees unter einem Spezialkommissar. Die auf viele Stationen verteilte Schutztruppe besteht aus 1 Eingebornenregiment (zu 2 Bataillonen), 1 Batterie und 1 Eskadron Eingebornenkavallerie. – Die Landschaft am Gabun wurde 1470 von den Portugiesen entdeckt, die hier bald einen schwunghaften Sklavenhandel betrieben und eine Niederlassung gründeten. Frankreich legte 1842 am rechten Ufer eine Faktorei an; im nächsten Jahre wurde das Fort d'Aumale errichtet. Durch Verträge mit Häuptlingen kam schon 1842 das Land bis zum untern Ogowe hinzu; nach dem deutsch-französischen Krieg zog Frankreich aber die früher bewilligte Subvention zurück, und die Kolonie, die den Namen Gabon oder France Équatoriale führte, blieb sich selbst überlassen. Als aber Brazza eine Verbindung der Küste mit dem Kongo herstellte und die Wichtigkeit dieses Gebietes zeigte, bestand Frankreich bei seinen Verhandlungen mit der Internationalen Kongogesellschaft nicht nur auf der Ausdehnung seines Besitzes bis zum rechten Kongoufer, sondern auch auf der Abtretung der 18 von jener Gesellschaft im Kuilugebiet gegründeten Stationen. Die Kolonie machte zwar keine nennenswerten Fortschritte, war aber in den 1890er Jahren der Ausgangspunkt des Vordringens zum Tsadsee; durch das mit Deutschland getroffene Abkommen vom 15. März 1894 gewann Frankreich das Hinterland von Kamerun bis zu jenem See. Seitdem die Länder am Tsadsee und am Scharifluß, die seit der Verordnung von 1890 mit dem durch zahlreiche Expeditionen gewonnenen Westen ein Verwaltungsgebiet unter dem Namen »Französisch-Sudân« (s.d.) bildeten, mit der Kongokolonie zu einheitlicher Verwaltung vereinigt worden sind (Erlaß des französischen Präsidenten vom 5. Juli 1902), seitdem infolgedessen der militärische Befehlshaber am Scharifluß dem Truppenkommandanten von F. unterstellt ist, dem jener seine Vorschläge für die Einstellung militärischer Ausgaben in das sonst selbständige Budget jener Gebiete einzureichen hat, verzichtet die französische Regierung vorläufig auf Feldzüge nach Kanem und Wadaï, indem sie sich auf eine friedliche Annäherung an die Stämme östlich vom Tsadsee verläßt. Dem war noch vor kurzem nicht so, wie die nur mühsam abgewehrte Bedrohung der Franzosen in Kanem durch Tuaregs und Mahdisten (Sieg des Oberstleutnants Destenave 20. Jan. 1902 bei Biramani) beweist. Vgl. auch die Artikel »Rabeh« und »Fad el-Allah«. Die dauernde Verbindung des Scharigebietes mit dem Westen über Sinder, den Hauptort am mittlern Nigerbogen, scheint seit Mitte 1901 gesichert zu sein; vgl. Senegambien. Vgl. Marche, Trois voyages dans l'Afrique occidentale (Par. 1879); Dutreuil de Rhins, Le Congo Français (1885); Barret, L'Afrique occidentale (1887, 2 Bde.); Voulgre, Le Congo Français (1897); Pourbaix und Plas, Le régime économique et les sociétés commerciales du Congo Français (Brüss. 1899); Lebon, La politique de la Franceen Afrique 1896–1898 (Par. 1901); »Atlas des côtes du Congo Français«, 1: 80,000, hrsg. vom Kolonialamt (das. 1894, 22 Blatt).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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