- Addison
Addison (spr. äddis'n), Joseph, engl. Dichter, Gelehrter und Staatsmann, geb. 1. Mai 1672 zu Milston in Wiltshire, gest. 17. Juni 1719 in Holland House, studierte seit 1687 in Oxford Theologie und zeichnete sich schon hier durch Abfassung lateinischer Verse aus. Durch den Schatzkanzler Montague und den Lord Somers erhielt er zur politischen Ausbildung ein Jahresgehalt von 300 Pfd. Sterl., worauf er Frankreich und Italien bereiste. Der Tod König Wilhelms beraubte ihn dieser Unterstützung, jedoch erwarb er sich Ruf und die Gunst der Whigs durch ein Gedicht auf die Schlacht von Blenheim: »The Campaign« (1704). A. begleitete 1705 Lord Halifax nach Hannover, wurde durch dessen Verwendung Unterstaatssekretär und ging mit dem Vizekönig Warton nach Irland als Sekretär der Regierung. Bedeutenden Anteil nahm er an dem von seinem Jugendfreund R. Steele herausgegebenen »Tatler« (»Der Plauderer«), der ersten moralischen Wochenschrift, noch mehr an dem »Spectator«, den er hauptsächlich schrieb. 1713 wurde sein Trauerspiel »Cato« ausgeführt, formell eine starre Anwendung französisch-klassischer Kunsttheorien, inhaltlich eine Verherrlichung der Whigpolitik, daher beklatscht. In derselben Zeit nahm A. an Steeles wesentlich politischer Zeitschrift »The Guardian« teil sowie an dem »Whig Examiner«. 1714 begleitete er den Vizekönig Grafen Sunderland wieder als Sekretär nach Irland, 1716 heiratete er die verwitwete Gräfin von Warwick. Dem Posten eines Staatssekretärs, den er 1717 erhielt, entsagte er 1718 krankheitshalber, behielt aber eine Pension von 1500 Pfd. Sterl. Er ward in der Westminsterabtei beigesetzt. A. zeichnete sich durch Korrektheit aus, durch eine wohltemperierte Freiheitsliebe, durch eine deistisch angehauchte Feinsinnigkeit. In literarischen Streitigkeiten mit Steele und Pope zeigte er manchmal die Eitelkeit der Zeit; den meisten Ruf und Dank aber gewann er durch den Humor seiner sittenschildernden Essays, der noch Dickens befruchtete. Seine Schriften, darunter »Evidence of the christian religion«, kamen seit 1721 in London öfter heraus (besonders schätzenswert in Bohns »Standard Library«, 6 Bde.), wurden auch fast sämtlich ins Deutsche übersetzt. Die »Essays« erscheinen immer wieder in Neudrucken, zum Teil als Schulbücher; eine Übersetzung lieferte S. Augustin (»Beiträge zum Zuschauer und Plauderer«, Berl. 1866). Vgl. Aikin, The life of A. (Lond. 1843, 2 Bde.); Macaulay, »Critical and historical essays«, Bd. 2; Thackeray, English Humorists of the XVIII. Century; Maschmeier, Addisons Beiträge zu den moralischen Wochenschriften (Berl. 1872); A. Hansen, A. som literær kritiker (Kopenh. 1883); Courthorpe, Joseph A. (Lond. 1884); Vetter, Der Spectator als Quelle der »Diskurse der Maler« (Frauens. 1887).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.