Eisenbahnbau

Eisenbahnbau

Eisenbahnbau (hierzu Tafel »Eisenbahnbau: Oberbau der Eisenbahnen« mit Text, bei S. 511) ist als Neubau der Inbegriff aller Arbeiten zur Herstellung der Eisenbahnen von den Vorerwägungen bis zur Übernahme der fertigen Bahn durch die Betriebsverwaltung; im weitern Sinne gehören zum E. als Arbeitsfeld und Fachwissenschaft auch alle später während des Betriebs erforderlichen Unterhaltungs-, Ergänzungs- und Erweiterungsarbeiten.

Der E. umfaßt folgende Hauptgruppen: 1) Vorarbeiten, d.h. vollständige (technische) Ausstellung des Entwurfs zum Bau mit Einschluß der Kostenberechnung und der wirtschaftlichen (kommerziellen) Erwägungen (Ertragsberechnung); 2) die Herstellung des Unterbaues oder Bahnkörpers mit allen zugehörigen Bauwerken, als Straßen-Unter- und Überführungen, Durchlässe, Brücken, Viadukte, Tunnel, Weg- und Flußverlegungen, Überleitungen von Wasserläufen (Aquädukte), Schneeschutzwerke und Lawinengalerien; 3) die Herstellung des Oberbaues, d.h. des Schienengestänges nebst allen Bahnhofsgleisen und Gleisverbindungen mit Einschluß der Schienenunterlagen oder Schwellen und deren Unterbettung aus Kies, Steinschlag oder dergleichen Stoffen; 4) die Herstellung der Eisenbahnhochbauten, nämlich der Wärterhäuser, Güterschuppen, Lokomotivschuppen, Wasserstationen nebst deren mechanischer Einrichtung, Eisenbahnwerkstätten, desgleichen der Empfangs- und Nebengebäude sowie etwaiger Dienstwohnungen und Verwaltungsgebäude; 5) Nebenanlagen und Ausrüstungsarbeiten, wie z. B. Entwässerung und Wasserversorgung der Bahnhöfe (s. Wasserstation), Einfriedigungen, Wegschranken, Signale und Stellwerke, die teils als gesonderte Arbeiten, andernteils den Bauten der vorerwähnten Gruppen eingereiht erscheinen.

1) Die Vorarbeiten, bei denen technische und wirtschaftliche Untersuchungen stets Hand in Hand gehen müssen, sind grundlegend und bedingend für die sparsame und zweckmäßige Bauausführung sowie für die Anpassung der Bahn an die wirtschaftlichen Bedürfnisse und Verhältnisse des betreffenden Landstrichs. Namentlich bei Erschwernissen durch die Beschaffenheit des Geländes oder des Untergrundes, durch dichte Bewohnung oder andre Umstände erfordert die Durchführung der Vorarbeiten volle Umsicht und Sachkunde.

