Emin Pascha

Emin Pascha

Emin Pascha, eigentlich Eduard Schnitzer, bekannter Afrikareisender, geb. 29. März 1840 in Oppeln, ermordet 20. Okt. 1892 in Afrika. Nach dem Tode des Vaters, eines jüdischen Kaufmanns, evangelisch getauft, besuchte er das Gymnasium in Neiße, studierte in Breslau, Berlin und Königsberg Medizin, begab sich 1864 nach der Türkei, wurde in Antivari Quarantänearzt und fand wegen seiner hervorragenden Sprachkenntnisse auch politische Verwendung. 1871 trat er in den Dienst des Gouverneurs Ismail Pascha, begleitete ihn in die Verbannung nach Trapezunt und nach seiner Wiederanstellung nach Janina. Nach dem Tode des Paschas (1873) ging C. mit der Witwe nach Konstantinopel, machte mit ihr 1875 einen Besuch in Deutschland, verließ sie dann aber plötzlich, um nach dem ägyptischen Sudan zu gehen, wo er 1876 von Gordon Pascha als Emin Efendi zum Regierungsarzt ernannt wurde, aber auch mit politischen Sendungen, 1876 zu Mtesa, dem Beherrscher von Uganda, 1877 zu Kabrega, dem Beherrscher von Unyoro, betraut wurde. 1878 mit dem Titel eines Bei zum Gouverneur der Äquatorialprovinz ernannt, war er unermüdlich tätig, diese Gebiete zu organisieren und zu erforschen, als der Aufstand des Mahdi ihn von aller Verbindung abschnitt und in eine äußerst gefährdete Lage brachte. Da zugleich die Forschungsreisenden W. Junker und Casati (s. d.) in der Äquatorialprovinz verweilten, machte man in Europa verschiedene Anstrengungen zu ihrer Befreiung, doch scheiterten die Versuche von Adolf Fischer und Oskar Lenz (s. d.). Als man endlich durch Junker, dem es 1886 gelang, die Küste zu erreichen, Näheres über die Lage Emins erfuhr, wurde von England eine große Entsatzexpedition unter Leitung von Stanley (s. d.) ausgesandt. Nach Überwindung der größten Schwierigkeiten erreichte Stanley 13. Dez. 1887 die Südwestecke des Albert Niansa. Dort traf auch der von seiner Ankunft benachrichtigte E. mit Casati 29. April 1888 mit einen. Dampfer von Wadelai ein. Nachdem verabredet worden war, daß Stanley seine Nachhut heranholen sollte, kehrte E. mit Jephson, einem Offizier Stanleys, in seine Provinz zurück, wo alsbald, veranlaßt durch den elenden Zustand von Stanleys Hilfsexpedition, unter den ägyptischen Offizieren eine Meuterei ausbrach. E. wurde entsetzt und gefangen gehalten, aber auf Verlangen seiner Soldaten nach einem Einfalle der Mahdisten wieder in seine frühere Stellung eingesetzt. Da er aber seine volle Autorität nicht wiedergewinnen konnte, entschloß er sich nach längerm Zögern, mit Stanley, der inzwischen am Albert Niansa wieder eingetroffen war, nach der Ostküste zu gehen. Mit C. zog eine große Anzahl ägyptischer Soldaten und Beamten mit ihren Frauen und Kindern ab. Der Zug ging über den Semliki zum Ostufer des Albert Edward-Sees, dann zum Südufer des Victoriasees und von da über Mpwapwa nach Bagamoyo. Hier zog sich E. nach einem ihm zu Chren vom Reichskommissar, Major v. Wissmann, gegebenen Festmahl durch einen Sturz aus dem Fenster 4. Dez. 1889 schwere Verletzungen zu, von denen er sich nur langsam erholte. Nach seiner Wiederherstellung trat er im März 1890 in deutsche Dienste, um 26. April mit einer Expedition nach dem Victoriasee aufzubrechen. Über Tabora, wo er 4. Aug. die deutsche Flagge hißte, gelangte er zum Südufer des Victoriasees, fuhr nach dem Westufer, errichtete hier die Station Bukoba, zog dann mit Stuhlmann (s. d.) zum Albert Edward-See und an seiner Westseite nordwärts zum Albert Niansa. Nach fruchtlosen Verhandlungen mit den hier zurückgebliebenen ägyptischen Offizieren und vergeblichen Versuchen, durch die Wälder am Ituri nach Norden oder Westen vorzudringen, wurde E. durch eine Blatternepidemie 12. Nov. 1891 bis 8. März 1892 in Undussuma, nahe dem Südende des Albert Niansa, festgehalten. Selbst krank und fast blind, sandte er Stuhlmann mit den Gesunden nach dem Victoriasee zurück, zog schließlich nach Südwesten ab, wurde aber auf Befehl des Sultans von Kibonge in Kinema, 150 km westlich vom Kongo, ermordet. Die Mörder wurden im folgenden Jahre bei der Niederwerfung des Araberaufstandes durch die Truppen des Kongostaates ergriffen und mit dem Tode bestraft; bei diesem Zuge fand sich das Tagebuch Emins. Emins eigenmächtiger Zug über die deutsche Interessensphäre hinaus, wie auch sein Verhalten Stanley gegenüber haben zu vielen Erörterungen Anlaß gegeben. Als wissenschaftlicher Reisender hat er sich durch sorgfältige Sammlungen und Beobachtungen namentlich um die Ornithologie, Ethnographie und Meteorologie des äquatorialen Afrika sehr verdient gemacht. Sein Bildnis s. Tafel »Afrikaforscher II«. Vgl. »Emin Pascha. Eine Sammlung von Reisebriefen und Berichten« (hrsg. von Schweinfurth und Ratzel, Leipz. 1888); Reichard, Dr. Emin Pascha (2. Aufl., das. 1895); Vita Hassan, Die Wahrheit über E., die ägyptische Äquatorialprovinz und den Sudan (a. d. Franz. von Moritz, Berl. 1893); Stuhlmann, Mit E. ins Herz von Afrika (das. 1893); Schweitzer, Emin Pascha. Eine Darstellung seines Lebens und Wirkens mit Benutzung seiner Tagebücher, Briefe und wissenschaftlichen Aufzeichnungen (das. 1898).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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