Föhn

Föhn

Föhn (Fön), in der Schweiz ein aus der Höhe herabsteigender, stürmischer, heißer und trockner Wind in Gebirgstälern. Er heißt auf der Nordseite der Alpen »Nordföhn«, auf der Südseite »Südföhn«; ein besonders heftiger F. ist der »wilde F.«, ein schwacher der »Dimmerföhn«. Mehrfach wird der F. auch fälschlich Scirocco genannt. Über dem obern Talende zeigen sich zunächst Wölkchen, die sich wieder auflösen, dann eine Wolkenbank (Föhnmauer), die sich den Bergumrissen auflagert. Die Luft ist ruhig und sehr durchsichtig.

Entstehung des Föhns.
Entstehung des Föhns.

Wolkenfetzen ziehen talabwärts, wobei in der Höhe ein Sturmesbrausen hörbar wird, während unten der Wind talaufwärts weht. Menschen und Tiere werden bedrückt und unruhig. Bald beginnen einzelne Windstöße, die immer heftiger werden und schließlich zum Sturm anwachsen. Sturm und Austrocknung des Holzes bringen Feuersgefahr (Brand von Glarus 1861), weshalb Feuerwachen bei F. warnen. Die große Wärme verschaffte dem F. den Namen Schneefresser (er schmilzt oft an einem Tag so viel wie die Sonne in 14 Tagen) und Traubenkocher (Graubünden); das Reisen der Feldfrüchte (Mais, Wein) würde in manchen Gegenden ohne F. nicht eintreten. Die jetzt geltende Theorie des Föhns rührt her von Hann, Billwiller, v. Bezold, Pernter und Wild. Weht ein Südwind über den Alpen, so werden auf der Südseite die tiefer gelegenen Luftschichten allmählich mitgerissen und zum Aufsteigen gezwungen (vgl. Abbildung). Dabei kühlt sich die Luft um je ein 1° für 100 m Anstieg ab und nähert sich dem Taupunti (s.d.); sobald er erreicht ist, tritt Wolkenbildung und Niederschlag ein. Durch die bei der Kondensation frei werdende Wärme wird die Abkühlung auf 1° für 200 m Anstieg verlangsamt. Beim Überschreiten des Kammes ist der Luftstrom dampfgesättigt und erscheint als dicke Wolkenschicht (Föhnmauer). Auf der Nordseite wird zunächst die Luft unmittelbar unterhalb des Kammes mitgerissen; es entsteht eine Luftverdünnung, ein Nachströmen von unten gegen den Kamm hin und somit am obern Talende ein Luftwirbel mit horizontaler Achse. Diese Bewegung greift in immer tiefere Schichten (Föhnstöße), bis sie den Talgrund erreicht und der Wind jetzt auch hier vom Kamme weg weht. Beim Herabsinken erwärmt sich die Luft um 1° für je 100 m, ist also hier für je 100 m um 0,5° wärmer als in der Kondensationsschicht auf der Südseite in gleicher Höhe; gleichzeitig entfernt sie sich vom Taupunkt so weit, daß sie unten äußerst trocken ankommt. Der anfangs vorhandene Südwind in der Höhe wird meist durch eine Depression über den britischen Inseln hervorgerufen. Mehrfach ist der F. nur einseitig ausgebildet, indem nur der absteigende Teil beobachtet wird (s. Fallwinde). Durch obige Theorie lassen sich nicht bloß der Nord- und Südföhn der Alpen erklären, sondern auch analoge Erscheinungen in andern Gebirgsgegenden (Harz, Riesengebirge, Pyrenäen, Grönland, Neuseeland etc.). In der Schweiz ist der F. am häufigsten im Frühjahr und am seltensten im Sommer. Vgl. Hann, Lehrbuch der Meteorologie (Leipz. 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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