Die allgemeinen Vorarbeiten bezwecken die Feststellung, ob und unter welchen wesentlichen Bedingungen und mit welchen ungefähren Kosten eine geplante Eisenbahnlinie ausführbar und wirtschaftlich begründet erscheint. Das Ergebnis in Gestalt von Plänen nebst Kostenüberschlag, Ertragsberechnung etc. (Vorentwurf, Vorprojekt) dient bei Privatbahnen als Grundlage für die Erlangung der landesherrlichen Konzession und des damit verbundenen Enteignungsrechts, und bei Staatsbahnen für die Vorlage an die gesetzgebenden Körperschaften behufs der Geldbewilligung. Nach Erteilung der Konzession, bez. der Geldbewilligung haben sodann die (inzwischen oft schon begonnenen) ausführlichen Vorarbeiten die Grundlage für die Erlangung der Bauerlaubnis und für die wirkliche Bahnausführung, also den Bauentwurf, zu beschaffen. Sie müssen demnach die sämtlichen Bauteile in eingehenden Zeichnungen und Kostenanschlägen nebst Erläuterungen und Bauplänen zur Darstellung bringen. Vor Beginn des Baues müssen nach gesetzlicher Vorschrift die Entwürfe zunächst eisenbahntechnisch und landespolizeilich von den zuständigen Behörden geprüft werden und eine Zeitlang bei den einzelnen Gemeinden, soweit sie dieselben betreffen, öffentlich ausliegen. Alsdann erfolgt die Feststellung der Entwürfe durch den zuständigen Bautenminister, in streitigen Fällen mittels eines besondern Planfeststellungsverfahrens und örtlicher Termine unter Zuziehung von Vertretern der beteiligten Behörden oder Einzelpersonen, um deren etwaige Einwände und Änderungsanträge zu hören, darüber zu entscheiden und sodann die Bauerlaubnis zu erteilen. Nachdem mit Hilfe der inzwischen aufgenommenen Grunderwerbskarten die Enteignung der erforderlichen Bodenflächen stattgefunden oder doch die Erlaubnis zur Inangriffnahme seitens der Eigentümer erteilt (in Preußen in Notfällen durch den Regierungspräsidenten angeordnet) ist, kann die Bauausführung beginnen. Ist diese sodann so weit vorgeschritten, daß die Betriebseröffnung stattfinden kann, so erfolgt (in Preußen) wiederum unter Zuziehung der beteiligten Behörden die landespolizeiliche Abnahme und nach deren befriedigendem Ausfall die Eröffnung der Bahn, in der Regel in einzelnen längern Strecken, je nach dem Fortschritt des Baues.

Bei der Linienführung (Trassierung) einer Bahn kommt namentlich die Begrenzung der zulässigen Neigungen und Krümmungen in Betracht, als maßgebend für die möglichen Geschwindigkeiten und Zuglasten, also für die Leistungsfähigkeit der Bahn. Das Maß für die Neigung bildet das Neigungsverhältnis zwischen Höhe und Länge; es wird in Tausendsteln (Millimeter Hebung auf das Meter Länge) oder auch mittels eines Stammbruches ausgedrückt, z. B. 50/00 (5 mm Hebung auf 1 m Länge) oder 1: 200; 2,50/00 oder 1: 400 u.s.f. Die Krümmungen werden aus Kreisbogen gebildet und durch deren Halbmesser ausgedrückt, so daß also der kleinere Halbmesser die schärfere Krümmung bezeichnet. Als schärfste zulässige Neigung gilt in Deutschland für Hauptbahnen 250/00 (1: 40), für Nebenbahnen 400/00 (1: 25); ebenso als kleinster Halbmesser 180, bez. 100 m für vollspurige, 60,40 und 25 m für schmalspurige Nebenbahnen von 1 m, 75 cm und 60 cm Spurweite. Bei Hauptbahnen bedarf die Anwendung von Neigungen über 12,50/00 (1: 80) und Halbmessern unter 300 m besonderer Genehmigung des Reichseisenbahnamts, da sie die allgemeine Benutzung der betreffenden Bahnlinien für gewisse Arten von Wagen und Lokomotiven ausschließt oder doch beschränkt und nur kurze Züge gestattet. Die richtige Feststellung der Linie kann in schwierigem Gelände nur auf Grund zuverlässiger Darstellung des Geländes nach Lage und Höhe, d.h. auf Grund von Schichtenplänen mit Höhenkurven (Horizontalkurven), erfolgen. Die zweckmäßigste Linie (Trasse), d.h. diejenige der geringsten Verkehrskosten, wird in solchen Plänen durch Vergleich verschiedener Möglichkeiten aufgesucht, durch einen (verzerrt gezeichneten) Längenschnitt, das sogen. Längenprofil bezüglich ihrer Neigungen, Krümmungen und Erdarbeiten übersichtlich dargestellt, aufs Gelände übertragen und dann mit Hilfe zahlreicher, draußen aufgemessener Querschnitte weiter in allen Teilen durchgearbeitet.

