- Biber [1]
Biber (Castor L.), Nagetiergattung aus der Familie der B. (Castoridae), mit nur einer Art, dem gemeinen B. (Castor Fiber L., s. Tafel »Nagetiere II«, Fig. 5). Dieser ist 75–95 cm lang, mit 30 cm langem Schwanz. Sein Leib ist plump und stark, der Rücken gewölbt, der Hals kurz und dick, der Kopf kurz und stumpfschnauzig, mit kurzen Ohren; die kurzen Beine haben fünfzehige Füße, und an den Hinterfüßen sind die Zehen durch Schwimmhäute verbunden. Der Schwanz ist abgeplattet, an den Rändern fast schneidig, beschuppt, grau. Der Pelz ist auf der Oberseite dunkel braungrau, auf der Unterseite heller. Der B. bewohnt die Länder zwischen 33 und 68° nördl. Br., vielfach aber nur sehr vereinzelt. In Deutschland findet er sich noch an der Elbe und ihren Zuflüssen zwischen Wartenburg und Magdeburg (1894 noch 160 Tiere). Am Dnjepr, an der Wolga und Petschora und in Polen an der Weichsel soll er auch vorkommen; zahlreich findet er sich in Mittel- und Nordsibirien, in den Flüssen, die in den Kaspisee münden, in den Nebenflüssen des Kuban, in Mesopotamien, Labrador, Neufundland, Kanada, auch in Maine und Massachusetts. Der B. lebt bei uns an Flüssen und Bächen meist paarweise, in sehr stillen Gegenden auch in Familien. Er bewohnt einfache Röhrenbauten an hohen, vor Überschwemmungen möglichst sichern, versteckten Uferstellen. Die Röhre geht vom Wasser einige Meter landeinwärts und endet dicht unter der Rasendecke in dem Kessel. Bricht die Rasendecke, so errichtet er einen Knüppel- und Reisighaufen von 2–3 m Höhe, der im Herbst durch Schilf und Schlamm gedichtet wird. Ähnliche Notbaue errichtet er, wenn er durch Hochwasser aus seinem Bau vertrieben wird. Außerdem baut er Dämme aus Knüppeln, Reisig, Rasen, Schlamm, um das Wasser aufzustauen, um Gelegenheit zum Schwimmen und Tauchen zu erhalten und um sich Nachstellungen zu entziehen. Die Zugangsröhren zu den Bauen münden stets unter Wasser. Meist ist der B. des Nachts tätig, er fällt mit seinen meißelförmigen, weit aus dem Kiefer hervorstehenden Nagezähnen sehr starke Stämme, indem er sie ringsum benagt (s. Abbildung auf der Tafel), bis sie stürzen, entfernt dann die Äste und zerschneidet die Stämme in Pfähle. Die Rinde dient ihm zur Nahrung. Für den Winter schleppt er einen Vorrat an Knüppeln in seine Bauten und verläßt diese dann oft 8–14 Tage lang nicht. Außerdem frißt er Blätter, weiche Schößlinge und bisweilen Gras, in der Gefangenschaft Brot, Möhren, Äpfel etc. Er bewegt sich sehr plump, seine Arbeiten führt er mit den Vorderfüßen und der Schnauze, aber nicht mit dem Schwanz aus. Dem Menschen gegenüber zeigt er sich meist zurückhaltend, jung eingefangene B. können sehr zahm werden. Zu Nymphenburg in Bayern hielten gefangene B. 50 Jahre aus. Das Weibchen wirft nach sechswöchiger Tragezeit im trocknen Bau 2–3 Junge. In Anhalt genießt der B. Schonzeit von Mitte März bis Mitte Juni, in den herzoglich anhaltischen Privatforsten und in den preußischen Staatsforsten wird er das ganze Jahr geschont. Man jagt die B. des Pelzes und der Geilsäcke (s. Bibergeil) halber. Das Fleisch ist wohlschmeckend, und der Schwanz gilt als Leckerbissen. In der katholischen Kirche darf das Fleisch während der Fasten gegessen werden. Einst war der B. in Europa weit verbreitet. Die alten Germanen opferten ihn auf den Altären. Im bayrischen Alpenvorland verschwand der B. in den 70er Jahren des 19. Jahrh. und gegen Ende der 1870er Jahre im Gebiete der Möhne in Westfalen und in Böhmen. Die Eingebornen Nordamerikas schreiben dem B. eine unsterbliche Seele wie dem Menschen zu. Vgl. Friedrich, Der B. an der mittlern Elbe (Dessau 1894); Morgan, The American beaver and his works (Philad. 1868).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.