Fliegenblumen

Fliegenblumen

Fliegenblumen (hierzu Tafel »Fliegen- und Schneckenblumen«), Blumen, die an eine Übertragung des Blütenstaubes durch Fliegen angepaßt sind. Hie Größe mancher F. deutet darauf hin, daß starke Augenfälligkeit zur Erregung der Aufmerksamkeit der Bestäubungsvermittler nötig ist. Die größten aller Blumen, wie Aristolochia grandiflora (Fig. 1), Amorphophallus Titanum (Fig. 17), Rafflesia Patma (Fig. 18), werden vorwiegend durch Fliegen bestäubt. Die F. haben meist unreine, trübe Farben: ein Gelbgrün, wie bei Evonymus europaea (Fig. 8), Trübrot, Purpurbraun, wie bei Ophrys muscifera (Fig. 6), Rotviolett etc., seltener ein reines Weiß, wie bei Parnassia palustris (Fig. 15), oder lebhaftere bunte Farben, wie die rot und gelb getüpfelten Blumen der von Schwebfliegen besuchten Steinbrecharten (Saxifraga aizoon, Fig. 13) und das lichte Blau der Ehrenpreisarten. Unter den der Anlockung der Insekten dienenden Düften kommen bei den F. vorwiegend Aasgerüche in Betracht; man pflegt diejenigen F., die nicht nur durch den Geruch, sondern auch durch die Färbung und Oberflächenbeschaffenheit der Blütenhülle an faulendes Fleisch erinnern, wie die Stapelia pedunculata und asterias (Fig. 7 u. 9) direkt als Aasblumen zu bezeichnen, aber auch bei nicht hierher gehörigen, wie bei der Orchidee Bolbophyllum Beccarii (Fig. 5), bei zahlreichen Steinbrecharten, Arazeen, Balonophorazeen, Aristolochiazeen ist ein intensiver Aas- oder Mistgeruch vorhanden, der Aas- und Mistfliegen anlockt, und der diese Blumen für die Menschen zu Ekelblumen werden läßt. Das Anfliegen und das Aufsteigen zu den innern Blütenteilen wird den Insekten bei manchen F. durch Ausbildung von großen Flächen, wie bei manchen Aristolochien (Fig. 1) und Arazeen, wie die Arum-Arten (Fig. 12 u. 14) und Alocasia odora (Fig. 19), oder von Kletterseilen, wie bei Cypripedium caudatum (Fig. 11), Himantoglossum, Paris u. a., erleichtert. Um die Bestäubung durch die angelockten Insekten zu sichern, sind manche F. zu Kesselfallen umgestaltet; die Blumenhülle erweitert sich zu einem Hohlkessel, dessen Eingang durch Einschnürung oder jähe Umbiegung der Perigonröhre, wie bei Aristolochia Bonplandi und Sipho (Fig. 3 u. 4), oder durch einwärts gerichtete Reusenhaare so gesperrt ist, daß die Fliegen wohl leicht eintreten, aber nicht ebenso leicht wieder herauskommen können, sondern so lange gefangen bleiben, bis die Staubbeutel der protogynischen Blüten geöffnet sind. Dann erschlaffen die Pfortenverschlüsse, und die Fliegen gewinnen, blumenstaubbeladen, das Freie, um alsbald in andre Kesselfallblumen einzudringen und dort die Narben zu bestäuben. Den Kesselfallen ähnlich sind die Einrichtungen bei Pinguicula- und Cypripedium-Arten (Fig. 20), welche die Fliegen zeitweilig in dem sackartigen Sporn ihrer Blütenhülle zurückhalten. Die Blüten gewisser Ceropegia-Arten (C. Candelabrum u. Sandersonii, Fig. 2 u. 10) stellen einen Übergang dar von den Kesselfallenblumen zu den Klemmfallenblumen, welche die angelockten Insekten an bestimmten Stellen festklemmen oder ihnen offenliegende Klemmkörper anheften. Typische Klemmfallenblumen sind unter den F. einige Vincetoxicum- und Stapelia-Arten. Vielfach teilen in den F. die Fliegen den leicht zugänglichen Tisch mit kleinen Käfern und Schnecken; wenn die letztern Besucher vorherrschen, so bezeichnet man die Blumen als Schneckenblumen. Zu ihnen gehört Rohdea japonica (Fig. 16) und manche Arazeen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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