Bei Gebirgsbahnen, bisweilen auch schon im Hügellande wird häufig eine künstliche Verlängerung der Linie (sogen. Entwickelung) erforderlich, um zur Ersteigung großer Höhen mit bestimmten Neigungsverhältnissen die nötige Länge zu gewinnen. Dazu dient das Ausbiegen in Seitentäler, wo solche zur Verfügung stehen (wie z. B. bei der Brenner- und Schwarzwaldbahn), ferner die Schleifenbildung im Haupttal selbst (Gotthardbahn bei Wasen) oder, wenn keine andre Möglichkeit vorliegt, die Bildung von Windungen im Erdinnern, also z. B. die Herstellung von spiralförmigen Hebungstunneln, wie an mehreren Stellen der Gotthardbahn (s. Sankt Gotthard), deren Neigung 25–27 Tausendstel nicht überschreiten sollte, und noch weitergehend bei der Albulabahn. In solchen Fällen würde jedoch bei dem heutigen Stande der Technik die Anwendung gemischten Betriebes, d.h. die Einlegung steiler Zahnstangenstrecken zur Überwindung großer Hebungen ohne so große Verlängerung und ohne so viele teure Hebungstunnel, oft wirtschaftlich richtiger sein. Vgl. Bergbahnen u. Gebirgsbahnen.

In schwierigem Gelände wird durch Anwendung sanfter Neigungen und Krümmungen der Bauwesentlich verteuert, der Betrieb (nebst Unterhaltung und Erneuerung) dagegen verbilligt. Es ist also im Einzelfall sorgfältig abzuwägen, ob die Rücksicht auf billigern Bau oder billigern Betrieb überwiegt, da die gesamten Verkehrskosten sich zusammensetzen aus der Verzinsung der Anlage- und den laufenden Betriebskosten. Die Rücksicht auf billigen Betrieb wird indessen nur bei großem zu erwartenden Verkehr den Ausschlag geben, was für Neubauten in Ländern mit bereits stark entwickeltem Eisenbahnnetz heute nur noch selten zutrifft. Je weiter zurückgeblieben dagegen die zu durchbauende Gegend in der Ergiebigkeit des Bodens und der Kulturentwickelung erscheint, je mehr also der Bahn die Aufgabe zufällt, den Verkehr erst zu wecken und zu schaffen, desto mehr wird es nötig sein, die Bahn mit billigsten Mitteln zu erbauen und hiernach deren Charakter von demjenigen der Haupt zu dem der Neben- oder schließlich der Kleinbahn mehr und mehr abzustufen. In noch unaufgeschlossenen Ländern, wie z. B. neuen Kolonien, ist deshalb das System am Platze, das die Kulturentwickelung in Nordamerika so außerordentlich befördert hat: Zunächst so billig, einfach und rasch wie nur irgend möglich Bahnen zu bauen und ihre allmähliche Verbesserung durch spätere Ergänzungen und Umbauten der Zukunft zu überlassen, die infolge des geweckten und fortschreitenden Verkehrs selbst dazu die Mittel schafft.

2) Der Unterbau oder Bahnkörper soll mit einer obern Fläche, dem Bahnplanum, eine standfeste, sichere Unterlage für den Oberbau bilden. Er besteht im allgemeinen aus dem mit Rasenböschungen und Entwässerungsgräben versehenen Erdkörper, der in den die Bahnhöhe übersteigenden Anhöhen durch Ausschachtung als Einschnitt oder Abtragung aus dem natürlichen (gewachsenen) Erdboden gebildet, bez. über den unter die Bahnhöhe hinabgehenden Vertiefungen des Geländes durch Ausschüttung als Damm oder Auftrag hergestellt wird (Tafel, Fig. 1a u. 1b). Dabei ist die Bahnhöhe (Gradiente) tunlichst derart anzuordnen, daß die Aufträge aus den Abträgen gedeckt, also ein Ausgleich der Erdmassen mit möglichst geringen Bewegungskosten erzielt wird. Dies macht zugleich die Berücksichtigung der geologischen Beschaffenheit des durchschnittenen Geländes schon bei der Linienführung mit Hilfe von Bodenuntersuchungen (Bohrungen, Versuchsschächten etc.) erforderlich, um die Böschungsverhältnisse richtig zu bestimmen und spätere Bewegungen (Rutschungen) des Bahnkörpers durch rechtzeitige Befestigungen und Entwässerungsanlagen zu vermeiden.

Bei jeder Überschreitung eines Wasserlaufes oder einer Talmulde muß ein Wasserdurchlaß, bei größern Wasserläufen eine Brücke und bei breiten Tälern von mehr als 16–20 m Tiefe unter Umständen zur Ersparnis an Erdarbeiten ein Viadukt erbaut werden. Auch sehr teurer Grunderwerb, wie z. B. in und bei Städten, kann Anlaß zu Stützmauern und Viadukten geben. Bei großer Einschnittstiefe (von 15–20 m und darüber) ist sorgfältig zu ergründen, ob und inwieweit durch Einfügung eines Tunnels eine Ersparnis zu erzielen ist, und in ähnlichen Fällen (namentlich auch bei Führung der Linie an steilen Abhängen, also bei starker Querneigung des Geländes) ist die gleiche Untersuchung hinsichtlich der Anwendung von Futter- und Stützmauern, Steinbekleidungen etc. zu führen, wie sie bei Gebirgsbahnen eine große Rolle spielen. Auch dazu ist Kenntnis der geologischen Verhältnisse erforderlich, ebenso zur richtigen Gründung der Bauwerke.

Bei Überschreitungen von Flußtälern und Stromgebieten werden Untersuchungen erforderlich über die Weite der Strom- und Flutbrücken, Änderungen des Flußbettes, der Deiche etc., die in das Gebiet des Wasserbaues eingreifen. Auch erfordert die Rücksicht auf Schiffahrt nicht selten die Anordnung von beweglichen, insbes. von Drehbrücken, wenn die Höhe zur freien Durchfahrt fehlt. Endlich kommen bei großen Stromübergängen und beim Berühren von Festungswerken auch militärische Rücksichten in Frage. Zur Wahrung der notwendigen Einheitlichkeit in den wesentlichen Abmessungen und Einrichtungen der Bauten (ebenso auch für die Betriebshandhabung) sind von dem Verein Deutscher Eisenbahnverwaltungen und vom Deutschen Reiche Bestimmungen getroffen. Von diesen sei die hier namentlich in Frage kommende Umgrenzung des freien Raumes hervorgehoben, die für den gefahrlosen Durchgang der Lokomotiven und Wagen auf allen deutschen Vollspurbahnen in gleicher Weise offen gehalten werden muß, also insbes. die Anordnung der Straßenüberführungen, der eisernen Brücken mit hohen Trägern, der Tunnel, der Bahnsteige, Ladesteige an Rampen und Güterschuppen mit ihren überspringenden Dächern u.a. beeinflußt.

Bei denjenigen Straßen, welche die Bahn in Schienenhöhe kreuzen sollen, wird meistens eine Änderung der Höhenlage, d.h. die Anlage von Auftrags- oder Einschnittsrampen mit der für die betreffenden Wege zulässigen größten Neigung, also Erdarbeiten mit einer Neubefestigung des Weges, erforderlich. Dazu kommt die besondere Befestigung des eigentlichen Planüberganges, dessen Abschluß mit Wegeschranken und deren fortlaufende Bedienung. Nur bei Nebenbahnen mit geringen Geschwindigkeiten kann die Bewachung und Absperrung der Überwege unterbleiben. Es ist demnach bei Ausstellung des Entwurfs stets in Erwägung zu ziehen, ob nicht die Jahreskosten für Unterhaltung und Bewachung der Überwege, verbunden mit den Verkehrserschwerungen und Gefahren, nachteiliger erscheinen als die Verzinsung der einmaligen Mehrkosten der Anlage einer Straßenüber- oder -Unterführung an Stelle des Planüberganges. Bei lebhaftem Straßen- und Bahnverkehr sind Planübergänge möglichst zu meiden. Besondere Ausdehnung erreichen häufig die künstlichen Entwässerungsanlagen in der Umgebung des Bahnkörpers, die in Gestalt von verzweigten unterirdischen Sickerschlitzen, teils auch von Stollen und Schächten, die den einzelnen Wasseradern nachgehen und diese ableiten.

3) Der Oberbau (s. die beifolgende Tafel) besteht aus den Schienen mit ihren Verbindungsteilen (Laschen und Schrauben), den Unterlagen der Schienen nebst Befestigungsteilen und deren Unterbettung. Diese wird aus Kies oder besser Steinschlag gebildet und bezweckt, den von den Eisenbahnzügen ausgehenden Druck und die Erschütterungen in Ermangelung eines gemauerten Fundaments auf die breitere Fläche des Unterbaues (das Planum) zu übertragen, dabei zugleich das Gestänge (Schwellen und Schienen) durch rasche Wasserableitung möglichst trocken zu halten, endlich die Sicherung und Regelung der Gleislage nach Höhe und Richtung durch die Stopfarbeiten zu ermöglichen. Der Oberbau wird gewaltig beansprucht; ein Lokomotivrad darf ein Gewicht bis zu 8 Ton. in Deutschland, bis zu 9 T. in England und 10 T. auf einzelnen amerikanischen Bahnen haben. Die durch die Bewegung so großer Massen hinzukommenden Stoßwirkungen in senkrechtem und wagerechtem Sinne wachsen aber mit dem Quadrat der Geschwindigkeit, die zurzeit in Deutschland bis auf 90, auf günstigen Strecken bis 100 km in der Stunde (25 und 28 m in der Sekunde) steigen darf, in England sogar bis auf 120 km (33 m in der Sekunde) geht. Die möglichst zweckdienliche Ausbildung des Oberbaues nach Material und Bauart in technischer und finanzieller Hinsicht bildet eine der wichtigsten Aufgaben der Eisenbahnverwaltungen; sie ist bedingend für die Erfüllung der immer wachsenden Anforderungen an Menge, Häufigkeit und Schnelligkeit des Verkehrs. Ein wirtschaftlicher Kostenvergleich verschiedener Oberbauarten erfordert demnach die Zusammenstellung 1) der Zinsen von den Anlagekosten, 2) der jährlichen Unterhaltungskosten, 3) der jährlichen Erneuerungsrücklagen, die mit Zinseszinsen die Erneuerungskosten der Schienen und Schwellen nach deren Abnutzung decken sollen. Die Summe dieser Jahreskosten, nicht etwa das Anlagekapital allein, ist maßgebend für die wirtschaftlich geringsten Kosten des Oberbaues. Die Anlagekosten des Oberbaues betragen für Hauptbahnen in Deutschland 25–30,000 Mk. für 1 km. Die jährlichen Unterhaltungskosten am regelmäßigen Gleis betragen bei verkehrsreichen deutschen Bahnen etwa 500–700 Mk. für 1 km. Die Erneuerungsrücklagen für Schienen und Schwellen sind nur schätzungsweise zu berechnen, indem für deren Dauer, für ihren Altwert nach Abnutzung, für die dann zu vermutenden Neubeschaffungskosten und für den Zinsfuß gewisse Annahmen gemacht werden müssen. Die Dauer der Schienen und Schwellen ist sehr abhängig von der Art der Betriebsmittel (Lokomotiven und Wagen), von der Größe und Schnelligkeit des Verkehrs, von der Güte der Bettung und des Unterbaues, von richtiger Ausführung der Erhaltungsarbeiten, von der Güte des Materials und der Bauart des Oberbaues, insbes. auch von Anzahl und (bei Eisen) auch von Gestalt der Schwellen. Die Schienen werden stets aus Flußstahl, die Schwellen aus Holz oder aus Flußeisen hergestellt. Im allgemeinen wird eine in allen Teilen kräftige Gestaltung des Oberbaues aus bestem Material die längste Dauer versprechen. Durchaus irrig jedoch ist es, allein von einer Verstärkung der Schienen eine erhebliche Vergrößerung der Leistung und Dauer des Oberbaues zu erwarten. Solange es nicht gelingt, die Verbindungsstellen (Stöße) der Schienen (diesen schwächsten Punkt des Oberbaues) mit dauerndem Erfolge wesentlich zu verbessern, kann eine große Verstärkung der Schienen nicht viel nützen. Bei den preußisch-hessischen Staatsbahnen mit rund 31,000 km Bahnlänge (davon etwa 39 Proz. doppelgleisig) sind im Rechnungsjahr 1901 für Unterhaltung, Ergänzung und Erneuerung bestehender Gleise 102,5 Mill. Mk. verausgabt; die gesamten Bahnerhaltungsarbeiten haben jedoch rund 146 Mill. Mk. betragen oder 4693 Mk. für 1 km. Selbstverständlich muß die Tragfähigkeit und damit der Kostenaufwand für den Oberbau den jeweiligen Anforderungen der betreffenden Gleise angepaßt werden. Nebenbahnen, Kleinbahnen und manche Nebengleise auf den Bahnhöfen der Hauptbahnen unterliegen weit geringern Ansprüchen in Hinsicht auf Belastung, Geschwindigkeit, Verkehrsdichtigkeit etc. als die Hauptgleise der Schnellzuglinien; sie erhalten demgemäß einen leichtern und billigern Oberbau. So beträgt das Schienengewicht für 1 m Länge auf gewöhnlichen Hauptbahnen in Deutschland und Österreich zurzeit in der Regel 30–35 kg (Preußische Staatsbahn 33,4 kg), auf stark befahrenen Schnellzuglinien neuerdings in Preußen bis 43 kg, in Sachsen und bei der Gotthardbahn 46 kg; in Frankreich von 43–47 kg; englische und französische Stahlschienen wiegen zurzeit 42–50 kg auf 1 m. Das in Belgien verwendete Schienengewicht von 52,7 kg geht über die Leistung der Stoßverbindung hinaus. Anderseits geht das Gewicht bei vollspurigen Nebenbahnen in Deutschland zurzeit auf 25 kg und bei Schmalspurbahnen auch weiter herab. Beschreibung und Abbildung der einzelnen Teile des Oberbaues s. auf beifolgender Tafel.

Die Literatur über die technischen Gebiete des Eisenbahnwesens und so auch über den E. ist ungemein ausgedehnt, veraltet jedoch rasch, weil diese sich in steter, zurzeit sehr lebhafter Entwickelung befinden. Vgl. Röll, Enzyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens (Wien 1890–95, 7 Bde.); Lueger, Lexikon der gesamten Technik (Stuttg. 1895–98, 7 Bde.); »Eisenbahntechnik der Gegenwart« (Wiesbad. 1897 ff.); »Handbuch der Ingenieur-Wissenschaften«, Bd. 5 u. 6 (Leipz. 1897 ff.); Haarmann, Das Eisenbahngleis (das. 1891 u. 1902, 2 Bde.); Göring, E., im Taschenbuch des Vereins »Hütte« (18. Aufl., Berl. 1902); Schubert, Das Eisenbahnbauwesen für Bahnmeister und Bauaufseher gemeinfaßlich dargestellt (Wiesbad. 1899); Zimmermann, Berechnung des Eisenbahnoberbaues (Berl. 1888).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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